Verlagsspezial

„Die Werte der Fürstenfamilie sind identitätsstiftend“

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Roland Schubert ist seit Mitte 2017 CEO der LGT Bank AG (links), und Andreas Loretz ist Bereichsleiter Deutschland/Österreich.
Seit ihrer Gründung vor fast 100 Jahren hat sich die LGT zu einer internationalen Privatbank entwickelt, die von Mitgliedern des Fürstenhauses von Liechtenstein geführt wird. Im Interview sprechen Roland Schubert, CEO der LGT Bank AG, und Andreas Loretz, Bereichsleiter Deutschland/ Österreich, über Unternehmenskultur und nachhaltige Wachstumsstrategien.
Die LGT ist seit mehr als 80 Jahren im Besitz des Fürstenhauses von Liechtenstein und damit nicht nur die weltweit größte Private-Banking- und Asset-Management-Gruppe, die vollständig im Besitz einer Unternehmerfamilie ist, sondern von dieser auch geführt wird. Welchen Einfluss nimmt die Fürstenfamilie auf das operative Geschäft?
Roland Schubert: Mit unserem Group CEO und unserem Stiftungsratspräsidenten sind seit mehr als zehn Jahren zwei Familienmitglieder persönlich im Management der LGT vertreten und damit in alle wichtigen strategischen Entscheidungen involviert. Für uns ist das ein großer Vorteil, denn über das persönliche Engagement unseres Eigners wird sichergestellt, dass unsere Strategie, Geschäftsphilosophie und Unternehmenskultur mit den Werten der Eigentümerfamilie übereinstimmen.
Andreas Loretz: Diese eher seltene Kombination, dass eine Privatbank von Mitgliedern der Eigentümerfamilie persönlich geführt wird, bietet uns Mitarbeitenden Sicherheit. Wir können uns darauf verlassen, dass die Fürstenfamilie langfristig handelt, plant und unternehmerisch agiert. Und darin beweist die Fürstliche Familie ein großes Geschick und Weitsicht, wie unsere Geschäftsentwicklung der letzten Jahre zeigt, in denen wir unsere betreuten Kundenvermögen deutlich steigern und auf mittlerweile über 200 Milliarden Schweizer Franken ausbauen konnten.
Inwieweit wirkt sich dieser Einfluss auf die Unternehmenskultur aus, und wodurch unterscheidet sich diese von der Kultur anderer Finanzinstitute?  
Schubert: Die Fürstenfamilie pflegt seit Generationen Werte wie Verlässlichkeit, Respekt und Kontinuität. Die Werte sind identitätsstiftend und stark in unserer Unternehmenskultur verankert. Als privat geführtes Unternehmen sind wir nicht von kurzfristigen Marktschwankungen abhängig, sondern können unsere Geschäftsstrategie langfristig ausrichten und unsere Ziele mit „ruhiger Hand“ verfolgen.
Loretz: Die Werte der Fürstenfamilie sind auch im Arbeitsalltag spürbar. Die Atmosphäre bei der LGT ist familiär. Uns sind persönliche Kontakte auf allen Ebenen sehr wichtig. Zudem sind die Wege kurz und die Hierarchien flach. Dies ermöglicht es uns, rasch Entscheidungen zu treffen und uns schnell an sich verändernde Umstände anzupassen.
Wie andere Unternehmen hat die LGT in vergangenen Jahren eine erfolgreiche internationale Wachstumsstrategie verfolgt – teils auch durch Zukäufe. Wie lässt sich die Unternehmenskultur unter diesen Bedingungen bewahren?
Schubert: In den letzten fünf Jahren ist die Zahl unserer Mitarbeitenden um über ein Drittel auf 3000 weltweit gewachsen. Die Entwicklung haben wir durch ein starkes organisches Wachstum und über die eine oder andere Akquisition realisiert. Im Allgemeinen dauert es eine Weile, bis Mitarbeitende eine neue Unternehmenskultur annehmen. Wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich neue Kollegen bei uns sehr schnell wohl fühlen. Dies liegt vor allem daran, dass unsere langjährigen Mitarbeitenden stark mit den LGT-Werten identifizieren und sie überzeugt vorleben.
Die LGT übernimmt nicht nur das Asset Management für vermögende Kunden, sondern fungiert zugleich als Family Office des Fürstenhauses von Liechtenstein. Wie beeinflussen sich diese beiden Rollen?
