Hanni Hase antwortet :
Wie man dem Osterhasen einen Brief schreiben kann

Von Leonie Theiding
Lesezeit: 3 Min.
Adressat Osterhase: Kinder der Kita Wiegelsweg
Jedes Jahr schreiben Zehntausende Kinder an den Osterhasen in Ostereistedt. Ihre Fragen und Wünsche sind vielfältig. Und jeder Brief wird beantwortet.

„Erste! Ich bin die Erste“, ruft ein blondes Mädchen, als sie die Tür des Turnraums berührt. Hinter ihr reihen sich die anderen Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren der Kita Wiegelsweg auf. Sie trippeln auf der Stelle, tuscheln oder unterhalten sich lautstark und beäugen die Erzieherin, die nun die Tür zur Kinderkonferenz öffnet. Sofort stürmen die Kinder rein. Heute dürfen sie gemeinsam beschließen, ob sie Hanni Hase, Olli Osterhase und Lotti Langohr einen Brief schreiben wollen. Demokratie zu leben ist in dieser Kita auch mit dem Osterhasen verbunden.

Seit mehr als 40 Jahren beantwortet Hanni Hase die Briefe, die nach Ostereistedt in Niedersachsen geschickt werden. Aus aller Welt wird er laut Deutscher Post kontaktiert. Im vergangenen Jahr erreichten den Osterhasen 70.000 Einsendungen, 1.000 davon aus dem Ausland. Jeder Brief wird beantwortet. „Besonders häufig lag den Kindern der Wunsch nach Frieden auf der Welt auf dem Herzen“, teilt die Post mit. Mehr als 100.000 Briefe beantwortete die Osterfiliale während der Pandemie im Jahr 2021.

„Wer hat denn Lust, dem Osterhasen einen Brief zu schreiben?“

Dieses Jahr könnten auch Kinder der Kita Wiegelsweg dabei sein. Sie können außerdem Olli Osterhase und seiner Frau, Lotti Langohr, in Seifhennersdorf (Sachsen) schreiben. Hier wird das Postamt seit 2005 von den Mitarbeitern des „Das-Kiez-Querxenland“ betrieben. 2023 wurden insgesamt 5.700 Briefe hierherverschickt – in denen sich die Kinder Gesundheit, Frieden oder X-Boxen wünschten.

„Wer hat denn Lust, dem Osterhasen einen Brief zu schreiben?“, fragt Erzieherin Anke George aus der Kita Wiegelsweg in die Runde. Um sie knien, sitzen und zappeln rund 30 Kinder auf roten und grünen Turnmatten im Kreis. Viele von ihnen singen nun laut „Jaa“. Die Erzieherin fragt die Drei- bis Sechsjährigen, was sie dem Osterhasen denn genau schreiben würden. „Dass wir den mögen“, sagt eines der Mädchen.

Dem Osterhasen schreiben muss im Wiegelsweg kein Kind, genauso wenig wie sie schlafen, sich an den Naturlehr-Pro­jekten beteiligen oder basteln müssen. Hier herrscht ein „offenes Konzept“. Jedes Kind entscheide mit, was es tun möchte, und die Zeit der Kinder werde nicht „verplant“, sagen die Erzieherinnen. „Es ist ja auch ihr Tag“, sagt die Leiterin der Kita, Margit Strehl-Enders. Erstens werde so der Kinderwillen berücksichtigt. Und zwei­tens soll so Beteiligung von klein auf möglich sein, heißt es im hessischen Bildungs- und Erziehungsplan, der hier auch durch die Kinderkonferenz umgesetzt wird. Das solle demokratische Prozesse einüben. Strehl-Enders sagt, dass das offene Konzept auch aufs Arbeitsleben vor­bereite. Hier seien selbständiges Denken und Kreativität gefragt.

Der Wunsch nach Schokolade, Edelsteinen und Spielzeug

Kreativ sind die Kinder auch in der Woche nach der Kinderkonferenz. Alle Kinder, die an dem Tag Lust haben, können sich an dem Schreib- und Bastelprojekt beteiligen. Farbenfrohe Bilder werden kreiert. Auf fast allen erkennt man eine hasenähnliche Gestalt, Herzen oder Blumen. Erzieherin Anke George interviewt die Kinder und schreibt deren Gedanken in einem Brief auf: „Lieber Osterhase, wann kommst du?“, „Wo kriegst du die Eier her?“, „Hast du eine Familie?“, wollen die Kinder wissen. Außerdem wünschen sie sich in ihrem Brief Schokolade, Edelsteine und Spielzeug.

Gemeinsam wandern die Kinder mit Anke George zur naheliegenden Postfiliale. Dem Postbeamten übergeben die Kinder zwei mit Bildern bepackte Briefe. Auf die Antworten warten sie ein paar Tage. Während Olli Osterhase und seine Frau Lotti Langohr in einem Schreiben an alle Kinder Werbung für einen Kurzurlaub in Seifhennersdorf im „Querxenland“ machen, hat Hanni Hase jedem einzelnen Kind einen Brief samt Marke gewidmet. Er berichtet darin darüber, wie ihn seine Hasenkinder necken – und wie viel Spaß das Briefelesen bringt.