Der Drink meines Lebens :
Leuchtend giftgrünes Glück im Glas

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Kräuteraroma mit Zitrusnote: Wer einen erfrischenden Cocktail für warme Sommerabende sucht, macht mit dem Gin Basil Smash alles richtig.
Unsere Autorin hatte während der Corona-Pandemie ein großes grünes Problem: Basilikum. Der „Gin Basil Smash“ rettete sie – und wurde ihre Antwort auf warme Sommerabende.

Ich fand den Drink meines Lebens während Corona 2020. Als die Pandemie im Frühjahr begann, überforderten mich die eigenen vier Wände. Ich verfolgte in den sozialen Medien, wie andere Menschen schon die dritte Runde Sauerteig züchteten, sich autodidaktisch das Klöppeln beigebracht und bereits durch das Youtube-Œuvre von Pamela Reif trainiert hatten.

Ich stattdessen vertrieb mir die Zeit mit „Quizduell“ und fragte mich, ob meine ungewaschenen Haare im Zoom-Arbeitsmeeting noch als „in Ordnung“ durchgehen würden.

Um aus dieser Endlosschleife der Langeweile auszubrechen, musste ein neues Hobby her. Die Gartenarbeit sollte es sein, oder wie wir balkonbesitzenden Städter sagen: Urban Gardening. Gartencenter galten in dieser Zeit als „Ausnahmefälle des erweiterten täglichen Bedarfs“, was meinem Vorhaben sehr entgegenkam. Besonders beherzt griffen mein Freund und ich bei den Basilikumsamen zu, die Verpackung versprach: pflegeleicht. Gebongt.

Gleich mehrere Packungen des Königskrauts landeten in unserem Einkaufswagen, denn ausverkauftes Toilettenpapier und gehamsterte Nudeln hatten uns gelehrt: Es könnte immer die letzte Packung sein. „Ein Zuviel an Basilikum ist eigentlich nicht möglich, kann man ja immer gebrauchen“, sagte mein Freund. Ich nickte zustimmend.

„Gin Basil Smash“ als Rettung

„Doch, es ist möglich“, möchte ich meinem pandemischen Ich im Nachhinein zurufen, doch zu spät. Zu Hause wurden die Samen auf Kokos-Quelltabletten gesetzt, die ersten zarten Pflänzchen ließen nicht lange auf sich warten. Entzückt sah ich ihnen beim Wachsen zu, schützte sie vor Staunässe und sorgte für genug Sonnenlicht.

Und ich wurde belohnt: Die Jungpflanzen entwickelten sich auf dem Südbalkon zu stattlichen kleinen Büschen, die nur entfernt an die folierten Basilikumsträuchlein aus dem Supermarkt erinnerten. „Da hat wohl jemand einen grünen Daumen“, frohlockte es in mir, während ich mir schon meinen eigenen Landwirtschaftsbetrieb in Ligurien vorstellte.

Im Sommer konnte die erste Ernte eingeholt werden. Den Freeeedericoo-Miracoli-Werbesong im Ohr, standen wir in der Küche und kochten gemeinsam Risotto mit Basilikum, Insalata Caprese und Pesto Verde – Dolce Vita. Doch während uns langsam, aber sicher die Verarbeitungsideen ausgingen, kam das Basilikum erst so richtig in Fahrt. Die einst niedlichen Büsche trieben zu heckenartigen Gewächsen aus, tiefgrüne, ledrige Blätter beherrschten den Balkon. Am Ende des Sommers mussten wir uns den Weg zum Balkon-Jacuzzi mit einer Machete freischlagen.

Okay, ich übertreibe. Es gab keine Machete und leider auch keinen Jacuzzi – dafür aber eine absurde Menge an Basilikum. Ich trocknete, blanchierte und pürierte – noch ein Gläschen Pesto für meine Kontaktperson, ein Fläschchen Basilikumöl für die Familie. Der würzige Geruch des Krautes hing dauerhaft in meiner Nase, mein Tag startete mit Tomate-Basilikum-Brot und endete auch meist damit. Ich suchte nach Ausreden, nicht zu Hause essen zu müssen, um seinen grünen Fängen zu entkommen. Doch Prokrastination half nicht. Der Sommer neigte sich dem Ende zu – und das Gewächs musste weg.

Ein Getränk wie Pesto Verde

Auf der Suche nach neuen Rezepten kontaktierte ich schließlich den Freund und Helfer aller Kulinarikamateure: Google. Dort stieß ich auf den modernen Cocktail-Klassiker, welcher vielen schon bekannt sein dürfte: „Gin Basil Smash“. Neben Gin, Zitronen, Eiswürfeln und etwas Rohrzuckersirup gehört in den Drink pro Glas sage und schreibe eine Handvoll frisches Basilikum (mit Stielen!). Hoffnung keimte in mir auf, meinem Wucherproblem endlich Herr zu werden. Ich besorgte mir Shaker, Cocktail-Sieb und einen Stößel zum „Muddeln“ – so nennt der Barprofi es, wenn er seine Zutaten zerdrückt, um die Aromen freizusetzen.

Und dann mixte ich und saß in der Abendsonne auf meinem Balkon, in der Hand den Gin Basil Smash, neben mir das umtriebige Gewächs. Allein die leuchtend giftgrüne Farbe des Getränks ließ meine Laune schon gewaltig steigen. Der erste kühle Schluck erledigte den Rest – die prickelnde Säure zog meine Mundwinkel nach oben. Ein Cocktail wie Pesto Verde mit Zitronenaroma, ergänzt durch die angenehme Wacholdernote des Gins.

Es blieb nicht bei diesem einen Gin Basil Smash. Er wurde zu einem heimischen Absacker, der mich seit diesem Ausnahmesommer begleitet. Auch Jahre später ist er aus meinem Drink-Repertoire für hitzeschwere Abende nicht mehr wegzudenken – und auch Freunde des alkoholfreien Konsums kommen nicht zu kurz: Der Gin kann problemlos durch Soda oder Tonic Water ersetzt werden. Nur das Basilikum darf nicht fehlen – es lohnt sich also, einen Strauch in petto zu haben. Nur vielleicht nicht zehn.

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