Budgets für Forschung :
Amazon forscht am meisten

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Amazon-Technikchef Werner Vogels
Amerikanische Unternehmen haben ihre Forschungsbudgets im vergangenen Jahr deutlich stärker erhöht als deutsche. Nur zwei europäische Unternehmen finden sich noch in der Spitzengruppe.

Die größten Unternehmen der Welt geben immer mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus. Im vergangenen Jahr sind die Forschungs- und Entwicklungsbudgets der 500 forschungsstärksten Unternehmen der Welt um insgesamt 12 Prozent gestiegen, obwohl die Umsätze in derselben Zeit stagnierten und die Gewinne sogar sanken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie über die globalen Forschungsausgaben von Unternehmen, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY am Donnerstag veröffentlicht hat. Im Jahr zuvor waren die Forschungsausgaben mit 13 Prozent sogar noch ein klein wenig mehr aufgestockt worden, allerdings waren damals auch die Gewinne der Unternehmen deutlich stärker gestiegen. Dass die Unternehmen trotz der mauen Konjunktur weiterhin kräftig in ihre Forschungsabteilungen investieren, ist nach Angaben von EY-Deutschland-Chef Henrik Ahlers auch auf erbitterten Wettkampf um technologische Führerschaft zurückzuführen.

Insgesamt summieren sich die Forschungsbudgets der führenden 500 Unternehmen auf einen Betrag von 990 Milliarden Euro. Führend sind dabei deutlich die Amerikaner. In der globalen Rangliste der Unternehmen mit den größten Forschungsbudgets belegen die Amerikaner 7 der ersten 10 Spitzenplätze.

Ganz oben thront Amazon . Das Unternehmen aus Seattle steht schon seit einigen Jahren auf dem Spitzenplatz und baut seinen Vorsprung weiter aus. Allein im vergangenen Jahr legten die ohnehin schon sehr hohen Forschungsausgaben von Amazon nochmals um 17 Prozent zu, wobei die Studienautoren darauf hinweisen, dass Amazon selbst keine exakten Angaben zum Posten „Ausgaben für Forschung und Entwicklung“ macht und sie daher als Näherungswert die Ausgaben für „technology and content“ verwendet haben, die etwas höher ausfallen könnten als die tatsächlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung.

Auf den Rängen zwei und drei folgen die Google-Mutter Alphabet und der Facebook-Konzern Meta und zementieren damit die Dominanz der amerikanischen Tech-Giganten. Besonders stark zugelegt haben im vergangenen Jahr die Forschungsausgaben des amerikanischen Pharmaherstellers Merck , der sein Budget mehr als verdoppelt hat. Aus Europa haben es lediglich zwei Unternehmen in die Top Ten geschafft: Volkswagen auf Platz acht und der Schweizer Pharmariese Roche auf Platz zehn.

Amerika baut Vorsprung aus

Die Spitzenstellung der Amerikaner in der unternehmenseigenen Forschung zeigt sich auch darin, dass von den 500 Unternehmen mit den höchsten Forschungsbudgets 169 ihren Firmensitz in den Vereinigten Staaten haben, vor fünf Jahren waren es erst 140. „US-Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihren Vorsprung bei den Forschungsausgaben weiter ausgebaut“, sagt EY-Deutschland-Chef Henrik Ahlers. Die Schere zwischen den USA und Europa und Asien drohe damit weiter auseinanderzugehen. Die Zahl der europäischen Unternehmen in der Rangliste sank in den vergangenen fünf Jahren leicht von 142 auf 139, die Zahl der asiatischen Unternehmen in der Liste fiel von 213 auf 180.

Aus Deutschland haben es insgesamt 31 Unternehmen in die globale Rangliste der 500 forschungsstärksten Unternehmen geschafft. Volkswagen war vor einem Jahrzehnt noch Forschungsweltmeister, musste den Spitzenplatz als forschungsstärkstes Unternehmen der Welt aber schon vor vielen Jahren an Amazon abgeben. 2023 haben die Wolfsburger ihr Forschungsbudget um zehn Prozent auf 15,8 Milliarden Euro aufgestockt und landeten damit auf Rang acht.

Tatsächlich haben zwar auch viele andere deutschen Unternehmen ihre Forschungsbudgets im vergangenen Jahr wieder aufgestockt, aber eben nicht so schnell wie die Amerikaner. So steigerten die deutschen Unternehmen in der 500er Rangliste ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung im vergangenen Jahr um sechs Prozent – damit lag der Zuwachs aber nicht einmal halb so hoch wie bei den amerikanischen Unternehmen.

Deutsche Autohersteller haben hohe Forschungsbudgets

In der deutschen Top 10 steigerten sieben von zehn Konzernen ihre Ausgaben – nur die Chemieunternehmen Bayer und BASF , sowie der Darmstädter Pharmakonzern Merck fuhren die Ausgaben teils deutlich zurück. Die höchsten Budgets haben hierzulande traditionell die Autohersteller Volkswagen, BMW , Mercedes und Porsche . Überhaupt zeigt sich die Innovationsfreude Europas laut der Studie vor allem in der Automobilindustrie. So investierten die europäischen Automobilunternehmen einen höheren Anteil ihres Umsatzes in Forschung (6,1 Prozent) als die Automobilunternehmen in Asien (5,0) und Nordamerika (3,9).

Angesichts der flauen Konjunktur suchen derzeit freilich viele Unternehmen nach Wegen, ihre Kosten zu senken. „Die Mehrheit widersteht aber der Verlockung, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kürzen“, sagt Henrik Ahlers: „Die Kostensenkungsprogramme, die wir aktuell bei vielen führenden Unternehmen beobachten, betreffen zumeist Abläufe in Verwaltung und Produktion – selten den Bereich Forschung und Entwicklung.“