„Gorch Fock“-Prozess :
Betrug und Bestechung bei Sanierung von Schiffen

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Das Marine-Segelschulschiff „Gorch Fock“ ist in einen Kriminalfall verwickelt.
In Oldenburg hat am Dienstag ein Strafprozess um Unregelmäßigkeiten auf der Elsflether Werft begonnen. Im Fokus: das langjährige Segelschulschiff der Deutschen Marine, die „Gorch Fock“.

Fast fünfeinhalb Jahre nach Beginn der Ermittlungen hat am Dienstag vor dem Landgericht Oldenburg ein Großverfahren rund um Unregelmäßigkeiten bei der Elsflether Werft begonnen. In dem komplexen Prozess vor der dritten Großen Strafkammer müssen sich zwei frühere Vorstände der Werft, ein mittlerweile pensionierter Kostenprüfer der Deutschen Marine sowie weitere Angeklagte wegen Betrug, Untreue, Korruption und Bestechlichkeit verantworten.

Das Traditionsunternehmen aus der Wesermarsch war mit der Instandsetzung mehrerer Schiffe für die Deutsche Marine beauftragt, als Generalunternehmer war die Elsflether Werft unter anderem zentral für die Sanierung der „Gorch Fock“ verantwortlich und koordinierte die Arbeiten der Subunternehmer. Aufgrund der schweren wirtschaftlichen Krise musste die Werft 2019 Insolvenz anmelden.

135 Millionen Euro für „Gorck Fock“

Daraufhin übernahm die Bremer Lürssen-Werft die Sanierung der „Gorch Fock“ und übergab das Schiff im Herbst 2021 an die Marine. Die Endkosten lagen mit 135 Millionen Euro deutlich über der ursprünglichen Kalkulation von 10 Millionen Euro.

Eine eigens eingerichtete Sonderkommission „Wasser“ in Oldenburg beschäftigte sich mit den Vorgängen rund um das berühmte Segelschulschiff. Zeitweise 15 Ermittler gruben immer tiefer und deckten für die Jahre 2014 bis 2018 zahlreiche dubiose Geschäfte zwischen den beiden Werftchefs, damaligen Mitarbeitern, Geschäftspartnern aus Norddeutschland sowie dem für die Elsflether Werft zuständigen technischen Kostenprüfer des Marinearsenals auf. In dem gesamten Komplex wurde gegen 98 Beschuldigte ermittelt, insgesamt werteten die Beamten 14 Terabyte Daten und 1450 Aktenordner aus. Auf dieser Grundlage erhob die für Korruptionsdelikte zuständige Zentralstelle der Staatsanwaltschaft Osnabrück im Herbst 2022 mehrere Anklagen, die im März 2024 vom Gericht zugelassen und unter dem Aktenzeichen 7 Kls 99/23 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.

Beiden ehemaligen Geschäftsführern wird unter anderem gemeinschaftlich begangener schwerer Betrug vorgeworfen. Sie sollen für falsche Abrechnungen in Höhe von 7,2 Millionen Euro verantwortlich sein, von denen knapp 247.000 Euro auf die Sanierung der „Gorch Fock“ entfallen. Außerdem wird den ehemaligen Werftchefs und ihrer ehemaligen Assistentin Untreue, Insolvenzverschleppung und unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften vorgeworfen.

Sechs Angeklagte müssen sich in dem Korruptionsverfahren in Oldenburg verantworten, darunter zwei Ex-Vorstände der Elsflether Werft.
Sechs Angeklagte müssen sich in dem Korruptionsverfahren in Oldenburg verantworten, darunter zwei Ex-Vorstände der Elsflether Werft.dpa

Mit der Vergabe von Krediten an eine Werfttochtergesellschaft – in einer Mitteilung des Gerichts ist von elf Millionen Euro die Rede – soll aus Sicht der Ankläger ab 2015 die Krise des Unternehmens beschleunigt worden sein. Außerdem müssen sich die Vorstände und ein Subunternehmer wegen Vorteilsgewährung verantworten.

Kein Zusammenhang bei Kostenexplosion

Der angeklagte Kostenprüfer soll sich hingegen der Vorteilsannahme schuldig gemacht haben, indem er zwei Darlehen in Höhe von jeweils 400.000 Euro aus dem Umfeld der Werft erhielt. Schon vor Prozessbeginn betonte das Gericht am Montag in einer Mitteilung: „Ein Zusammenhang zwischen der Annahme der Darlehen und der Kostenexplosion bei der Instandsetzung der Gorck Fock konnte nicht hergestellt werden“.

Vor einigen Wochen war ein Projektleiter eines Hamburger Subunternehmers in einem anderen Prozess vor dem Amtsgericht Brake aus rechtlichen Gründen freigesprochen worden. Zudem hatte die Wirtschaftsstrafkammer das Verfahren gegen ein weiteren Angeklagten abgetrennt.

Mit den sechs verbliebenen Angeklagten, 13 Verteidigern und dem großen öffentlichen Interesse sprengt der Prozess dennoch die üblichen Dimensionen in Oldenburg. Daher wurde der Prozess in die Weser-Ems-Hallen verlegt. Im Großen Festsaal sind bis Dezember 2024 weitere 37 Verhandlungstage angesetzt.