Wandel der Arbeitswelt :
Schönere Büros gegen mehr Homeoffice

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Viele Arbeitnehmer ziehen vor allem wegen ihren Kollegen das Büro dem Homeoffice vor.
Wegen des Trends zum Homeoffice wurde ein großes „Bürosterben“ prognostiziert. Eine Diskussionsrunde in Frankfurt macht deutlich: Es gibt nicht weniger Bürofläche, sie wird aber anders genutzt.

Das Arbeiten zu Hause hat sich etabliert. Immobilienexperten rechnen dennoch nicht damit, dass der Bedarf an Bürofläche wesentlich sinken wird. Die Flächen würden aber anders genutzt, sagte Daniel Milkus, Frankfurter Niederlassungsleiter des Maklerunternehmens Aengevelt, bei einer Diskussionsrunde zur „Renaissance des Büros“. „Es wird wichtiger, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen.“ Eine gewisse Homeoffice-Quote werde bleiben, prognostizierte Milkus.

Das zeigen auch die Zahlen, die Marktforscher Lars Rehbein von Aengevelt präsentierte: Demnach arbeiten 25 Prozent der Arbeitnehmer mindestens an einem Tag der Woche von zu Hause aus. An dieser Zahl von 2021 habe sich auch 2022 nichts ge­ändert. Der bundesweite Schnitt werde in Frankfurt mit einer Quote von 28 Prozent sogar noch übertroffen. Laut einer Um­frage sehen 62 Prozent der Unternehmen das Büro weiterhin in der Rolle des zen­tralen Arbeitsorts. 58 Prozent rechneten damit, dass die Büroflächen auch bei ei­ner konstanten Zahl von Beschäftigten reduziert würden.

In heißen Sommern besonders beliebt

Makler und Vermieter spüren davon in der Praxis wenig. Viele Arbeitgeber versuchten ihre Mitarbeiter zu motivieren, wieder häufiger ins Büro zu kommen, sagte Heike Beyer von der Commerz Real AG. Ihrer Erfahrung nach gelinge das in attraktiven Lagen in den Stadtzentren besonders gut. Dem stimmte Ulrich Oppermann von Deka Immobilien In­vestment zu. „Ganz wichtig ist die Aufenthaltsqualität am Arbeitsplatz.“ Die Einstellung zum Homeoffice habe sich gewandelt. „Anfangs fanden es die Leute sexy.“ Doch mittlerweile hätten sie es zu schätzen gelernt, im Büro Kollegen zu treffen, statt zu Hause den Laptop auf den Küchentisch zu stellen.

Viele könnten sich ein eigenes Arbeitszimmer gar nicht leisten, sagte Iris Dilger, die mit der Wohnkompagnie Rhein-Main vor allem Wohnungsbau betreibt. Ihr Unternehmen prüfe deshalb bei Neubauprojekten, ob sich zum Beispiel eine Nische im Flur dafür eigne, einen Schreibtisch aufzustellen. Beyer verwies darauf, dass gerade junge Berufstätige häufig in Micro-Apartments wohnten, von denen in jüngster Zeit viele entstanden seien. Sie hätten wenig Platz und arbeiteten allein schon deshalb lieber im Büro. In heißen Sommern sei dies zudem wegen der oft vorhandenen Klimatisierung beliebt.

Darüber hinaus versuchten viele Un­ternehmen, das Büro attraktiver zu ma­chen, sagte Beyer. Wichtig sei vor allem genügend Raum für den Austausch. Aber auch das Design spiele zunehmend eine Rolle. Es gehe darum, eine „Wohlfühl­atmosphäre“ zu schaffen, sagte Milkus. Arbeitgeber achteten darauf, dass sich ihre Mitarbeiter mit dem Un­ternehmen identifizierten – auch um im Wettbewerb um Fachkräfte einen Vorteil zu haben. Nach Einschätzung Oppermanns hinkt Deutschland bei der Ge­staltung der Büros der Entwicklung hinterher. „Ich habe eine amerikanische An­walts­kanz­lei gesehen, die wie ein Dschungel aus­sah.“

Unternehmen, die ihren Mitarbeitern neue Arbeitswelten anbieten wollen, haben in den nächsten Jahren eine große Auswahl an Neubauprojekten. Allein in diesem Jahr kommen laut Aengevelt 140.000 Quadratmeter Bürofläche auf den Markt, wovon die Hälfte noch nicht vermietet ist. 2024 und 2025 werden voraussichtlich Büros mit einer Gesamtfläche von 490.000 Quadratmetern fertiggestellt. Das ist mehr als der für dieses Jahr prognostizierte Vermietungsumsatz von 400.000 Quadratmetern, der nicht nur Neubauten, sondern auch ältere Ge­bäude betrifft.

Milkus rechnet mit einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ auf dem Im­mobilienmarkt: auf der einen Seite Gebäude, die den aktuellen ökologischen und sozialen Anforderungen entsprechen, und auf der anderen Bürohäuser, die sich nicht mehr vermarkten lassen. 2022 ist der Büroleerstand in Frankfurt um 90.000 Quadratmeter auf 940.000 Quadratmeter gesunken. Doch 2023 könnte er nach Einschätzung von Aengevelt wieder steigen.