Editorial :
Das bessere Google

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Schwebt über allem: Googles Geschäftsmodell war 20 Jahre unangreifbar. Das könnte sich dank Künstlicher Intelligenz bald ändern.
Etwas Epochales bahnt sich an: Künstliche Intelligenz könnte das lukrativste Geschäftsmodell im Internet zerstören.

Fragt man Internetnutzer, für welche eigentlich kostenlosen Dienste sie zahlen würden, steht die Suchmaschine Google mit Abstand ganz oben in der Liste. Statt aber die Nutzer zur Kasse zu bitten, monetarisiert Google seine Suche über bezahlte Links, mit denen die Nutzer zu den Werbekunden geleitet werden. So weit, so bekannt und seit 20 Jahren unverändert das lukrativste Geschäftsmodell im Internet. Versuche, das Modell zu kopieren, zu verbessern oder gar zu disrupten, gab es einige. Alle sind gescheitert. Bis jetzt. Denn nun könnte die generative KI sogar Google in Not bringen.

Wie das eigentlich Unmögliche funktionieren kann, zeigt gerade Perplexity.ai. Statt vieler Links liefert das Startup den Suchenden eine Antwort, die von der KI geschrieben wird. Dafür liest die Maschine zuerst die relevanten Suchergebnisse zur Frage durch, extrahiert das Wesentliche und erzeugt eine Antwort, die den Suchenden in den allermeisten Fällen die gewünschte Information liefert – schnell und präzise. An dieser Stelle hört der Fortschritt aber nicht auf. KI-Agenten werden künftig die Suchergebnisse in Handlungen umsetzen, also der Suche nach dem schönsten Hotel automatisiert die Buchung folgen lassen - abgestimmt auf die individuellen Vorlieben.

Diese neue Art, Antworten statt Links zu liefern, hat offenbar auch Sam Altman im Sinn, wenn er davon spricht, die Suche neu zu erfinden. „Das Spannende ist nicht eine bessere Kopie der Google-Suche, sondern dass es vielleicht einen viel besseren Weg gibt, Informationen zu finden, zu nutzen und zusammenzufassen“, deutet Altman den nächsten Schritt von OpenAI an. Neu wäre auch das Geschäftsmodell: Statt Werbung, welche die Antworten verzerrt, setzt Altman auf die Zahlungsbereitschaft der Nutzer für gute Informationen. Kooperationen mit Medienunternehmen sollen die nötigen Inhalte bringen. Als Gegenleistung gibt es Geld und Links zu den Originalen, kündigte OpenAI auf X an.

Die Folgen für das Internet, wie wir es kennen, wären enorm: Google als zentraler Verkehrsknotenpunkt könnte viele Profinutzer verlieren, viele Internetseiten würden entsprechend Google-Traffic verlieren und die ganze Industrie der Suchmaschinenoptimierer und Online-Werber müsste umdenken. Nun wird Google sein Geschäft natürlich nicht kampflos aufgeben und hat die „Search Generative Experience“ entwickelt, eine Mischung aus KI-Antwort und klassischen Links. Ähnlich wie der Journalismus könnte sich nun auch der Suchmarkt zweiteilen – in einen werbefinanzierten Basisdienst und ein kostenpflichtiges Premiumangebot. Welches Angebot wählen Sie?