Ruderinnen mit Olympia-Ziel :
„Wir blicken nur noch nach vorne“

Von Katja Sturm
Lesezeit: 3 Min.
Zwei, die sich am Riemen reißen: Hannah Reif (rechts) und Lena Sarassa
Reif für die große Bühne: Germania-Ruderin Hannah Reif will sich im Zweier mit Lena Sarassa für die Olympischen Sommerspiele in Paris qualifizieren. Im Vorfeld lief nicht alles nach Plan.

Langjährige Partnerschaften sind im Rudersport nicht selbstverständlich. Wie im normalen Leben trennen sich die einen nach kurzer Zeit aus eigenem Antrieb, andere werden auseinandergerissen, weil sich Trainer und Verantwortliche von den einzelnen Athleten in neuen Kombinationen mehr Erfolg versprechen.

Bei Hannah Reif und Lena Sarassa stand die Zwangsscheidung vor zwei Jahren zur Debatte. Damals konnten die beiden Riemenspezialistinnen, die als Juniorinnen 2021 WM-Bronze im Zweier ohne holten, in ihrem ersten Seniorinnenjahr den nationalen Titel nicht erringen und sollten sich während der Saison auch im Vierer und im Achter ausprobieren. Ein fünfter Platz bei der EM in München zählte zu den Ergebnissen. Doch als den Freundinnen danach nahegelegt wurde, nach Berlin umzusiedeln und dort die Harmonie mit jeweils anderen Kolleginnen im Kleinboot zu suchen, beschlossen sie, lieber zusammen in ihrer Wahlheimat Dortmund zu bleiben.

„Jetzt erst recht, haben wir uns gesagt“

„Der Spaß steht für uns im Vordergrund“, auch wenn das bedeuten sollte, im Messen mit der nationalen Konkurrenz den Kürzeren zu ziehen, erklärt Reif. „Jetzt erst recht, haben wir uns gesagt“, und das sollte sich auszahlen: Wie schon 2023 waren die 24-Jährigen auch diesmal wieder beim nationalen Test in Hamburg, der über die Besetzung der Boote des Deutschen Ruderverbandes entscheidet, nicht zu schlagen.

Beim Weltcup-Auftakt an diesem Wochenende im italienischen Varese werden sie die Farben ihres Landes vertreten. Sollte dabei und bei der EM in Ungarn Ende April alles gut laufen, haben sie die Möglichkeit, sich bei der Qualifikationsregatta vor dem Weltcup-Finale in Luzern im Mai eines von zwei noch verbliebenen Tickets für die Olympischen Spiele in Paris in ihrer Bootsklasse zu schnappen.

Mit ihrer Leistung in Hamburg waren die Perfektionistinnen nicht zufrieden. Nach einem zweiwöchigen Trainingslager in Erba wollen sie jetzt bessere Leistungen zeigen. Dass sie in der Lombardei einmal das Wetter überraschte und riesige Wellen dafür sorgten, dass sie ihren Zweier zurücklassen und ins Motorboot umsteigen mussten, soll sie nicht beeindrucken. „Wir hatten Glück im Unglück, weder wir noch das Boot haben größere Schäden davongetragen“, berichtet Reif.

Wie ihre Chancen auf Olympia stehen, könne sie vor dem Messen mit den anderen Nationen nicht sagen. Beim ersten Versuch, sich zu qualifizieren, waren die beiden bei der WM 2023 gescheitert. „Das ist für uns abgehakt. Wir blicken nur noch nach vorne“, betont Reif. Dafür sind sie zu ihrem langjährigen Coach Werner Nowak zurückgekehrt. Hannahs Vater Christoph ergänzt das Quartett mit Ruhe und Gelassenheit.

„Wir hatten uns damals von einem Trainerwechsel einen zusätzlichen Push versprochen“, sagt Reif. Jetzt sei man zu Bewährtem zurückgekehrt. „Lena und ich wissen voneinander beide, dass wir uns den Arsch aufreißen.“ Das hundertprozentige Vertrauen zueinander zeichne das Paar aus.

In Frankfurt bei der Germania gut aufgehoben

2017 hatten sie zusammen im Achter Silber bei der Junioren-WM gewonnen und von einer gemeinsamen Zukunft im Zweier gesprochen. 2019 zog Reif aus Brandenburg nach Dortmund um und nahm den Platz der Schlagfrau im Boot von Sarassa ein. „Wir wollten bis 2024 durchziehen, egal, was kommt“, sagt Reif. „Jetzt sind wir schon ein altes Ehepaar.“ Sarassa sei „die Stärkere“ von beiden, die mit dem kühlen Kopf, sie selbst der Technikfreak mit „weniger Bumms“ und mehr Plan, der für die Organisation zuständig sei.

Unterstützt wird Reif dabei von der Germania, bei der sie vor einem Jahr unterkam, als sie sich nach einem Verein umschaute, der für sie als Leistungssportlerin mehr tun könne als der RK am Wannsee, bei dem sie vorher gemeldet war. Auch wenn Reif selten in Frankfurt ist, fühlt sich die BWL-Studentin bei den Hessen gut aufgehoben.

Der Weg, der sie und Sarassa nach Vaires-sur-Marne führen soll, wo während der Spiele in Paris die Ruder-Wettbewerbe ausgetragen werden, beginnt an diesem Freitag mit dem Vorlauf in Varese. In den Tagen davor galt es vor allem, Energie zu tanken. Das Duo regeneriert auf sehr eigene Weise: „Wir liegen im Bett und schauen Trash-TV“, gibt Reif zu. Auch dabei sind die beiden unzertrennlich.