Der Wandertipp :
Mitten durch die Wand

Von Thomas Klein, Weilrod
Lesezeit: 5 Min.
Burgen muss man suchen im Taunus. Zu den wenigen erhaltenen, respektive wieder aufgebauten gehört die Anlage in Altweilnau. Der 18 Meter hohe Turm der dreiseitigen Feste aus dem frühen 13. Jahrhundert kann über enge Stufen bestiegen werden und gibt den Blick frei auf das Schloss von Neuweilnau. Die Herrschaftssitze gehen auf zwei Linien der Grafen von Diez(-Weilnau) zurück.
Viele Burgen gibt es nicht im Hintertaunus. Von den wenigen ist die Altweilnauer Burg nach Lage und Begehbarkeit eine der eindrucksvollsten. Ihrem Baumaterial, Bruchsteinen, begegnet man in natura in einem Felsgebiet hoch über der Weil.

Burgen muss man suchen im Taunus. Vor allem jenseits des Hauptkamms sind sie eine rare Spezies. Zu größeren Terri­torien kam es dort nie, lediglich einigen Regionalgeschlechtern wie den Reifenbergern oder den Grafen von Diez(-Weilnau) gelang es, kleinere Sprengel zu halten. Ursprünglich von der Lahn stammend, suchten sie mit einer Burg im Weiltal eine Art Verbindungsposten zwischen dem Hauptort Diez und ihren Besitzungen in der Wetterau herzustellen, woraus seit dem frühen 13. Jahrhundert die lokale Herrschaft hervorging.

Ihr verdankt sich eine der Burgen, die wenigstens rudimentär bewahrt blieb oder doch so viel, dass man an den partiellen Wiederaufbau denken konnte. Anders als bei der Oberreifenberger Burgruine, wo von Bürgern der Anstoß zur Sanierung ausging, waren die Bedingungen in Altweilnau günstiger, da der Hausherr, die Verwaltung der hessischen Schlösser und Gärten, mehr Mittel und Möglichkeiten hatte, in den Achtzigerjahren die Restaurierung zu beginnen.

Seither kann der 18 Meter hohe Rundturm bestiegen werden, wobei man sich ein Stück mitten durch die zwei Meter starke Außenwand zwängt. Der Blick reicht vom mächtigen Pferdskopf-Bergrücken zum Neuweilnauer Schloss gegenüber. Auch dessen Entstehung geht auf die Diezer Grafen zurück, nachdem die Erbauseinandersetzung von zwei Weilnauer Linien erst durch den 1302 geschlossenen Vertrag zur Errichtung einer Feste jenseits der Weil – Novus Wilenowe – ein Ende fand.

Obgleich fast in Pfeilschussnähe, nahmen die Besitztümer sehr unterschied­liche Entwicklungen. Dabei tat es der Neugründung sichtlich besser, seit dem baldigen Übergang an die Grafen von Nassau-Weilburg 1326 in einer Familie verblieben zu sein. Selbst der Ausbau zum Renaissanceschloss wurde dem engen Hanggelände abgerungen. Seit 1816 dient es als Forstamt. Die ursprüngliche Burg kam später zwar auch in die Hände einer Nassauer Linie, verfiel aber vom frühen 17. Jahrhundert an.

Die gemeinsame Sorge aller Bewohner wird der Wasserknappheit gegolten haben. Der vorherrschende Untergrund, hier blättriger Bruchstein, hält schlecht Feuchtigkeit. Deshalb sind stehende Gewässer im Taunus noch seltener als Burgen. Und die wenigen sind klein und künstlich angelegt wie der sogenannte Meerpfuhl nahe Merzhausen. Ursprünglich im 16. Jahrhundert zur Regulierung der Landsteiner Mühle im Weiltal aufgestaut, bildet er heute ein Refugium entsprechender Flora und Fauna, darunter ausgedehnte Zonen an Sumpfschwert­lilien. Als sollten sie geschützt werden, hegt ein Kranz prachtvoller Eichen das Gewässer ein. Die größte, vermutlich über 300 Jahre alte ist als Naturdenkmal ausgewiesen.

Wegbeschreibung

Die flächenhafte Gemarkung von Weilrod kennzeichnet eine abwechslungsreiche Mischung aus Feld, Forst und Felsen, besonders imponierend im Tal der Weil, deren „Sägearbeit“ die topographischen Voraussetzungen für Burgen schuf. Der Platz war knapp genug, und noch heute sind die Verhältnisse beengt. Am besten bleibt das Auto auf der Stellfläche im oberen Teil an der Merzhäuser Straße, und man läuft zurück. Dort ist auch die Bushaltestelle.

