Gefährliches Virus :
Vogelgrippe jetzt auch in der Antarktis

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Skuas rauben in Pinguinkolonien Eier und Küken.
H5N1 ist nun auch auf dem Kontinent der Pinguine angekommen. Für die Kolonien bedeutet das nichts Gutes.

Es war lange Zeit befürchtet worden, nun ist es Realität geworden: Das Vogelgrippevirus H5N1 ist in der Antarktis angekommen. Die Untersuchung zweier Raubmöwen (Skuas), die in der Nähe einer argentinischen Forschungsstation Primavera in der Cierva-Bucht im Norden der antarktischen Halbinsel gefunden worden waren, hat eine Infektion eindeutig bestätigt. Das teilten Wissenschaftler des Zentrums für Molekularbiologie Severo Ochoa des Spanischen Nationalen Forschungsrats (CSIC) mit, wie es in einer Regierungsmitteilung heißt. PCR- und Protein-Analysen hätten das Influenzavirus eindeutig nachgewiesen. Bis auf Neuseeland und einigen Inseln im Pazifik wurde das Virus somit in jeder Weltregion nachgewiesen.

Zuletzt war es auf den zu Großbritannien gehörenden Falklandinseln im Süden des Atlantiks gefunden worden, Verdachtsfälle waren von den der Antarktischen Halbinsel direkt vorgelagerten Inseln gemeldet worden. Auch dort waren Skuas aufgefallen, die krank wirkten. Auf dem Festland der Antarktis waren bisher noch keine Fälle bestätigt worden.

Dass ausgerechnet diese Raubmöwen für H5N1 empfänglich sind, ist für Wissenschaftler eine schlechte Nachricht. Denn Skuas nisten meist in der Nähe von Albatros- oder Pinguinkolonien, weil sie deren Eier und Küken stehlen. Die Gefahr, dass das Virus über die Skuas in Kolonien eingetragen wird, ist somit hoch. In den Kolonien nisten Vögel so dicht gedrängt, dass eine Ausbreitung eines Erregers hier nicht verhindert werden kann.

Hygieneregeln verschärft

Für die Pinguinkolonien der Antarktis bedeutet der Nachweis des hochansteckenden und für viele Vogelarten sehr gefährlichen Virus also nichts Gutes. Die flugunfähigen Vögel sind aufgrund des durch den Klimawandel schmelzenden Eises ohnehin bedroht. In den vergangenen Jahren sind wegen mangelnden Eises manche Kolonien drastisch geschrumpft. Kommt nun mit dem Grippevirus eine weitere Bedrohung hinzu, dürfte die Anzahl der Pinguine weiter schrumpfen.

Wegen der Gefahr, dass das H5N1-Virus durch Menschen in die Antarktis eingeschleppt werden könnte, hatte die IAATO, der Verbund der Antarktis-Touren-Anbieter, bereits die Biosicherheitsmaßnahmen an Bord von Kreuzfahrtschiffen und auch für Wissenschaftler und andere Besucher der Antarktis verschärft. Jeder, der in dem sensiblen Ökosystem an Land geht, muss beispielsweise die Schuhe säubern und desinfizieren, um kein Biomaterial von einem Ort zum nächsten zu tragen.

Aber nicht nur Menschen, sondern auch Wildtiere wie die Skuas, Seeelefanten oder Robben können sich infizieren und das Virus verbreiten. Dass sie für den Erreger empfänglich sind, hatten zuletzt Funde von der Küste Patagoniens gezeigt. Dort waren Hunderte Seeelefanten nach einer Infektion verendet.

Wissenschaftler in Neuseeland sind nach dem Nachweis des Virus in der Antarktis beunruhigt. „Die Entdeckung von Vögeln, die sich mit dem hochpathogenen Vogelgrippevirus infiziert haben und nun auf dem antarktischen Festland befinden, ist alarmierend, aber angesichts der weltweiten geographischen Ausbreitung des Virus nicht allzu überraschend“, sagt Jemma Geoghegan von der Universität von Otago. Der Befund zeige, dass H5N1 sich über weite Entfernungen, sogar bis nach Neuseeland verbreiten könne. „Eine genaue Überwachung des Virus ist notwendig.“ Die Überwachung auf den subantarktischen Inseln Neuseelands sei nun entscheidend für seine frühzeitige Entdeckung.

Nigel French von der Massey-Universität ist noch optimistisch. Das Virus dehne zwar sowohl sein Wirtsspektrum als auch sein geographisches Verbreitungsgebiet aus. Dies sei besorgniserregend, doch sei das Risiko derzeit noch sehr gering, da Neuseeland relativ isoliert sei und bestimmte Risikofaktoren, wie das Vorhandensein von wandernden Wasservögeln, fehlten. Er hofft, dass die genaue Beobachtung und Früherkennung im Zusammenspiel mit Impfungen gefährdeter Wildtiere dazu beitragen könnten, die Gefahr für die neuseeländischen Wildvögel zu verringern.

Bislang wurden Ansteckungen bei Menschen nur sporadisch beobachtet, in den meisten Fällen verliefen die Infektionen leicht. Es sind bislang nur drei Todesfälle bekannt geworden, in allen Fällen hatten die Personen nahen Kontakt zu infiziertem Geflügel. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind bislang nicht beobachtet worden. Das Europäische Zentrum für Seuchenkontrolle (ECDC) stuft das Risiko für Menschen entsprechend als gering ein. Geflügelhalter und andere Menschen, die in Tierheimen mit infizierten Tieren wie etwa Katzen in engen Kontakt geraten, werden aber zu verstärkter Hygiene und Aufmerksamkeit aufgerufen.