Studie zum Nutzen :
Was noch für ein KI-Wirtschaftswunder fehlt

Von Corinna Budras, Berlin
Lesezeit: 3 Min.
Technik wie der IBM Roboter Pepper können sehr hilfreich sein. Wenn man sie denn einsetzt.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Consult hat den Nutzen von KI für die Wirtschaft errechnet: Mit 330 Milliarden Euro ist er enorm. Dazu müssen die Unternehmen sie allerdings auch nutzen.

Künstliche Intelligenz (KI) kann zwar keine Wunder bewirken, aber immerhin einen ordentlichen Wachstumsschub: Um bis zu 330 Milliarden Euro könnte die deutsche Wirtschaftsleistung wachsen, wenn die Unternehmen verstärkt generative künstliche Intelligenz wie ChatGPT einsetzten. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Wirtschaftsforschungsinstitut IW Consult im Auftrag des Internetkonzerns Google durchgeführt und am Montag in Berlin vorgestellt hat. Dazu müsste jedoch mehr als die Hälfte der Unternehmen bereit sein, diese auch einzusetzen. Bisher halten die sich allerdings noch zurück: Nur 17 Prozent der Unternehmen in Deutschland setzen diese technische Erneuerung ein.

Rund 330 Milliarden Euro entsprechen fast 10 Prozent des deutschen Brutto­inlandsprodukts im vergangenen Jahr. Das lässt sich auch in eine konkrete Zeitersparnis übersetzen. Im Durchschnitt sparten Arbeitnehmer durch den Einsatz von KI jährlich etwa 100 Arbeitsstunden ein, heißt es in der Untersuchung, die auf einer Befragung von rund 2000 Unternehmen und 1000 Privatpersonen im Juni und Juli 2023 basiert.

Sparpotential: 4 Milliarden Arbeitsstunden

Mit Blick auf die gesamte Volkswirtschaft sind die Zahlen noch beeindruckender: Die Forscher rech­nen damit, dass knapp 4 Milliarden Arbeitsstunden durch generative KI „eingespart“ und für sinnvolle Tätigkeiten genutzt werden könnten, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Rund die Hälfte der Beschäftigten setzten dabei darauf, dass ihnen diese Programme eintönige Arbeiten abnähmen. Auf der anderen Seite fehlen Fachkräfte schon jetzt an allen Ecken und Enden: Die IW-Forschung geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 rund 4,2 Milliarden Arbeitsstunden nicht mehr geleistet werden können, weil Mitarbeiter in Rente gehen und nicht mehr ersetzt werden können. KI hat zumindest das Po­tential, die entstehende Lücke fast vollständig zu schließen, betonte Hüther.

Anwendungsbereiche gebe es viele: Die Unternehmen sehen sie vor allem beim Verfassen von Dokumenten und der Da­tenanalyse. Auch immer wiederkehrende Aufgaben lassen sich durch die Maschinen erledigen. Hüther verwies allerdings auch darauf, dass sich das Produktivitätswachstum in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den europäischen Nachbarn un­terdurchschnittlich oder sogar negativ entwickelt habe.

Zweifel am KI-Wirtschaftswunder

In der Wissenschaft wird dieser Befund schon seit Längerem als „Produktivitätsrätsel“ bezeichnet und mit den stetig steigenden Betriebskosten erklärt: Die Unternehmen produzierten zwar viel effektiver als früher, müssten aber auch viel Zeit und Mühe in Berichtspflichten und die Beachtung der Com­pliance-Vorschriften stecken.

Eine zuvor veröffentlichte Umfrage des Digitalverbands Bitkom nährt zudem Zweifel an einem KI-Wirtschaftswunder, denn sie offenbarte große Widerstände. In der Erhebung stimmten zwar 42 Prozent der dort Befragten der Einschätzung zu, dass der Einsatz dieser Technologie einen Wett­bewerbsvorteil bringe. Dennoch gaben 60 Prozent an, dass der Einsatz von generativer KI kein Thema sei.

Sorge bereite zudem der Rückgang der Innovationskraft, betonte IW-Direktor Hü­ther. Diese entstünde auch dadurch, dass die Mitarbeiter durch die Corona-Krise viel flexibler als bisher selbst entscheiden könnten, wann und wo sie ar­beiteten. Unternehmen müssten sich deshalb überlegen, wie sie mit dem Home­office umgingen. Der Gewinn an Sou­veränität ließe sich nicht mehr zurück­drehen. Aber: „Innovation entsteht vor allem, wenn man sich beiläufig trifft“, betonte der Wirtschaftsforscher.

Auftraggeber Google hat die Gelegenheit der Studie jedenfalls genutzt, um auch errechnen zu lassen, wie viel seine Produkte wie Google Ads, Android, Cloud und nicht zuletzt die Google-Suche und Youtube zur Wertschöpfung beitragen: Dem IW zufolge summierten sie sich auf 53 Milliarden Euro.