Homeoffice :
Jeder achte Arbeitsplatz bleibt leer

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Bankenplatz Frankfurt: Vor allem in den Dienstleistungsunternehmen wird mehr als früher vom Homeoffice aus gearbeitet.
Vor allem in den Dienstleistungsberufen sorgt das Homeoffice für Umwälzungen. Viele Unternehmen schauen sich Flächenbedarf und Immobilienportfolio genauer an. Was ist die Folge?

Der Trend zum Homeoffice hat die Situation in Deutschlands Bürogebäuden spürbar verändert. In vielen Unternehmenszentralen steht mittlerweile an vielen Tagen ein nicht unerheblicher Teil der Büroetagen leer.

In Deutschlands Bankenhauptstadt Frankfurt ist das besonders deutlich zu beobachten: Caterer aus manchen Bankentürmen berichten, sie gäben viel weniger Essen aus als früher – Pendler meinen derweil zu beobachten, dass vor allem montags und freitags der Autoverkehr geringer geworden ist.

Zahlen der Stadt Frankfurt über das Verkehrsaufkommen bestätigen zumindest, dass sich dieses stärker als früher auf die Tage Dienstag, Mittwoch und Donnerstag konzentriert. „Das ist in dieser Deutlichkeit tatsächlich neu“, sagte ein Sprecher des Frankfurter Straßenverkehrsamtes. Das könnte die These vom „Homeoffice rund ums Wochenende“ stützten.

In der Immobilienbranche wird derweil schon diskutiert, wann die nächste große Institution ihre Pläne für eine Korrektur ihres künftigen Flächenbedarfs verkünden wird.

So manche Büroetage sieht recht leer aus

Das Ifo-Institut in München hat das Thema in einer Umfrage nun genauer untersucht: Demnach hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in den Unternehmen, die an einem durchschnittlichen Tag nicht ausgelastet sind, gegenüber 2019 ungefähr verdreifacht. „Aktuell sind 12,3 Prozent aller Arbeitsplätze vor Ort an einem durchschnittlichen Tag nicht ausgelastet. Vor Corona im Jahr 2019 waren es nur 4,6 Prozent“, sagte Simon Krause vom Ifo-Institut.

Naturgemäß gibt es dabei Unterschiede je nach Art der Tätigkeiten in den verschiedenen Branchen. Besonders stark sind die Dienstleistungsunternehmen betroffen. Hier ist der Anteil der Büros, die an einem durchschnittlichen Arbeitstag leer stehen, von 6,2 auf 16,8 Prozent gestiegen. Im verarbeitenden Gewerbe nahm der Anteil von 3,1 Prozent im Jahr 2019 auf 9,6 Prozent zu. Im Handel sei die Zunahme von 3,2 auf 5,8 Prozent eher begrenzt gewesen, ebenso wie im Bauhauptgewerbe von 1,7 auf 2,5 Prozent.

Das Ifo-Institut hatte sich kürzlich schon mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Menschen wegen der Möglichkeit zum Homeoffice jetzt vielfach umzögen, weg vom Sitz ihres Unternehmens, hin in Regionen, in denen das Leben billiger oder schöner ist. Es kam aber zu dem Ergebnis, dass es solche Umzüge zwar durchaus gebe, dass aber keine Völkerwanderung eingesetzt habe. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Zahl der Arbeitnehmer, die überhaupt nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz erscheinen müssen, dann wohl doch überschaubar ist. In vielen Unternehmen gibt es Regeln, dass Homeoffice zulässig ist, aber nur in bestimmten Grenzen.

Die Immobilienbranche ist in diesem Zusammenhang bemüht, den Gewerbeimmobilienmarkt nicht schlechtzureden. „Vieles spricht dafür, dass Frankfurt als internationaler Finanzplatz und Sitz zahlreicher Unternehmen in der Finanz- und Bankenbranche auch in Zukunft eine bedeutende Nachfrage nach Büroflächen haben wird“, sagte der Frankfurter Makler Rainer Ballwanz. Trotzdem könne es Auswirkungen geben: „Die Nachfrage nach bestimmten Büroimmobilien kann sich verschieben.“ Unternehmen bevorzugten möglicherweise flexible Büroflächen, die weniger langfristige Mietverträge erfordern, da sie unsicher seien, wie sich ihre Raumbedürfnisse in Zukunft entwickeln werden.

Manche Unternehmen reduzieren Büroflächen schon

Die Deutsche Bank berichtet, sie habe ihre Immobilienstrategie an den neuen Verhältnissen neu ausgerichtet. „Die neuen hybriden Arbeitsmodelle wirken sich auf unsere Immobilienstrategie aus“, sagte eine Sprecherin: „Es ist unser Ziel, uns auf wenige Gebäude zu konzentrieren, diese aber im Gegenzug mit einem höheren Standard auszustatten und vor allem auf kollaboratives Arbeiten auszurichten.“

Die Flächenreduzierung werde je nach Stadt und Gebäude unterschiedlich ausfallen. „Für den Standort Frankfurt bedeutet dies, dass wir unsere Büroflächen in Frankfurt und Eschborn bis Ende 2024 um rund 40 Prozent verringern werden.“ Die Bank werde sich auf drei Kerngebäude in der Innenstadt – Taunusanlage, Deutsche Bank Campus und IBC – konzentrieren. „Unsere Standorte in Eschborn und Sossenheim – konkret das Technische Zentrum Eschborn und Frankfurt Europa-Park – werden wir schrittweise bis Ende 2024 aufgeben.“

In Amerika stärker als hier zu beobachten

Immobilienfachleute wie Reiner Braun vom Institut Empirica meinen, die Folgen dieses Trends dürften am Immobilienmarkt vor allem ältere Büros an schlechteren Standorten betreffen.

Sonja Knorr, die für die Ratingagentur Scope die Immobilienfonds beobachtet, sagte: „Das Anlagesegment Büro steht insgesamt unter Druck, weil viele Arbeitnehmer auch nach der Pandemie vermehrt im Homeoffice bleiben.“ In den Vereinigten Staaten sei das besonders stark zu beobachten. In Europa sei die Nachfrage nach Büroimmobilien in guten Lagen mit bonitätsstarken Mietern jedoch ungebrochen hoch. Die Ratingagentur erwarte daher stabile bis nur leicht sinkende Immobilienwerte für europäische Büroimmobilien im Topsegment.

„Anders gelagert ist unsere Sicht auf Büroobjekte in B- oder schlechteren Lagen, die zugleich die Anforderungen an Flexibilität und ESG nicht erfüllen können“, sagte Knorr: „Deren Eigentümer müssen mit sinkenden Immobilienwerten rechnen.“

In den Leerständen sei das aufgrund der oft langen Mietverträge noch nicht ablesbar – allerdings stiegen die Untervermietungsangebote aktuell deutlich an.