Herzblatt-Geschichten : Von der Leiste bis zum Bauch
Das Horoskop, das „Die Aktuelle“ diese Woche uns im Sternzeichen Fische Geborenen ausstellt, setzt uns ziemlich unter Druck: „Nachts oder beim Duschen, ständig kommen Ihnen geniale Einfälle. Machen Sie was daraus!“ Zu gern würden wir das tun und Sie in dieser Kolumne an unseren genialen Einfällen teilhaben lassen, leider aber sitzen wir gerade am helllichten Tag am Schreibtisch. Und dass uns dann ebenfalls geniale Einfälle kommen, das hat uns das Horoskop nicht versprochen.
Ein ziemlich raffinierter Einfall ist es zweifellos, dass „Das Neue Blatt“ als Bildhinweis unter die reichlich unbedarften Fotomontagen auf seiner Titelseite nicht „Fotomontage“ schreibt, sondern „Titelkomposition“. Montage, das klingt nach grobmotorigem Zusammenschrauben oder -löten einzelner Bildteile, Titelkomposition hingegen nach einem künstlerischen Prozess: Da darf sich der Layouter des „Neuen Blatts“ jede Woche wie ein Musiker fühlen, der einen neuen Erfolgstitel komponiert hat – statt wie jemand, der zum x-ten Mal Florian Silbereisen mit Beatrice Egli verlötet hat.
Wo kamen die Engel her?
Während sich „Woche der Frau“ in ein und derselben Ausgabe selbst widerspricht. Ihre Titelzeile nämlich lautet „Vicky Leandros – Sie hatte 101 Schutzengel! – Unglaublich, wie sie den schweren Unfall überlebte“ und wirft die Frage auf, wer denn, als Leandros bei einem Konzert in Hannover von der Bühne etwa einen Meter in die Tiefe stürzte und sich dabei gottlob nicht verletzte, die Schutzengel so genau gezählt hat. Leandros selbst bleibt eher vage: „Ich muss sehr viele Schutzengel gehabt haben. Denn ich hätte ja auch auf den Kopf fallen oder mir alles Mögliche brechen können“, sagt sie laut der Zeitschrift – die im Text dann plötzlich behauptet: „In der Tat hat wohl eine Schar von 1000 Schutzengeln ganze Arbeit geleistet!“
Wo kamen denn die 899 weiteren Engel her? Saßen die alle als Vicky-Leandros-Fans im Konzertsaal? Und so sehr wir uns freuen, dass ihr nichts passiert ist: Wenn alleine 101 oder sogar 1000 Schutzengel nötig sind, um den Sturz der zierlichen Sängerin abzufedern, dann wundert es uns nicht, dass auf allen Teilen der Welt Schutzengel so schmerzlich fehlen.
Wir bleiben bei der Religion und wechseln zur tiefchristlichen Tradition des Ostereierversteckens. Das Schauspielerpaar Lilian Klebow und Erich Altenkopf gibt dem „Neuen Blatt“ ein Interview, in welchem er sagt: „Unsere Kinder freuen sich natürlich über jedes gefundene bunte Ei oder einen Schokohasen. Aber – da bin ich ganz stolz auf meine Frau – sie tauschen die ungesunden Süßigkeiten später meist gegen etwas gesündere Snacks ein.“ Nachdem die Kinder stets nur gute Bio-Snacks erhalten hätten, ergänzt seine Frau, empfänden sie „die meisten herkömmlichen Snacks als viel zu süß. Mit getrockneten Aprikosen, Kakis oder ungesalzenen Erdnüssen kann man sie auch begeistern.“ Da können andere Eltern nur staunen. Aber, Frau Klebow, Herr Altenkopf: Bei wem tauschen denn die Kinder all den ungesunden Süßkram gegen die tollen Aprikosen und Kakis ein? Etwa bei ihren Eltern? Dann wünschen wir einen fröhlichen Osterschmaus.
Sit-ups unter Palmen
Dass Lenny Kravitz’ Leib je ein Schoko-Ei verdaut hat, steht zu bezweifeln. „Gala“ zeigt auf ihrer Titelseite ein Bild des bald 60 Jahre alten Kravitz mit nacktem, äußerst muskulösem Oberkörper und schreibt: „Eine Insel macht ihn so sexy.“ Wer nun hofft, knallhartes Fitnesstraining einfach durch einen Mallorca-Urlaub ersetzen zu können, der täuscht sich: Auf der Bahamas-Insel Eleuthera trainiert der Musiker „Gala“ zufolge sechsmal die Woche und lässt sich bestaunen, wie er „hochkonzentriert die Beine unter eine umgestürzte Palme klemmt und Sit-ups absolviert“. Womit schon mal klar ist, warum wir nicht so aussehen wie Lenny Kravitz: In unserer Gegend liegen nur selten umgestürzte Palmen herum.
Kravitz’ Körper hingegen besitzt laut „Gala“ auch die „begehrten V-Muskeln, die von der Leiste bis zum Bauch führen. Sexy!“ Wenn Sie, liebe Leser, jetzt Ihren Bauch betrachten und statt eines V ein großes O sehen – das ist zwar im Alphabet weiter vorne, allerdings nicht unbedingt ein Muskel.
Ein toller Typ scheint auch Ralf Schumachers Sohn David zu sein, dessen Freundin Vivien Keszthelyi, wie wir „Gala“ entnehmen, gesagt hat: „Leider wurde mir das Herz ein paar Mal wirklich schwer gebrochen. Dann traf ich David, er hat mir ständig Nachrichten wie Romane geschrieben.“ Sehr süß, doch will man auf dem Smartphone ständig Romane lesen? Ab und zu mal Nachrichten in Form einer Novelle oder Kurzgeschichte wären zur Abwechslung sicher nicht schlecht. Papa Ralf kommentiert derweil das junge Glück mit den Worten: „Sie passen gut zusammen.“ Im Vergleich geradezu ein Aphorismus.
Wir wiederum machen, weil Ostern ist, nun unsere Töchter glücklich und freuen uns schon sehr auf die großen Kinderaugen bei der Eiersuche. Und wenn sie die Kakis und die ungesalzenen Erdnüsse finden, werden ihre Augen bestimmt noch mal größer.
