Kolumne Hütten und Paläste :
Was für ein Zauntheater

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Letzte Hoffnung: Jägerzaun
Die Verzwingerung schreitet voran: Allerorten sprießen Metallzäune aus den Gärten. Gefüllt mit Schotter oder dekoriert mit Plastikfolien wird’s auch nicht besser. Geht das nicht anders?

Der erste Hieb ist schwer, doch schon mit dem zweiten ist die Sache geritzt. Wo Bagger auf Buchenhecke drischt, geht es nie mit fairen Mitteln zu, gegen diese Schaufel ist kein Grün gewachsen. Vor den Augen der Nachbarn löst sich die über 25 Jahre gezüchtete Grundstücksgrenze in Kleinholz auf. Es ist ein Trauerspiel im Dorfidyll.

Besonders, da den Beteiligten – Nachbar A und Nachbar H – das ökologisch wie ästhetisch fragwürdige Projekt nichts als Freude bereitet. Das Gebagger ist keineswegs das Ergebnis eines Zanks zwischen ihnen. So etwas entlädt sich ja tatsächlich gern an Zäunen, Hecken, Gartenzwergen auf Grundstücksgrenzen. Sondern eine ge­meinsam geplante und vermeintlich not­wendige Aktion. Die Hecke macht zu viel Arbeit, immerzu muss man sie stutzen, sagt Nachbar A. Da hat doch kein Mensch Lust zu, pflichtet Nachbar H bei. Und das Geld des Gärtners ist dieses lebende Trumm schon gar nicht wert!

Nun könnte man still ein Tränchen verdrücken, hoffen, dass Tiere, die dort Un­terschlupf fanden, kein Heimweh bekommen, schließlich mit den Schultern zucken und sich darauf besinnen, dass ei­nen die Hecken der anderen nichts angehen. Nachbar A aber macht’s einem wirklich nicht leicht. Denn obwohl sich die Männer zu beiden Seiten des Gehölzes prächtig verstehen, soll ihre Freundschaft nicht grenzenlos sein. Ersatz soll her. Heißer Kandidat: Eine Doppelstabmatte. Auf der Habenseite dieses hohen Metallzauns steht „günstig“ und „wahrscheinlich pflegeleicht“. Dass das offenbar ausreicht, um landauf und landab Wohngebiete zu zergliedern, ist der zweite Akt und Aufreger in diesem Zauntheater.

Der Doppelstabmatte, die nebenbei auch eine semantische Geschmacklosigkeit ist, ausweichen zu wollen ist fast unmöglich. Sie ist ja so erfolgreich, wie sie hässlich ist. Doppelwandig, gefüllt mit Schotter, wird es nicht besser. Auch nicht, wenn Baumärkte sie dann als Gabionen (klingt irgendwie edel) verkaufen können. Definitiv schlimmer wird es aber, wenn in die Stäbchen noch bedruckte Plastikbahnen zum Sichtschutz gefriemelt werden. Unifarben oder in Steinoptik gibt es die. Bald auch mit Buchenheckendruck?

Wer wünscht sich da nicht plötzlich den Jägerzaun zurück? Mal ehrlich: Selbst all jene, die ihn bisher als Symbol von deutschem Provinzialismus und Spießigkeit schmähen, müssen einsehen, dass er richtig stilsicher aussieht, verglichen mit diesem Zaun, der jeden Garten zum Hundezwinger degradiert. Für die Buchenhecke kommt Hilfe zu spät, ihr Schicksal führt ohne Umwege in den Kamin von Nachbar A. Also, lieber Jägerzaun, schmeiß dich doch noch mal in Schale. Wir hoffen auf dich.