Schüler zusammengeschlagen :
Selbstjustiz nach Sexualdelikt?

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Die Polizei in Südhessen warnt vor Selbstjustiz (Symbolbild).
Die Ermittlungen laufen noch, dennoch scheint der Fall zumindest in den Sozialen Netzwerken bereits geklärt: Ein 14 Jahre alter Junge soll Mitte Juli in Weiterstadt eine Mitschülerin vergewaltigt haben. Jetzt ist der mutmaßliche Täter zusammengeschlagen worden.

Ein Vierzehnjähriger, dem vorgeworfen wird, eine Mitschülerin in einen Wald gelockt und dort vergewaltigt zu haben, ist am Samstag selbst überfallen und Opfer einer Straftat geworden. Zwei unbekannte Männer im Alter von etwa 25  Jahre hätten den mutmaßlichen Vergewaltiger gegen 19.15  Uhr an der Bahnstraße in Erzhausen abgepasst. Sie hätten ihn getreten, geschlagen und mit einem Messer bedroht, teilten Sprecher der für Südhessen zuständigen Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag mit, die ausdrücklich davor warnt, Selbstjustiz zu üben.

Der Name des Schülers, der verdächtigt wird, ein Sexualdelikt be­gangen zu haben, war offenbar über soziale Netzwerke im Internet verbreitet worden. Darüber hinaus hatte der Vater des mutmaßlichen Opfers schon Mitte Juli, also wenige Tage nachdem die Tat im Wald an der Wolfsgartenallee in Weiterstadt passiert sein soll, mehrere Medien informiert und wohl auch Strafanzeigen erstattet – unter anderen gegen eine Lehrerin und die Leitung der Hessenwaldschule.

Polizei und Staatsanwaltschaft warnten vor einer Vorverurteilung, vor Selbstjustiz und der Verbreitung von Mutmaßungen in Medien und sozialen Netzen, „die mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt haben, die teilweise die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten hat“. Im konkreten Fall müsse mit Blick auf das Alter der Beteiligten, der Be­schuldigte sei 14 Jahre und die Mitschülerin 15 Jahre alt, besonders vorsichtig und „äußerst zurückhaltend“ vorgegangen werden. Auch im Falle einer Gerichtsverhandlung werde, wenn Jugendliche beteiligt seien, unter Ausschluss der Öffentlichkeit getagt.

Derzeit sei noch nicht abschließend zu beurteilen, ob und inwieweit sich die Vorwürfe überhaupt erhärten ließen oder sich gegebenenfalls sogar als unzutreffend erweisen könnten, so die Darstellung der Polizei. Wie häufig bei solchen Ermittlungen gelte es auch in diesem Fall, etwaige Widersprüche von Aussagen zu klären und Angaben durch objektive Beweismittel zu untermauern oder zu widerlegen.

Der Vater des mutmaßlichen Opfers, der seine Sicht der Dinge in einem kurzen Schreiben auch der F.A.Z. hat zukommen lassen, darf sich seinen Angaben zufolge den Eltern des mutmaßlichen Täters inzwischen nicht mehr nähern, de­nen er vorwirft, ihn zu verhöhnen und auszulachen. Gleichwohl bemühen sich Mitarbeiter der Opferschutzberatung und der Polizei, mit allen Beteiligten in Kontakt zu bleiben, um weitere Spekulationen oder auch Selbstjustiz nach Möglichkeit zu verhindern. Die beiden Teenager sind dem Vernehmen nach vom Schulunterricht freigestellt.