Frotzelnde Menschenaffen :
Fast schon ein Naturgesetz: Was sich liebt, das neckt sich

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Beim Gorilla wie beim Menschen: Spielerisches Hänseln auch der Großen muss schonmal erlaubt sein.
Ein Sprichwort, das der Liebe fast immer hilft, wenn es Zoff gibt: Was sich liebt, das neckt sich. Eine Studie mit den Großen Menschenaffen zeigt jetzt: Schon unsere Primatenvorfahren waren wohl Meister des Neckens und Frotzelns.

Die Karnevalisten- und Fastelovend-Session ist vorbei, der Humor besser nicht. Es ist Valentinstag. Dass Humor die Liebe tatsächlich oft zusammenhält, drückt sich nicht nur im Sprichwort „Was sich liebt, das neckt sich“ aus. Der überraschende Witz und ja, auch das spielerische Hänseln, sind für ihre heilsamen sozialen Funktionen kulturübergreifend bekannt. Deshalb darf, ohne dass sich die Karnevalisten auf den Schlips getreten fühlen müssen und ohne Scherz, gefragt werden: Haben Affen Humor? Klar, und wie, lautet die Antwort.

Mehr noch: Das neckische Spiel und das spielerische Provozieren haben sie quasi im Blut, jedenfalls trifft das auf unsere nächsten Verwandten zu, die vier Großen Menschenaffen, die das stark Menschelnde praktischerweise schon in ihrem Namen tragen. Isabelle Laumer, eine Verhaltensbiologin des Konstanzer Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie mit österreichischen Wurzeln, hat zusammen mit drei US-amerikanischen Verhaltens- und Kognitionsforschern mehr als 75 Stunden Videomaterial aus den Zoos in San Diego und Leipzig zusammengetragen und auf neckische Gesten hin untersucht. Die Wissenschaftler mussten nicht lange suchen. Ihre Beobachtungen haben sie in den „Proceedings of the Royal Society B“ dokumentiert.

Die Menschenaffen präsentierten sich als geradezu ausgebuffte Scherzbolde. Das trifft auf Schimpansen, Gorillas und Bonobos, die afrikanischen Vertreter, genauso zu wie auf den „Waldmenschen“ aus Südostasien, den Orang-Utan. Nicht weniger als achtzehn unterschiedliche Verhaltensweisen wurden von den Verhaltensforschern als spielerisches Necken eines Gegenübers gedeutet: Immer war es einseitig, und immer ging es darum, beim anderen eine Reaktion zu provozieren: durch Sticheln, Schubsen, Haareziehen, Schunkeln, Tauziehen, durch Herumfuchteln mit Gegenständen vor den Augen oder einfach durch das Verbergen des Gesichts und manchmal auch dadurch, dass ohne Anstandsabstand mit dem Hintern auf den Boden geklatscht wurde. Alles ist möglich, was die Aufmerksamkeit des Gegenübers erregt – das meistens allerdings eher ratlos oder allenfalls innerlich amüsiert das Treiben verfolgt.

Neckereien kommt ohne Sprache aus

In der Regel finden die Hänseleien in ausgesprochen entspannter Atmosphäre statt. Die Scherzbolde sind oft hartnäckig, kippeln und frotzeln ohne Unterlass und wollen ihr provokantes Schauspiel offensichtlich auch nicht als Aufforderung zum Spielen betrachten. Jedenfalls haben sie nicht die für Menschenaffen – wie für Menschenkinder – üblichen lächelnden Spielgesichter aufgesetzt.

Dass die Neckereien ganz ohne Sprache oder überhaupt auch ohne Laute auskommen, überrascht die Wissenschaftler nicht. Menschenbabys können andere hänseln – auch die Eltern selbstverständlich –, noch ehe sie das erste Wort gesprochen oder den ersten Schritt getan haben, nachweislich sogar schon in den ersten achten Monaten ihres Lebens.

Bleibt die Frage: Kann man solcherart Scherzen und Frotzeln mit Gesten tatsächlich als Humor gelten lassen, wie das die Verhaltensforscher getan haben? Für die steht nach den humoristischen Einlassungen der Menschenaffen fest: Spielerisches Necken – auch ohne Worte – ist ein Vorläufer des Scherzens. „Scherzen erfordert soziale Intelligenz, die Fähigkeit, zukünftige Handlungen vorherzusehen, und die Fähigkeit, die Verletzung der Erwartungen anderer zu erkennen und zu würdigen.“

So gesehen sind Humoristen und Witzereißer also gewissermaßen die evolutionären Nachfahren eines durch und durch zum Piesacken aufgelegtes Primatenvolkes. Mindestens 13 Millionen Jahre dürften demnach die Wurzeln dieses Ur-Humors zurückreichen. Das ist in etwa die Zeit, in der die gemeinsame Vorfahren aller Menschenaffen – auch des Menschen – in Afrika gelebt haben. Vielleicht aber, und auch das geben Laumer und ihre Forscherkollegen zu bedenken, ist die Begabung zum Ironisieren und zum neckischen Provozieren ja noch viel älter. Um das herauszufinden, müsste man die Witztalente in anderen Tiergruppen noch genauer studieren und nach Parallelen suchen.