Pete Doherty : Warum wollen so viele Popstars bildende Künstler sein?
Was haben Popstars und Künstler, also solche, die mit ihrer bildenden Kunst Geld verdienen, gemein? Aus Normalmenschensicht: die Angst vor der Begegnung mit ihnen, davor, dass die Verzauberung von dem, was sie machen, im Moment der Begegnung mit dem, was sie sind, verschwindet. Kurz: dass man sie nicht mag.
„Cracked and thin I can’t sing”, steht auf einem seiner Bilder, was eigentlich nahelegt, dass jetzt der allerbeste Zeitpunkt für Musik gewesen wäre. Stattdessen zeigt er uns Zusammenstellungen aus Koffern, Fahnen und Platten, Collagen aus wenig schmeichelhaften Medienberichten und eine immerhin mit seinem eigenen Blut gemalte englische Flagge. Aus einem Grammophon ist gutmütig seine Stimme zu hören, die an der Wand aufgereihte Schreibmaschinentexte vorträgt. Ein Pete-Doherty-Heimatkundemuseum also, viel harmloser als das, was vor zehn Jahren unter dem verheißungsvollen Titel „On Blood“ in London zu sehen war, als ihm aufgefallen war, dass Blutkunstwerke eine gute Erwerbsquelle sind. Von neuem Zauber nichts zu spüren. Aber irgendwie niedlich.
Man braucht keine vergleichbare Drogenkarriere zu haben, um als Popmusiker auf solche Ideen zu kommen. Es kann auch mit dem schlichten Wunsch zu tun haben, das eigene Leben ästhetisch aufzuwerten. Nick Cave hat Berge seiner Artefakte in Kopenhagen ausgestellt, seine Eltern müssen schon früh geahnt haben, dass die Verwarnungen seiner Lehrer Nachlasscharakter haben würden. Die Musikgruppe BTS durfte im Gropius-Bau die „Verbindung von Kunst und Musik neu definieren“, indem sie das tat, was koreanische Boybands so tun: Musikvideos drehen. Britney Spears’ Malübungen in weißer Unterwäsche und Ed Sheerans Versuch, Pollock zu kopieren, fallen eher unter die Kategorie therapeutische Kunst. Aber wahrscheinlich gilt das in gewisser Hinsicht für alle Popstar-Künstler. Und verkaufen können sie ja sowieso alles.