Kritik an PSG-Trainer :
Der streitbare Luis Enrique

Von Alexis Menuge, Paris
Lesezeit: 3 Min.
Um PSG-Trainer Luis Enrique gibt es in Paris einige Unruhe.
Mal gut gelaunt, dann wieder spöttisch oder sarkastisch: Vor dem Duell mit dem FC Barcelona zofft sich der Pariser Trainer mit Journalisten. Noch heißer diskutiert wird das Verhältnis zu Superstar Mbappé.

Mehr als sieben Jahre ist es bereits her: Im Camp Nou von Barcelona geschah eine der spektakulärsten Wendungen der bisherigen Champions-League-Geschichte: Nach einer 0:4-Demontage im Achtelfinal-Hinspiel bei Paris Saint Germain gelang den Katalanen im Rückspiel vor heimischer Kulisse ein 6:1-Kantersieg, der als legendäre „Remontada“ (Aufholjagd) in die Geschichte einging.

Trainer von Barcelona damals: Luis Enrique. An diesem Dienstag (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei DAZN) kehrt der spanische Coach als PSG-Trainer nach Barcelona zum Viertelfinal-Rückspiel zurück. Allerdings wird dieses Duell diesmal nicht im Camp Nou stattfinden, sondern im Olympiastadion. Das Camp Nou wird gerade renoviert.

Sarkastisch und spöttisch

Nach der 2:3-Heimniederlage am vergangenen Mittwoch musste sich Luis Enrique einiges an Kritik wegen seiner Personalentscheidungen sowie seiner taktischen Maßnahmen anhören. Sollten die Pariser an diesem 16. April wieder ausscheiden, wird die Unruhe um den Nachfolger von Christophe Galtier an der Seine noch wachsen.

Seit etlichen Wochen ruft Luis Enrique Polemiken hervor. Ausgangspunkt – seine Pressekonferenzen. Sie verlaufen sehr unterschiedlich: Mal zeigt sich der ehemalige Nationaltrainer Spaniens gut gelaunt, mal, und das relativ oft, sarkastisch und spöttisch gegenüber den Journalisten.

Als er nach der Viertelfinal-Auslosung gefragt wurde, wie viele Spieler aus der aktuellen Barca-Elf bei PSG gesetzt wären, antwortete er: „Mindestens sechs oder gar sieben: ter Stegen, Araujo, Koundé, De Jong, Gündogan, Yamal, Lewandowski – zweifellos.“ In der französischen Hauptstadt sorgte diese Aussage für Kopfschütteln. Wollte Enrique sein Team provozieren oder die Journalisten veralbern?

„Ich repräsentiere Barça am besten“

Auf die Frage, wer den Fußballgeist des FC Barcelona am besten verkörpert, er oder eher der aktuelle Trainer Xavi, antwortete der Pariser Übungsleiter: „Zweifellos ich. Das ist meine Meinung. Der Ballbesitz, die Tore, der Druck, die Titel, die Trophäen. Ich repräsentiere Barça am besten, auch wenn andere das womöglich völlig anders sehen.“

Dies ist in der Tat so. Während Xavi 17 Jahre für den FC Barcelona spielte und davon die allermeiste Zeit im Mittelfeld den Takt des berühmten „Tiki Taka“ vorgab, war Luis Enrique acht Jahre lang ein erfolgreicher, aber doch austauschbarer Stürmer. Im Urteil über Xavi hielt sich Enrique zurück: „Ich kenne Xavi nicht als Trainer, er war mein Spieler. Es war eine große Erfahrung auf emotionaler Ebene.“

Nach dem verpatzten Hinspiel stand Luis Enrique wie üblich zu seinen Entscheidungen: „Die einzige Person, die das Training sehen kann und alle Spiele sieht, bin ich. Ich war der Meinung, dass die ausgewählten Spieler die besten für dieses Spiel waren. Logischerweise wirft das Ergebnis Kritik und Fragen auf. Ich akzeptiere das, und ich werde daraus einige Lehren im Hinblick auf das Rückspiel ziehen.“

Auch seine Beziehung zu Superstar Kylian Mbappé, die bis zum 15. Februar völlig unbelastet war, wird in Paris heiß diskutiert. Seitdem Mbappé seinen Vereinswechsel zum Saisonende ankündigte, wird er von seinem Trainer und dessen Stab wie ein gewöhnlicher Spieler behandelt: Der unumstritten beste Profi der Mannschaft wurde in der Ligue 1 immer wieder ein- und ausgewechselt, die Leistungen des Stürmers werden in den Analysen kaum gewürdigt. Der Spieler scheint gezeichnet zu sein. Mbappé wirkt nervös und unzufrieden.

Nun steht an diesem Dienstag in Barcelona enorm viel auf dem Spiel. Für Luis Enrique handelt es sich um das wichtigste Spiel der Saison. Trotz der verdienten Niederlage im Hinspiel, die sich in eine Serie schwacher Auswärtsspiele einreihte, bleibt er fest davon überzeugt, dass das Weiterkommen gelingen wird. Eines ist sicher: Auch bei einem Scheitern würde Luis Enriques Ego keineswegs schrumpfen.