Eurobarometer vor der Wahl :
Verteidigung ist eine neue Priorität vieler Europäer

Von Thomas Gutschker, Brüssel
Lesezeit: 2 Min.
Das wichtigste Thema für die Befragten des Eurobarometers: der Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung
Viele der mehr als 26.000 Befragten wünschen sich im Europawahlkampf eine Debatte über die europäische Sicherheit. Bei den Werten, die das künftige EU-Parlament verteidigen soll, steht einer mit Abstand vorne: Frieden.

In der Europäischen Union zeichnet sich ein hohes Interesse an der Europawahl ab, die vom 6. bis 9. Juni stattfindet. Gemäß dem neuen Eurobarometer gaben 71 Prozent aller europäischen Befragten an, dass sie wahrscheinlich an der Wahl teilnehmen würden. Dieser Wert liegt zehn Punkte höher als vor der Europawahl 2019. Seinerzeit lag die tatsächliche Beteiligung im Mittel bei 50,6 Prozent – was schon einem deutlichen Zuwachs gegenüber der Wahl 2014 entsprach (42,6 Prozent).

In Deutschland gaben in der neuen Umfrage 78 Prozent der Befragten an, zur Wahl gehen zu wollen. Bei der repräsentativen Umfrage wurden im Februar mehr als 26.000 Bürger in allen 27 Staaten interviewt.

Als wichtigste Themen, die im Wahlkampf diskutiert werden sollen, nannten die Befragten in der gesamten EU den Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung (33 Prozent), die öffentliche Gesundheit (32 Prozent) sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Verteidigung und Sicherheit der EU (jeweils 31 Prozent). Der Kampf gegen den Klimawandel folgt erst auf Platz vier (27 Prozent), im Herbst 2021 hatten ihn noch 39 Prozent genannt. Jüngeren Menschen ist dieses Anliegen wichtiger als älteren.

Der Wandel der Prioritäten zeigt sich auch bei der Frage, wie die EU ihre Rolle in der Welt stärken solle. Hier nannten die meisten Befragten Sicherheit und Verteidigung (37 ­Prozent) vor Energieunabhängigkeit und Nahrungsmittelsicherheit (jeweils 30 Prozent). Die Verringerung von Treibhausgasemissionen nannten 24 Prozent.

Die Eurobarometer-Umfragen werden seit 1974 im Auftrag des Europäischen Parlaments durchgeführt. Im Schnitt gaben in der neuen Umfrage 41 Prozent an, dass sie allgemein ein positives Bild vom Parlament hätten, 40 Prozent zeigten sich neutral, bei 18 Prozent war es negativ. Das ist der höchste Zustimmungswert seit Beginn der Messungen.

Am positivsten ist das Bild des Parlaments in Portugal, Dänemark und Irland. Deutschland liegt mit 40 Prozent im Mittelfeld, Frankreich mit 27 Prozent am Schluss.

Auf die Frage, welche Werte das Parlament in der nächsten Legislatur verteidigen soll, nannten die meisten Befragten in allen Staaten den Frieden (47 Prozent). Darauf folgten Demokratie (33 Prozent), der Schutz der Menschenrechte (24 Prozent), die Meinungsfreiheit (21 Prozent) und Rechtsstaatlichkeit (20 Prozent). In Deutschland ist der Frieden sogar für 57 Prozent der Befragten der wichtigste Wert, so hoch fällt er nirgends sonst in der Europäischen Union aus.

In allen Mitgliedstaaten glaubt die Mehrheit der Befragten, dass ihr Land von der Mitgliedschaft profitiere. In Bulgarien sagen das 52 Prozent, in Frankreich 63 Prozent, in Deutschland sogar 73 Prozent.