Norwegische Außenmöbel :
„Das Zuhause spiegelt sich im Garten wider“

Von Jasmin Jouhar
Lesezeit: 4 Min.
Außenmöbel brauchen auch Pflege: Eine Patina kommt nicht von allein.
Die norwegischen Designer Torbjørn Anderssen und Espen Voll sprechen im Interview über die Bedeutung von Außenmöbeln, die Stärke von Monomaterial und den Sinn ihrer Arbeit.
Torbjørn Anderssen und Espen Voll, Designer aus Oslo, sind so unterschiedlich, wie es bei Duos oft vorkommt. Anderssen ist extrovertiert, redet schnell, lässt sich leicht ablenken. Voll ist ruhiger, wartet ab, spricht langsam, bedächtig. Eine fruchtbare Kombination offenbar, denn die beiden sind mit ihren Möbelentwürfen für nordische Marken wie Audo, Muuto, Røros oder Takt omnipräsent in den vergangenen Jahren. Wir trafen sie zum Interview in Kopenhagen, wo sie ihre neue Außenmöbelkollektion Ville für &Tradition vorstellten.
Herr Anderssen, Herr Voll, mit der Kollektion Ville für &Tradition haben Sie zum ersten Mal Möbel für Terrasse und Garten entworfen. Was sind die Unterschiede im Vergleich zu Möbeln für drinnen?
Torbjørn Anderssen: Die Erwartungen sind andere. Man erwartet beispielsweise, dass die Möbel robuster sind und auch raues Klima aushalten. Das Gewicht ist ein weiterer Aspekt: Normalerweise arbeiten wir daran, Dinge so leicht wie möglich zu machen. Das war hier anders, wir haben sie schwerer gemacht, damit sie nicht vom Wind weggeweht werden. Und es sollten Farben und Materialien sein, die gut zu Blättern, Gras, Erde und Steinen passen.
Espen Voll: Es gibt eine Veränderung in den Verbrauchertrends. Vor 15 Jahren gingen die Menschen noch in ein Gartencenter, um Außenmöbel zu kaufen – in Norwegen zumindest. Jetzt gibt es auch in Innenstädten große Geschäfte, die Außenmöbel verkaufen. Es besteht ein größerer Bedarf bei den Menschen, ihre Identität auch durch die Möbel draußen auszudrücken. Das eigene Zuhause soll sich im Garten widerspiegeln.
Gegensätzliches Duo: Die Norweger Torbjørn Anderssen (links) und Espen Voll haben zum ersten Mal eine Kollektion von Außenmöbeln entworfen.
Gegensätzliches Duo: Die Norweger Torbjørn Anderssen (links) und Espen Voll haben zum ersten Mal eine Kollektion von Außenmöbeln entworfen.Unternehmen
Sie haben dreieinhalb Jahre an der Kollektion gearbeitet. Warum hat es so lange gedauert?
Torbjørn Anderssen: Wir haben verschiedene Materialien ausprobiert. Für den Sitz des Stuhls haben wir zuerst elastische Gurte genommen. Doch sie boten an einigen Stellen nicht genug Unterstützung, also sind wir auf starre Gurte umgestiegen. Doch dann mussten wir mehr an der Ergonomie arbeiten, damit der Sitz gut zum Körper passt.
Espen Voll: Wenn Hersteller heute ein Produkt präsentieren, ist es fertig. Man kann es am Tag des Erscheinens bereits kaufen. Das war früher anders, die Hersteller testeten ihre Produkte gerne auf dem Markt. Aber wenn Sie einen Prototypen präsentieren und es zwei weitere Jahre dauert, bis er fertig entwickelt ist, verlieren die Leute das Interesse.
Die meiste Entwicklungsarbeit floss also in den Stuhl der Kollektion?
Espen Voll: Wir haben wirklich viele Kombinationen aus Stahlrahmen und Gurten bei dem Stuhl ausprobiert. Wir wollten den maximalen Komfort aus den Materialien herausholen.
Wie bequem sollte der Stuhl überhaupt werden?
