2:1 gegen Niederlande :
Rasante Entwicklung beim DFB-Team

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Großer Jubel: Maximilian Mittelstädt (links) und Joshua Kimmich freuen sich über das 1:1.
Schlechte Stimmung rund um die Nationalmannschaft? Das scheint lange her – nach dem 2:1 gegen die Niederlande und dem zweiten Sieg in vier Tagen könnte die EM sofort beginnen.

In der siebten Sekunde dieses Spiels lauerte Florian Wirtz schon wieder da, wo die Fans der deutschen Fußballnationalmannschaft ihn zu diesem Zeitpunkt sicher lauern sehen wollten: in der Hälfte des Gegners. Und womöglich hätte der pfiffige Wirtz den Ball in dieser siebten Sekunde dann auch schon wieder auf das Tor des Gegners geschossen, wenn es da nicht ein Problem gegeben hätte: Er selbst war in der Hälfte des Gegners – nur der Ball war es nicht.

Es war eine Erwartung entstanden, als feststand, dass die Deutschen auch in Frankfurt den ersten Anstoß des Spiels ausführen würden dürfen. Und als Kai Havertz den Ball dann auf Toni Kroos passte, konnte man an den Samstagabend in Lyon denken, an dem Kroos den Ball auf Wirtz gepasst und der den Ball ins Tor geschossen hatte. Doch dieses Mal spielte Kroos nicht steil zu Wirtz, sondern quer zu Robert Andrich. Und als der weiter zu Joshua Kimmich spielte, waren schon sieben Sekunden vorbei.

Doch in der vierten Minute lag der Ball dann da, wo die Fans der deutschen Nationalmannschaft ihn sicher liegen sehen wollten: im Tor. Nur war dann da schon das nächste Problem: Er lag nicht im Tor der Niederländer. Als Joey Veerman und die anderen Spieler der niederländischen Mannschaft sich dann über dieses 1:0 freuten, durfte und musste man aus deutscher Sicht sehr früh in diesem Spiel fragen: Dieser sehenswerte 2:0-Sieg in Frankreich, der war doch nicht etwa nur eine große Illusion gewesen, oder?

Keine Illusion

Nein, das konnte man schon kurz danach sagen, das war er nicht. Dafür schossen die Deutschen zu schnell das 1:1. Dafür spielten sie danach auch immer wieder zu ballsicher, zu leichtfüßig (auch wenn Jamal Musiala, der wohl leichtfüßigste Deutsche, merkwürdigerweise auf dem allerdings schlechten Rasen immer wieder ausrutschte).

Und als der Ball in der 85. Minute nach einem Eckball von der Schulter des eingewechselten Niclas Füllkrugs – wie die Torlinientechnik bestätigte – ein paar Millimeter über die Torlinie flog, ehe der starke niederländische Torhüter Bart Verbruggen ihn rauswischte, und Deutschland damit 2:1 siegte, durfte man mit Blick auf die EM noch ein bisschen sicherer sagen: Nein, das war wohl wirklich keine Illusion.

Im Stadion in Frankfurt schickte der Bundestrainer Julian Nagelsmann die Spieler aufs Feld, die schon am Samstag in Frankreich anfangen durften – und die mit Ausnahme des Torhüters Marc-André ter Stegen zuversichtlich sein dürfen, dass sie 80 Tage später auch in München anfangen werden, wenn dort die EM eröffnet wird. Und wahrscheinlich war das auch die Erkenntnis dieser Länderspiele: Es gibt zehn Feldspieler, die fürs Erste gesetzt sind. Und das ist eine Erkenntnis, die man mit Blick auf den alten Bundestrainer Hansi Flick und seiner nie endenden Suche nach einer funktionierenden Startelf nicht unterschätzen sollte.

In den ersten Minuten des Spiels stand ein Mann im Mittelpunkt, mit dem vor wenigen Wochen noch keiner in dieser Startelf gerechnet hätte: Maximilian Mittelstädt vom VfB Stuttgart. In der vierten Minute spielte der Außenverteidiger den Ball so unpräzise, dass dieser den Innenverteidiger Jonathan Tah nicht sicher erreichen konnte.

Kroos macht das Spiel schnell

Als er den Fehlpass sah, startete Memphis Depay, der schnelle Stürmer aus den Niederlanden, einen Überfall: Er entführte den Ball, in den Strafraum der Deutschen, wo er ihn an Joey Veerman passte, der ihn mit der Innenseite ins Tor schoss. Doch an Mittelstädt konnte man danach sehen, dass diese deutsche Mannschaft anders als in den vergangenen Monaten das Selbstbewusstsein hat, dass sie auch so einen Fehler verkraften kann: Als der Ball nämlich in der elften Minute an der Strafraumgrenze vor seine Füße rollte, zögerte er nicht, sondern schoss: Der Ball flog an die Unterkante der Latte – und ins Tor.

Und was machte der Deutsche, der am Samstag im Mittelpunkt stand? Was machte Toni Kroos? Er musste sich mit einem Manndecker auseinandersetzen. Der Nationaltrainer der Niederlande, Ronald Koeman, hätte nämlich Tijjani Reijnders auf ihn angesetzt. Doch das hinderte Kroos nicht daran, das Spiel immer wieder mit präzisen Pässen schnell zu machen. Und man sah in diesen Momenten, warum er kann, was sonst keiner im deutschen Team kann: Er spielte den Ball in Lücken, in die man nur spielen kann, wenn Tempo und Präzision nahe der Perfektion sind.

In die zweite Halbzeit starteten die Niederländer besser. Erst schoss Reijnders über das Tor (57. Minute), dann Depay (61.). Man merkte in dieser Phase, dass sie mit mehr Intensität spielten als die Franzosen am Samstag. Doch dann wechselte Nagelsmann und seine Mannschaft eroberte die Intensitätshoheit zurück.

In der 59. Minute schickte der Bundestrainer Pascal Groß und Chris Führich aufs Feld, in der 73. Minute Thomas Müller und Niclas Füllkrug. Es war Müller, der in der 83. Minute fast das 2:1 geschossen hätte, doch Bart Verbruggen hielt seinen festen Schuss. Und es war dann Füllkrug, der in der 85. Minute den Ball nach einem Eckstoß mit etwas Glück ins Tor brachte. Den Eckstoß schoss: Toni Kroos.