Verlagsspezial

Krisenherde des Klimawandels

Von Stefanie Hutschenreuter
Lesezeit: 3 Min.
Klimawandel: Das einst ewige Eis schmilzt, 
Gletscher schrumpfen.
Während in der westlichen Welt vereinzelt immer noch die Existenz eines globalen Klimawandels bezweifelt wird, ist dieser in vielen Inselstaaten und Entwicklungsländern längst da. Dort verändert sich der Lebensraum massiv.

Wenn der Meeresspiegel steigt, weil Eismassen durch die Erderwärmung schmelzen, verschwinden kleine Inseln, die sich kaum über den Meeresspiegel erheben, zuerst. Im Südpazifik leben viele Menschen bereits mit der ganz realen Angst, das Meer könnte ihnen ihre Lebensgrundlage – Land und Trinkwasser – schon bald entziehen. So auch auf Ono, einer Insel rund 90 Kilometer südlich von Suva, der Hauptstadt der Fidschi-Inseln. „In der Gemeinde Narikoso stehen die Menschen in ihren Wohnzimmern zum Teil bis zu den Knöcheln im Wasser, wenn sie morgens aufstehen“, erzählt James Macbeth, Programmleiter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Fidschi. Er berät Fidschi und 14 weitere pazifische Inselstaaten im Auftrag der Bundesregierung und der Europäischen Union, wie sie besser mit den Auswirkungen des Klimawandels zurechtkommen können. Die Einwohner des am Meer gelegenen 100-Seelen-Dorfs Narikoso werden nach und nach auf eine Anhöhe umsiedeln. Eine Alternative, die jedoch nicht alle Menschen in dieser Region haben. Der ebenfalls in der Südsee gelegene Inselstaat Kiribati zum Beispiel hat keine großen Erhöhungen, die Atoll-Inseln ragen nur maximal zwei bis drei Meter aus dem Pazifik. Damit bedroht der Meeresspiegelanstieg die Existenz des ganzen Landes.

Neben dem steigenden Meeresspiegel sind es auch zunehmend stärkere Stürme und längere Dürreperioden, durch die die Inselbewohner den Klimawandel hautnah zu spüren bekommen. So wurde Fidschi 2016 vom stärksten je dort registrierten Wirbelsturm heimgesucht. Zyklon „Winston“ hinterließ eine Spur der Verwüstung und weit über 40 Todesopfer. Im gleichen Jahr tobte mit „Matthew“ einige tausend Kilometer entfernt über Haiti der stärkste Hurrikan seit über 50 Jahren, bei dem Hunderte Menschen starben.

Arme Länder besonders betroffen

Das Wetter wird extremer. Beispiele finden sich auch in Europa wie der extrem trockene und warme Sommer 2018 in Deutschland oder die verheerenden Unwetter Ende Oktober im südlichen Alpenraum und Italien. Stürme, Überschwemmungen und Hitzewellen treffen aber vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer, wie die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch in ihrem jährlich erscheinenden Globalen Klima-Risiko-Index (KRI) feststellt. In der Auswertung des KRI 2018 sind die Wetterextreme für den Zeitraum 1997 bis 2016 erfasst. Danach sah es im Jahr 2016 in Haiti, Simbabwe und Fidschi in Bezug auf Extremwetterereignisse am schlimmsten aus. Während über Fidschi und Haiti Stürme hinwegrasten, forderten in Simbabwe heftige Regenfälle nach vor­ausgegangenen Dürreperioden rund 250 Todesopfer.

Über den gesamten Studienzeitraum von rund 20 Jahren betrachtet liegen Honduras, Haiti und Myanmar auf den vordersten Plätzen der am meisten von Unwetterkatastrophen betroffenen Länder. Laut der Germanwatch-Studie kamen in dieser Zeit als direkte Konsequenz von über 11 000 Extremwetterereignissen weltweit mehr als 520 000 Menschen zu Tode. Die wirtschaftlichen Schäden betrugen etwa 3,16 Billionen US-Dollar. Die Autoren des Germanwatch-Indexes weisen darauf hin, dass einige Länder wie Haiti, Sri Lanka, Indien oder Vietnam kaum Zeit gehabt hätten, sich von den Extremwetterereignissen in den vergangenen Jahren zu erholen. Vor allem für die kleineren und ärmeren Staaten sei dies eine kaum zu bewältigende Belastung.

Auch die Industrieländer spüren die Zunahme von Wetterextremen. Beispiel Vereinigte Staaten: Von 2015 auf 2016 kletterte die Industrienation von Rang 21 des Indexes auf Rang 10 nach vorne. Die traurige Bilanz im Jahr 2016: 267 Todesopfer und 47 Milliarden Dollar Schäden. Deutschland liegt im Langfrist-Index auf Rang 23. Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen, dass es seit 1881 in Deutschland durchschnittlich um 1,4 Grad wärmer geworden ist. Im Jahr 2017 gab es laut DWD auffallend viele meteorologische Extremereignisse wie Sturm und Starkregen. Die Experten betonen allerdings, dass es schwierig sei, deren Zunahme aufgrund von zu kurzen Beobachtungsreihen und einer hohen natürlichen Klimavariabilität statistisch nachzuweisen.

Extreme Wetterphänomene

Forscher finden jedoch immer deutlichere Hinweise darauf, dass diese extremen Wetterphänomene auf den durch Menschenhand hervorgerufenen Klimawandel zurückzuführen sind. So präsentierte ein Team von Wissenschaftlern erst kürzlich die Ergebnisse einer Meta-Studie. Danach häufen sich die Belege, dass sich die Zirkulationsmuster von Luftströmen hoch oben im Himmel zeitweilig verändern, was das Wetter beeinflusst. Hans Joachim Schellnhuber, Gründungsdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitautor der Studie, erklärt: „Angeheizt von den menschgemachten Treibhausgasemissionen, werden die natürlichen Zirkulationsmuster wahrscheinlich von der globalen Erwärmung verzerrt. Doch wenn sie durch einen subtilen Resonanzmechanismus festgehalten werden, verlangsamen sie sich, so dass das Wetter in einer bestimmten Region hängen bleibt. Regen kann dann zur Überschwemmung werden, sonnige Tage zu Hitzewellen und zundertrockene Bedingungen zu Waldbränden.“

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