Verlagsspezial

Die Kosten des Umbaus der Energieversorgung

Von Dirk Mewis
Lesezeit: 3 Min.
Kurz vor der UN-Klimakonferenz warnt der Weltklimarat vor den Auswirkungen der Erderwärmung. Ein Anstieg um zwei Grad könne enorme Folgen haben.

Die Erde erwärmt sich schneller und mit schwereren Folgen als bisher angenommen. Das geht aus dem Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) hervor, der Anfang Oktober veröffentlicht wurde und zeigt, welche Folgen bereits eine Aufheizung der Erde um 1,5 Grad hat.

Im internationalen Klimavertrag von 2015, dem Paris-Protokoll, hatten sich Nationen weltweit darauf verständigt, den Klimawandel auf eine globale Erwärmung um zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zumindest zu begrenzen. Doch 2015 sei noch „relativ unklar gewesen, welche Risiken in einer um 1,5 Grad wärmeren Welt im Vergleich zu einer Welt vermieden werden, die um 2 Grad wärmer ist“, erklärte der Vorsitzende des Weltklimarates IPCC, Hoesung Lee. Denn wenn die Erwärmung nur um 1,5 Grad statt 2,0 Grad steigen würde, würden laut IPCC nur halb so viele Menschen unter Wassermangel leiden, der Meeresspiegel um fast zehn Zentimeter weniger ansteigen, es würde generell deutlich weniger Hitzewellen, Starkregen und Dürren geben, und es könnte verhindert werden, dass die Eisdecke der westlichen Antarktis in eine unaufhaltsame Schmelze gerät. Außerdem könnte eine Reduzierung der Erwärmung auf insgesamt 1,5 Grad gerade genug sein, damit die meisten Korallenriffe der Welt nicht absterben.

Der Klimareport wird auch Grundlage des nächsten UN-Klimagipfels sein, der im Dezember im polnischen Kattowitz stattfindet. Dort soll es um die konkrete Umsetzung des Klimaabkommens von Paris gehen. Das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen bedürfte großer politischer Anstrengungen. Doch viele Forscher gehen derzeit davon aus, dass wir eher auf eine Erderwärmung von drei bis vier Grad zusteuern. „Wie auch immer wir die Daten hin und her wenden, wir haben nur ein Jahrzehnt, um die CO2-Wende zu schaffen und die Menschen noch vor den größten Risiken des Klimawandels zu schützen," ist Johan Rockström, designierter Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung überzeugt.

Drastische Maßnahmen notwendig

Dabei sollte, um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, laut des aktuellen IPCC-Berichts der weltweite Kohlendioxidausstoß 2020 seinen Höhepunkt erreichen und danach deutlich absinken. Auch müsse bis 2050 Treibhausgasneutralität erreicht sein. Präzisiert wird das im „CO2-Budget“, das der Menschheit für ein Einhalten der 1,5-Grad-Grenze noch zur Verfügung steht. Für eine Zwei-Drittel-Wahrscheinlichkeit, dies zu erreichen, wären es 420 Milliarden Gigatonnen CO2, was ohne Umsteuern innerhalb der nächsten zehn Jahre aufgebraucht sein dürfte.

Die Kosten für den Umbau des Energiesektors dürften laut IPCC bis 2035 etwa 2,1 Billionen Euro betragen. Ähnlich drastische Maßnahmen wären bei Verkehr und Landwirtschaft notwendig. Bei Tatenlosigkeit wären jedoch die Kosten zur Bewältigung der Klimafolgen noch erheblich höher. „Wir wissen, dass wir die Emissionen drastisch reduzieren müssen“, erklärte der IPCC-Vorsitzende Rajendra Pachauri. Die wissenschaftliche Gemeinschaft habe gesprochen, jetzt werde der Staffelstab an die politischen Entscheidungsträger weitergegeben.

Nur alle paar Jahre veröffentlicht der Weltklimarat seinen sogenannten „Sachstandsbericht“, besser bekannt als Weltklimareport. Die Folgen des Klimawandels seien nach Angaben des Reports bereits in allen Teilen der Welt spürbar. Eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad sei aber möglich, wenn der Ausstoß an Treibhausgasen weltweit bis 2050 um 40 bis 70 Prozent geringer sein wird als 2010. Im Jahr 2100 dürften nahezu keine Treibhausgase mehr emittiert werden.

Nichthandeln teurer als Handeln

Politischen Entscheidern rechnete das IPCC im fünften Sachstandsbericht vor, dass der Wandel nicht die Welt kostet. Ein rechtzeitiger Wechsel auf alternative Energien schlägt bei einem Wirtschaftswachstum von 1,6 bis 3 Prozent pro Jahr danach nur mit einem Minus von jährlich rund 0,06 Prozentpunkten zu Buche. „Die Kosten des Nichthandelns werden entsetzlich viel höher sein als die Kosten des Handelns“, mahnt Pachauri.

Die Lücken zwischen den beschlossenen Zielen, den angestrebten nationalen Beiträgen (NDCs) und der aktuellen Emission von Treibhausgasen sind groß. Bei der derzeitigen Erwärmungsgeschwindigkeit würden 1,5 Grad bereits in den 2040ern erreicht.

Nur wenn sich die Nationen auf gemeinsame Maßnahmen gegen den Klimawandel einigen, kann die Erderwärmung verlangsamt werden. Zu diesem Zweck ist geplant, in Kattowitz ein allgemeines Regelbuch zu verabschieden. Mit dem Regelwerk sollen die nationalen Anstrengungen zum Klimaschutz nach und nach gesteigert werden.

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