Torwart-Duell im DFB-Team :
„Die Entscheidung für Manuel Neuer steht“

Von Tobias Rabe, Lyon
Lesezeit: 3 Min.
„Ich bin Gott froh, dass wir zwei Weltklassentorhüter haben“: Bundestrainer Julian Nagelsmann
Die Fußball-Nationalelf soll beim EM-Test in Frankreich Spaß am Spiel haben. Vorher verrät Julian Nagelsmann schon Details der Aufstellung. Auch zur Besetzung im Tor äußert er sich ausführlich.

Es gab in den vergangenen Tagen wahrlich ausreichend Themen rund um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, vom pinken Trikot über den radikal veränderten Kader zur Debatte um die Zukunft von Julian Nagelsmann bis zum Ausrüsterwechsel von Adidas zu Nike von 2027 an. Während der Bundestrainer seine Nationalspieler trainierte – und die anderen Themen kommentierte –, blieb ihm aber offenbar noch Zeit, um zu verfolgen, wer sich in dem Land in Form brachte, in dem die Mannschaft Nagelsmanns an diesem Samstag (21 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zu Länderspielen und im ZDF) spielen wird.

Dort hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Mittwoch ein Foto veröffentlichen lassen, auf dem er mit verzerrtem Gesicht, erstaunlichem Bizeps und voller Kraft auf einen Boxsack einschlägt. So kraftvoll wollen die Deutschen beim Testspiel in Lyon auch gerne auftreten, vor allem aber wollen sie mit Spaß am Spiel an die Sache herangehen, wie Nagelsmann am Tag zuvor bei der Pressekonferenz vermittelte. Die Partie stehe unter dem Motto „Wir kicken“, verriet der Bundestrainer. „Es ist nur Fußball“, fügte er an. „Rocky-Balboa-Videos“ habe man sich jedenfalls vorher nicht angeschaut.

Wie gewohnt sprach Nagelsmann offen und ehrlich über die Themen, die vor dem Frankreich-Spiel bewegen, allen voran die Torwartfrage. Zu Beginn der Woche hatte er Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen zum Gespräch gebeten und erklärt, dass er sich für Neuer als Nummer eins entschieden habe. Am Mittwoch erlitt der einen Muskelfaserriss und reiste ab. Ter Stegen steht in Lyon und am Dienstag (20.45 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zu Länderspielen und bei RTL) gegen die Niederländer in Frankfurt im Tor. „Ich bin gottfroh, dass wir zwei Weltklassetorhüter haben“, sagte Nagelsmann.

„Es ist nur eine kleine Verletzung“

An Neuers Status ändert sich mit Blick auf die mittelfristige Zukunft aber nichts. „Die Entscheidung steht“, sagte Nagelsmann. „Es ist nur eine kleine Verletzung, er fällt keine acht Monate aus.“ Vielmehr werden es „nur zehn Tage“ sein. Ob der Torwart des FC Bayern zum Bundesliga-Topspiel am 30. März gegen Borussia Dortmund wieder einsatzbereit ist, bleibt unklar, ist aber wohl nicht ausgeschlossen. Neuers Hoffnung auf ein Comeback als Nummer eins nach langer Pause, verursacht durch einen komplizierten Beinbruch kurz nach der WM in Qatar, ruht nun auf den deutschen EM-Testspielen Anfang Juni.

Nagelsmann begründete seine Entscheidung pro Neuer und das Festhalten nun ausführlich. „Es wäre seltsam, wenn ich bei jeder Verletzung meine Entscheidung revidieren würde.“ Es gehe auch darum, dem Spieler „eine gewisse Sicherheit zu geben. Das betrifft Spieler, die von der Bank kommen, genau wie die, die ich zu den ersten 13 zähle.“ Nagelsmann fügte an, dass er ter Stegen schon vor Neuers Verletzung vermittelte, „dass auf dieser Position immer was passieren kann, wie man es jetzt sieht“.

Dass ter Stegen zu Spielbeginn im Tor steht, ist nicht die einzige deutsche Personalie, die schon am Vortag der Partie öffentlich bekannt ist. Nagelsmann verkündete auch, dass Maximilian Mittelstädt in seinem ersten Länderspiel überhaupt beginnen wird: „Er macht es defensiv und offensiv gut. Er wird beginnen links hinten.“ Vor Toni Kroos Kapitän Ilkay Gündogan, der in Lyon neben Nagelsmann saß, auflaufen, flankiert von Jamal Musiala und Florian Wirtz oder wie Nagelsmann sie nannte: „die drei Zauberer“. Zentrale Spitze ist Kai Havertz. „Er hat bei Arsenal zuletzt oft herausragend gespielt.“

Nur zum heiß diskutierten Thema des Tages wollte Nagelsmann wenig sagen. Dass die Nationalelf von 2027 an nicht mehr in Adidas-Ausrüstung, sondern der von Nike trainieren und spielen wird, ist „am Ende nicht meine Baustelle. Meine Baustelle ist das tägliche Geschäft auf dem Platz.“ Generell könne er jede Meinung verstehen, „von den Fans, von den Ausrüstern, vom Verband“.

Eine erstaunliche Dynamik hatte zuletzt auch die Frage entwickelt, ob Nagelsmann nach der EM vielleicht doch beim DFB bleibt. Der Bundestrainer hatte bei der Kadernominierung erklärt, dass er bereit sei, seine Zukunft schnell zu klären. Das schien für den DFB nicht infrage zu kommen ob der Unsicherheit, wie die EM endet, und schlechter Erfahrungen bei anderen vorschnellen Unterschriften zuvor. Nun hat der Verband umgedacht. Eine Verlängerung, unter Bedingungen, ist plötzlich denkbar.

Nagelsmann wollte zum Stand der Dinge bei den „Vertragsdingen“ vorerst aber nichts mehr sagen. „Das müssen wir jetzt nicht jeden Tag diskutieren“, sagte er am Freitag in Lyon. „Ich glaube, ich habe sehr offen über die Jobsituation gesprochen. Wenn es dann irgendwann was anderes zu vermelden gibt, werde ich wieder sehr offen sprechen. Ich habe die Karten sehr offen auf den Tisch gelegt, damit ist das erst mal erledigt – bis es wieder Karten auf den Tisch zu legen gibt.“ Am Samstag müssen seine Nationalspieler erst mal ihre zeigen. Auf dem Rasen.