Loretz: Unsere Eigentümerfamilie lässt einen bedeutenden Teil ihres Familienvermögens von der LGT in der sogenannten Fürstlichen Strategie verwalten. In dieser Strategie kommen alle unsere Anlagekompetenzen in einem langfristigen Investmentansatz zusammen, der auf einem sehr disziplinierten Prozess und einer breiten Streuung der Anlagen basiert. Auf Wunsch können auch unsere Kunden und Mitarbeitende in diese Strategie investieren. Das führt zu einer hohen Übereinstimmung der Interessen unserer Kunden, der Eigentümerfamilie und uns Mitarbeitenden.
Die LGT wurde im Oktober 2017 von der „Financial-Times“-Gruppe in der Kategorie „Best Private Bank for Socially Responsible Investing“ mit dem Prädikat „highly commended“ ausgezeichnet. Worin liegen die Kernpunkte Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie?
Schubert: Unser Verständnis von Nachhaltigkeit geht weit über Klimaschutz-Maßnahmen hinaus. Wir setzen direkt in unserem Kerngeschäft an. Immer mehr Anleger möchten wissen, in welche Unternehmen, Staaten und Projekte ihr Kapital fließt und ob ihre Investments ihren Wertvorstellungen entsprechen. Sie achten nicht mehr nur auf die finanzielle Rendite, sondern wollen mit ihren Geldanlagen auch einen positiven Beitrag für die Umwelt und Gesellschaft leisten. Gerade hier können Banken einen sehr wichtigen Beitrag leisten. Wir haben in den letzten Jahren systematisch Nachhaltigkeitsaspekte in unsere Geschäftstätigkeit und Produktpalette integriert. Neben nachhaltigen Anlagen bieten wir mit dem LGT Sustainability Rating unseren Kunden eine Orientierungshilfe, damit sie sehen können, wie nachhaltig ihre Vermögensanlage ausgerichtet ist.
Auf Initiative von S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein, dem CEO der LGT Gruppe, verfolgt das Familienunternehmen nicht nur das Ziel finanzieller Renditen, sondern strebt zudem an, die Lebensqualität benachteiligter Menschen zu verbessern. Ein Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Philanthropie. Welche Kriterien müssen Organisationen erfüllen, um von der LGT unterstützt zu werden?  
Schubert: Mit LGT Venture Philanthropy unterstützen wir in Lateinamerika, Afrika, Indien, Südostasien oder China tätige Organisationen, die innovative, skalierbare und effektive Lösungen für soziale oder ökologische Probleme gefunden haben und die Lebensqualität benachteiligter Menschen nachhaltig verbessern. Wir stellen ihnen finanzielle Mittel zur Verfügung, teilen mit ihnen unsere Erfahrungen und unser Wissen und bieten ihnen Zugang zu unseren Netzwerken. Unser Ziel ist es, dass die Organisationen wachsen und sich professionalisieren.
Der zweite Bereich ist das Impact Investing. In welchem Umfang investieren Sie in Unternehmen, die ein soziales Problem lösen wollen?
Loretz: Unsere Organisationseinheit LGT Impact hat in den vergangenen zehn Jahren in Form von Private-Equity-Direktanlagen 90 Millionen Dollar in Unternehmen aus verschiedenen Sektoren und Ländern investiert. Eines dieser Unternehmen ist zum Beispiel eine Klinikkette in Brasilien, die Menschen mit niedrigeren Einkommen Zugang zu bezahlbaren Gesundheitsdienstleistungen bietet. In den nächsten Jahren möchten wir im Bereich Impact Investing noch aktiver werden und neue Angebote für Investoren entwickeln.
Welche Themen werden Sie und die LGT in den nächsten Jahren besonders intensiv beschäftigen?
Schubert: Neben der Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren die Digitalisierung das beherrschende Thema sein. Die Banken müssen auf diese neuen Anforderungen reagieren und ihren Kunden nutzerfreundliche Service- und Interaktionsangebote bieten, ohne die individuelle und persönliche Betreuung zu vernachlässigen.
Loretz: Eine Herausforderung dabei ist es sicherlich, die unterschiedlichen Bedürfnisse der älteren und jüngeren Kunden in Einklang zu bringen. Ich bin davon überzeugt, dass die persönliche Beratung bei allen Generationen auch weiterhin der entscheidende Erfolgsfaktor im Private Banking sein wird.  
Das Interview führte Benjamin Kleemann-von Gersum.

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