Still ruht der Meerpfuhl. Der Mensch ist nurmehr Gast an dem eineinhalb Hektar großen Weiher bei Merzhausen. Ursprünglich im 16. Jahrhundert zur Regulierung der Landsteiner Mühle im Weiltal aufgestaut, später Fischteich, bildet er jetzt ein Naturrefugium entsprechender Flora und Fauna, darunter Sumpfschwertlilien. Als sollten sie geschützt werden, hegt ein Kranz prachtvoller Eichen das Gewässer ein. Die größte, vermutlich über 300 Jahre alte ist als Naturdenkmal ausgewiesen.
Still ruht der Meerpfuhl. Der Mensch ist nurmehr Gast an dem eineinhalb Hektar großen Weiher bei Merzhausen. Ursprünglich im 16. Jahrhundert zur Regulierung der Landsteiner Mühle im Weiltal aufgestaut, später Fischteich, bildet er jetzt ein Naturrefugium entsprechender Flora und Fauna, darunter Sumpfschwertlilien. Als sollten sie geschützt werden, hegt ein Kranz prachtvoller Eichen das Gewässer ein. Die größte, vermutlich über 300 Jahre alte ist als Naturdenkmal ausgewiesen.Thomas Klein

Wahlweise lässt sich jetzt oder gegen Ende der Abstecher zur Burgruine machen. Weiter geht es neben der Weilnauer Straße zum unteren Ortsausgang und links in die Straße Königsholz; gleich vorn gibt es einige Parkplätze. Fortan übernehmen das Zeichen schwarzer Hirschkäfer und der Schinder­hannessteig die Führung; an der nahen Gabelung weisen sie rechts ab und in hohen Buchenwald hinein.

Lange dauert es nicht, und erste Brocken der „Bastei“ künden eine großartige Felslandschaft an. Was Bäume aus Sicht des Weiltals verbergen, entpuppt sich als ausgedehnte Gesteinsfelder, die mit ihren Moosüberzug an japanische Gärten erinnern. Sie werden nur kaum so steil und schroff sein wie im Gebiet der „100 Stufen“ oder der „Albertsruh“.

Zwei zufällig gleichnamige Albert Löws hatten seit den Dreißigerjahren mühevoll eine Gesteinstreppe in die Wand geschlagen, um einen freien Blick auf Neu- und Altweilnau zu ermöglichen. Vom „Felsentor“ führen einige Absätze zur später entstandenen Schutzhütte nach oben. So man hier nicht wieder absteigt, lohnt es, noch etwas höher zu kraxeln bis zu einer Bank, auf der eine lebensgroße Holzfigur Platz genommen hat. Mit ihr blickt man zur Kirchenruine an der Landsteiner Mühle im Weiltal. Zwischen fast senkrecht aufgestellten Platten kommt man auch von dieser Seite zurück.

Ein großes Felsareal erstreckt sich nahe Altweilnau hoch über dem Weiltal. Früher fast unzugänglich, wurde in den dreißiger Jahren ein „100-Stufenweg“ in das über 300 Millionen Jahre alte Gestein geschlagen. Heute führt ein bequemer Fußweg hindurch.
Ein großes Felsareal erstreckt sich nahe Altweilnau hoch über dem Weiltal. Früher fast unzugänglich, wurde in den dreißiger Jahren ein „100-Stufenweg“ in das über 300 Millionen Jahre alte Gestein geschlagen. Heute führt ein bequemer Fußweg hindurch.Thomas Klein

Das Ganze versteht sich optional. Der ebene Wanderpfad umgeht die Felsnase. Man bleibt weiterhin „oben“, wenn kurz darauf der Schinderhannessteig ins Tal entschwindet. Der „Käfer“ fehlt dort, ersatzweise tritt der zum fünfzigjährigen Bestehen des Hochtaunuskreises 2022 an­gelegte „Jubiläumsweg“ hinzu. Bald sind beide vereint und führen – nach Holzarbeiten über teils unruhiges Geläuf – zum eineinhalb Hektar großen Meerpfuhl. Der grabenartige Einschnitt des Abflusses ist noch erkennbar.