Torbjørn Anderssen: Wir wollten einen Stuhl schaffen, auf dem man einen ganzen Abend lang bequem sitzen kann. Nicht wie bei einem Kaffeehausstuhl, auf den man sich nur setzt, aber an den man sich nicht anlehnt.
Viele Hersteller versprechen, man könne ihre Produkte das ganze Jahr draußen lassen. Tische und Stühle müssten bei schlechtem Wetter nicht weggeräumt werden. Ist das wirklich eine gute Idee?
Beide: Nein, das ist keine gute Idee. Machen Sie das nicht!
Espen Voll: Sie können auch Ihr Auto das ganze Jahr draußen stehen lassen. Aber es ist sicher besser, es in einer Garage zu parken. Es gibt immer Abnutzung. Selbst den guten Anzug hängt man in einer Tasche in den Kleiderschrank. Es gibt natürlich Materialien, die eine Patina bekommen, Holz zum Beispiel. Doch selbst darum müssen Sie sich kümmern, müssen es pflegen. Es ist ja nicht so, dass Sie ein Holzmöbel in Ihren Hinterhof stellen und abwarten, bis die schöne Patina kommt.
„Ein Stuhl auf dem man einen ganzen Abend lang bequem sitzen kann.“
„Ein Stuhl auf dem man einen ganzen Abend lang bequem sitzen kann.“Unternehmen
Sie sagen, die Kollektion Ville sei von dänischem Design inspiriert. Was meinen Sie damit?
Torbjørn Anderssen: Es geht um die Struktur des Stuhls, es ist deutlich sichtbar, welcher Teil trägt und welcher getragen wird.
Espen Voll: Eine Referenz ist der dänische Designer Poul Kjærholm. Die stabile Basis mit einem schwebenden Sitz darauf, das hat er in seinen Entwürfen oft gemacht.
Wie wichtig ist Ihnen Designgeschichte?
Torbjørn Anderssen: Als junger Designer versucht man, historische Referenzen um jeden Preis zu vermeiden. Junge Designer machen manchmal Neues um des Neuen willen. Seit einigen Jahren erkennen wir die Bedeutung der Geschichte an und versuchen, darauf aufzubauen. Das bedeutet nicht, dass wir nicht nach Neuem strebten. Was wäre sonst der Sinn unserer Arbeit? Wir haben keine Angst vor historischen Referenzen. Und versuchen gleichzeitig weiterzukommen.
Das ständige Streben nach Neuem kann im Design zum Problem werden, Stichwort Nachhaltigkeit. Was könnte an einem Entwurf neuartig sein, dass er es wert ist, produziert zu werden?
Torbjørn Anderssen: Es kann die Form sein, es können Farbe und Muster sein. Es kann die Art und Weise der Herstellung oder die Verwendung eines Materials sein. Bei unserem anderen aktuellen Projekt für &Tradition, dem Stuhl Allwood, war es uns wichtig, einen stapelbaren, bequemen Stuhl ganz aus Holz zu machen, daher der Name. Nicht dass so ein Stuhl nicht schon gemacht worden wäre. Aber es schien passend, ihn gerade jetzt zu entwickeln. Es ist auf jeden Fall eine gute Frage, wir fragen uns das die ganze Zeit. Relevanz ist vielleicht der bessere Begriff als Neuheit. Was ist im Moment relevant? Ein großer Trend ist es, gebrauchte Möbel zu verwenden, statt neue Möbel. Damit wird das Alte relevant.
Was wäre die Relevanz des Stuhls Allwood?
Torbjørn Anderssen: Es ist ein sehr stabiler Stuhl. Er hat alle Belastungstests für Möbel im intensiven Gebrauch bestanden. Dabei ist er leicht und komplett aus nachhaltig angebautem europäischem Holz gefertigt.
Espen Voll: Er enthält keine Metallteile.
Torbjørn Anderssen: Wenn man ihn irgendwann entsorgen muss, in 100 Jahren vielleicht, kann er als eine Einheit behandelt werden, weil er nur aus einem Material besteht. Das nennt man Monomaterial – eine wichtige Eigenschaft.