Frankfurter Anthologie :
Michael Buselmeier: „Die Läuterung (2)“

Von Helmuth Kiesel
Lesezeit: 3 Min.
Frankfurter AnthologieThomas Huber liest „Die Läuterung (2)“ von Michael Buselmeier
Michael Buselmeier ist endlich wieder ein Dichter, der den hohen Ton anschlägt. Seine Gedichte orientieren sich an Dantes „Göttlicher Komödie“, der Widersprüche aktuell geblieben sind.

Das Gedicht „Die Läuterung (2)“ steht in dem vorletzten Gedichtband, den der Heidelberger Schriftsteller Michael Buselmeier 2012 unter dem anspruchsvollen Titel „Dante deutsch“ vorlegte. Überschrift und lockere Terzinenform verweisen auf dessen heilsgeschichtlich perspektiviertes Großpoem „Divina Commedia“, in dem der Autor zunächst mit den Verdammten der Hölle konfrontiert wird, dann über den „Läuterungsberg“ zum Paradies emporsteigen darf. Auch in Buselmeiers Band sprechen die ersten vier Gedichte von der Hölle, doch ist diese kein jenseitiger Ort, sondern unsere Welt der Gewaltorgien und der Naturverwüstung von den „Steppen der Kolyma“ und den „Baracken Workutas“ bis zu den vermüllten Slumstädten Afrikas. Auch viele weitere Gedichte klagen über die infernalischen Seiten unserer Zivilisation, und dies in einem Ton, der, von Erschütterung und Empörung erfüllt, beim Erscheinen des Bandes wie ein Donnerschlag in das feinstimmige Gewisper des lyrischen Firmaments platzte und mir seitdem im Ohr und Bewusstsein nachhallt. Endlich wieder ein Dichter, der den hohen Ton anschlägt, aber nicht etwa als auserwählter Seher und Künder neuer Reiche, sondern als mitleidender Sprecher der gefolterten Menschheit und der geschundenen Welt!

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