Nun ohne Markierung, gibt die Bundesstraße 275 das Signal, an ihr links etwa 100 Meter entlangzulaufen, ehe rechts der erste Feldweg gewählt wird. Am nächsten – begrasten – geht es nach 300 Metern links und am Ende rechts knapp hinan zu dem regulären Wirtschaftsweg gen Merzhausen. In der Mitte überraschen eine wuchtige Barockkirche und das frühere Rathaus aus dem 16. Jahrhundert in rotbraunem Fachwerkkleid.
Neben der Weilstraße (B 275) geht man nach links zum Ortsrand und biegt rechts mit dem Zeichen blauer Strich in Richtung Altweilnau/Oberlauken ab. Ein Stück ist der Landstraße bis ausgangs der Linkskurve zu folgen, bevor sie rechts hinaus zurückbleibt.

Gut 300 Meter nach der nahen Linkskurve passiert man über einen holprigen Pfad ein Wäldchen, und bald geht es links, rechts durch die Senke des Reisterbachs. Damit wurde ein asphaltierter Feldweg erreicht, der genau auf Oberlauken zielt. Kurz davor kreuzt man eine Landstraße. An ihr gelangt man direkt zur erhöhten Friedhofskapelle; oder dann von unten über einen vergrasten Weg. Das Gotteshaus rahmen mächtige Eichen und Linden. Letztere bilden ein Kuriosum. Nach Sturmschaden erwuchsen einem Stumpf drei neue Bäume. Jeder selbst mittlerweile von stattlichem Umfang.

Es geht durch den Ort, in dem etwas die Zeit stehen geblieben scheint. Offene Gefache halb verfallener Gebäude wechseln mit restaurierten Bauten wie dem früheren Backhaus ab. Daran und am erneuerten Brunnen vorbei, verlässt man leicht aufwärts die Bebauung. Das an der Kapelle hinzugekommene Zeichen schwarzer Winkel löst sich oben im Wald vom Strich und übernimmt den Rest des Weges. Eine Zeit lang vor dem Forst und später nach Links-rechts-Abzweigen zwischen Obstbäumen geht es leicht fallend weiter.

Das Schloss von Neuweilnau signalisiert die Nähe seines Pendants Altweilnau. Die Häuser in Außenlage sprechen eher für ein ganz neues Weilnau. Die geräumigen Ei­genheime stehen erst nach dem Linksknick in die Erbismühler Straße zurück. Wie anders die Enge auf der Höhe, wo sich noch Platz für eine Ortsbefestigung mit wenigstens sieben Türmen fand. Durch den jüngst sanierten Torturm findet man im Halbbogen zum frei zugänglichen Burg­areal.

Sehenswert

Unter den wenigen Burgen im Hintertaunus ragt die Anlage von Altweilnau nicht nur im übertragenen Sinn heraus. Ihr 18 Meter hoher Bergfried erhebt sich einem Leuchtturm gleich über dem Weiltal. Dieser und die dreiseitigen Außenmauern wurden in den Achtzigerjahren wiederhergestellt und besteigbar gemacht.

Baubeginn erfolgte durch die Grafen von Diez-Weilnau im frühen 13. Jahrhundert. Später von wechselnden Besitzverhältnissen geprägt, verfiel das Gemäuer von 1600 an. Auf knappstem Raum entstand zudem eine Ortsbefestigung mit sieben Türmen. Hiervon steht noch der mit hohem Walmdach versehene Torturm (1340). Erhalten blieben auch das frühere Rathaus samt Back­stube aus dem 18. Jahrhundert sowie die Pfarrkirche in klassizistischer  Formgebung (1865).

Ein ähnliches Duo prägt Merzhausen. Sein einstiges Rathaus mit rotbraunem Fachwerk reicht ins Jahr 1530 zurück, während die gedrungen wirkende Pfarrkirche von 1767 stammt. Den außerhalb liegenden Weiher Meerpfuhl staute man im 16. Jahrhundert zur Regulierung der Weil für Mühlen. An der Friedhofskapelle von Oberlauken sind un­gewöhnlich große, teils mehr­stämmige Linden zu sehen.

Öffnungszeiten

Burg Altweilnau steht täglich von 10 bis 19 Uhr eintrittsfrei offen.

Anfahrt

Die Großgemeinde Weilrod liegt hinter dem Taunus-Hauptkamm,  je nach Anfahrt über Bad Homburg (B 456) und Neu-Anspach oder die Passstrecke Oberursel-Hohemark/Sandplacken über Schmitten und Hunoldstal; jeweils mit Anschluss an die B 275. Vom Bahnhof Bad Homburg (S 5) ist Altweilnau zweistündig mit ­Taunusbahn und Bus 62 (von Usingen) erreichbar (sonntags nur AST).