Prüfbericht des Expertenrats :
Scheinerfolg für den Klimaschutz

Christian Geinitz
Ein Kommentar von Christian Geinitz
Lesezeit: 2 Min.
Trübe Stimmung: Klimaschützer demonstrieren in Hamburg
Um die Preise zu senken, darf das emissionsarme Energieangebot nicht auf ideologisch genehme Träger begrenzt, sondern es muss ausgeweitet werden. Wer in Sektoren denkt, denkt beschränkt.

Ein Ruhmesblatt sieht anders aus. Auf den ersten Blick haben sich die Treibhausgasemissionen 2023 zwar gut entwickelt. Der Rückgang war der stärkste seit der Wiedervereinigung. Aber die Minderung war in weiten Teilen nur ein Scheinerfolg: Die schwächere Wirtschaft fragte weniger (Kohle-)Strom nach, die Industrie schränkte ihre Produktion ein, die Absatzflaute drückte den Güterverkehr, die Haushalte heizten weniger wegen der hohen Preise.

Ohne diese Effekte wären die Emissionsziele „vermutlich nicht erreicht worden“, stellt der Expertenrat für Klimafragen fest. Einziger Lichtblick: „Der Rückgang des Heizbedarfs kann sich aufgrund steigender Temperaturen tendenziell verstetigen.“ Die Erderwärmung durch den CO2-Ausstoß erfordert weniger CO2-Ausstoß beim Heizen – ein zynischer Trost.

Wer in Sektoren denkt, denkt beschränkt

Bemerkenswert ist, dass die Daten des Umweltbundesamts, die der Rat prüft, weniger eindeutig sind, als es die erhobenen Zeigefinger des Amts und auch von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nahelegen. So kommen die Nachrechnungen des Expertenrats nicht zu einem eindeutigen Resultat darüber, ob der wegen des rigiden Heizungsgesetzes in den Fokus geratene Gebäudesektor seine Ziele wirklich gerissen hat oder nicht. Das aber ist entscheidend für die Frage, ob es ein Sofortprogramm zur Nachbesserung geben muss.

Auch wenn zumindest im Verkehr klar ist, dass er zu viel emittiert: Die Unschärfen in der Berechnung sind ein weiterer Grund, warum es richtig ist, dass die Ampel die Sektorbetrachtung jetzt abschaffen wird. Entscheidend ist, wie der Gesamtausstoß gesenkt wird: nicht durch Abwürgen von Produktion und Mobilität, sondern durch Verteuerung im CO2-Handel bei gleichzeitiger Entlastung der Verbraucher und Unternehmen – etwa in Form eines Klimagelds, durch Steuersenkungen und vereinfachte Abschreibungen.

Um die Preise zu senken, darf das emissionsarme Energieangebot nicht auf ideologisch genehme Träger begrenzt, sondern muss ausgeweitet werden. Dazu gehören synthetische Kraftstoffe, die CO2-Speicherung und dazu gehört genau ein Jahr nach Abschalten der letzten Reaktoren natürlich auch die Kernkraft. Wer in Sektoren denkt, denkt beschränkt. Das gilt für die Energiepolitik insgesamt.