Verlagsspezial

Mehr als nur ein Trend

Von Gian Hessami
Lesezeit: 3 Min.
Geldinstitute und Investoren legen bei der Kreditvergabe Wert auf die ethische und ökologische Geschäftspolitik der Unternehmen

Das Akronym ESG gehört heute international bei vielen Unternehmen zum ganz normalen Sprachgebrauch: Der Begriff „Environment Social Governance“ (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) hat sich etabliert, um auszudrücken, ob und wie bei Entscheidungen von Unternehmen ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte sowie die Art der Unternehmensführung beachtet und bewertet werden.

Banken nehmen Firmen unter die Lupe

Nicht nur bei Unternehmen wird das Thema Nachhaltigkeit groß geschrieben, auch bei Geldinstituten, über die sich Firmen finanzieren. So stehen bei der DekaBank bei der Kreditvergabe die ESG-Punkte gleichberechtigt neben wirtschaftlichen Aspekten und werden vor der Finanzierungsentscheidung umfassend geprüft. Das Geldinstitut schließt zum Beispiel bestimmte Finanzierungen aus ethischen Gründen aus. Dazu gehören etwa Waffengeschäfte und Finanzierungen, von denen signifikante Gefahren für die Umwelt ausgehen – beispielsweise Urananbau, Atom- und Kohlekraftwerksfinanzierungen, Spekulationsgeschäfte mit Grundnahrungsmitteln, Unternehmen aus der Pornografie-Branche oder dem Rotlichtmilieu, Finanzierungen im direkten Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Tabak sowie Finanzierungen von Firmen, die kontroverse Formen des Glücksspiels wie Wettbüros und Spielhallen betreiben.

Auch die Commerzbank achtet bei der Kreditvergabe nach eigenem Bekunden auf eine nachhaltige Geschäftspolitik. Alle Finanzierungen, bei denen ökologische, ethische oder soziale Aspekte eine wesentliche Rolle spielen, werden im sogenannten Reputationsrisiko-Management der Commerzbank intensiv geprüft und beurteilt. Das Ergebnis dieser Prüfung kann dazu führen, dass die betreffende Finanzierung abgelehnt wird. „Generell fließen in das Rating unserer Firmenkunden auch deren Perspektiven für eine nachhaltige Geschäftsentwicklung ein. Diese werden über Planzahlen und Branchenperspektiven bewertet“, sagt Jens Daum, Leiter Kreditprozesse und –policies in der Firmenkundenbank der Commerzbank. Außerdem seien ökologische Risiken Gegenstand der allgemeinen Kreditprüfung. Sofern Umweltaspekte für das Unternehmen von besonders großer Bedeutung sind, würden externe Experten hinzugezogen, um das Risiko fachgerecht abzuschätzen.

Nachhaltigkeit ist für Investoren wichtig

Aus Sicht der Kreditgeber ist es letztlich auch von großer Bedeutung, wie bonitätsstark ihre Kunden sind. Unternehmen, die ethische und ökologische Richtlinien verfolgen, stehen häufig  bei Investoren hoch im Kurs. „Der wirtschaftliche Anreiz für Verbraucher und Unternehmen, in Klimalösungen zu investieren, ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Investitionen in Klimalösungen sind für Verbraucher und Unternehmen eine rationale Entscheidung geworden“, sagt Henning Padberg. Er ist Portfoliomanager bei Nordea Asset Management und dort verantwortlich für die globale Klima- und Umweltstrategie. Unternehmen werde zunehmend bewusst, dass das Thema Nachhaltigkeit in der heutigen Welt wettbewerbsentscheidend sein kann. Auch Randy Woodbury, Anleihe-Experte bei Principal Global Investors, verweist auf den Nachhaltigkeitstrend bei den Firmen. „Das Bestreben, in Unternehmen zu investieren, die sozial und ökologisch verträglich arbeiten, ist eine natürliche Erweiterung unseres Prozesses zur Bewertung von Krediten und anderen Risikofaktoren, die letztendlich zu unserem Ziel führen, überdurchschnittliche risikoadjustierte Renditen zu erzielen.“

Erneuerbare Energien sind gefragt

„Im Bankenbereich geht der Trend erkennbar zu mehr Nachhaltigkeit und stärkerer gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung“, sagt der Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven. Er begrüßt es, wenn Unternehmen, die nach ethischen und ökologischen Kriterien arbeiten und wirtschaften, von Kreditinstituten mit geringerem Risiko bewerten werden. Seiner Erfahrung nach haben Firmen, die nachweislich einen engen Bezug zur Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung oder ethischen Investitionen haben, bei einer Bank, die sich diesen Grundsätzen verpflichtet, gute Chancen eine Finanzierung zu bekommen. „Mittelständler sollten sich daher an solche Kreditinstitute wenden, die ethischen und ökologischen Kriterien bei der Kreditvergabe folgen“, empfiehlt Ohoven. „Kreditinstitute setzen vornehmlich auf die Bereiche Erneuerbare Energien, Ökologische Landwirtschaft und soziale Projekte“, so Ohoven. „Im Umkehrschluss dürften Branchen Schwierigkeiten haben, Finanzierungen bei ökologisch orientierten Banken zu bekommen, die man etwa mit Massentierhaltung, Tierversuchen, Umweltbelastungen, hohem Ressourcenverbrauch oder mit Rüstungsgütern in Verbindung bringt“, erklärt der Experte.

Fazit: Eine ethische und ökologische Geschäftspolitik kommt nicht nur bei Investoren, sondern auch bei den Kreditgebern gut an. Daher dürfte das Thema Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren deutlich mehr als ein Trend sein und bei der Unternehmensausrichtung weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

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