Supreme Court :
Richter skeptisch gegenüber Verbot von Abtreibungspille

Von Sofia Dreisbach, Washington
Lesezeit: 2 Min.
Abtreibungsgegner im April vor dem Obersten Gerichtshof in Washington
Abtreibungsgegner in den USA wollen auch den Zugang zu Pillen für den Schwangerschaftsabbruch einschränken. Die Richter des Obersten Gerichtshofes stellen jedoch ihre Argumente infrage.

Wenn der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten sich mit dem Thema Abtreibungen befasst, werden viele Amerikaner hellhörig. Knapp zwei Jahre ist es her, dass das Gericht mit seiner konservativen Mehrheit das grundsätzliche Recht auf Schwangerschaftsabbrüche aufhob. Und so erregte die Anhörung zu einem ähnlichen Thema am Dienstag besondere Aufmerksamkeit. In dem von Barrikaden geschützten Gericht in Washington hörten die neun Richter Argumente zur Abtreibungspille Mifepriston – in Deutschland unter dem Namen Mifegyne vertreiben –, genauer zu der Frage, wie einfach oder schwer zugänglich sie sein soll.

Die Entscheidung des Gerichts wird erst Ende Juni bekannt werden, doch die Anhörung am Dienstag ließ viele Abtreibungsbefürworter aufatmen. So wurde in der zwei Stunden langen Sitzung klar, dass die meisten Richter der Argumentation der Kläger ungeachtet ihrer politischen Neigung skeptisch gegenüberstehen.

Besonders scharf äußerte sich der konservative Richter Neil Gorsuch. Der Fall scheine ein „Paradebeispiel“ dafür zu sein, wie eine „kleine Klage“ zu einer landesweiten Sache gemacht werde. Ebenso wie mehrere andere Richter stellte Gorsuch in Frage, warum die Kläger sich nicht nur um Abhilfe für ihre eigene Situation bemühten.

Die linksliberale Richterin Ketanji Brown Jackson verwies in diesem Zusammenhang darauf, es gebe für diesen Fall schon eine Regelung. Demnach müssen Angestellte im Gesundheitswesen keine Leistungen vollbringen, die nicht mit ihrer religiösen oder moralischen Weltsicht vereinbar sind. Jackson äußerte, statt sich darauf zu berufen, wollten die Kläger jedoch für alle Patientinnen den Zugang zur Abtreibungspille einschränken.

Freigabe während der Pandemie

In Texas hatte im vergangenen März der von Trump nominierte Bezirksrichter Matthew Kacsmaryk, ein offener Abtreibungsgegner, zugunsten der Kläger entschieden, woraufhin das Medikament für kurze Zeit vom Markt genommen wurde. Die Abtreibungsgegner, unter ihnen Ärzte und christliche Gruppen, fordern, Mifepriston die Zulassung zu entziehen.

Sie behaupten, die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA habe bei der Zulassung vor mehr als zwanzig Jahren Nachweise für körperliche Schäden ignoriert. Amerikanische Ärzteverbände sind jedoch weithin der Meinung, dass das in vielen Studien untersuchte Mifepriston sicher ist. Nach einem Eilantrag der Biden-Regierung hatte der Oberste Gerichtshof die Blockade des Medikaments schließlich wieder aufgehoben.

Die finale Entscheidung der Richter wird unter anderem Auswirkungen darauf haben, ob das bei fast zwei Dritteln der amerikanischen Abtreibungen verwendete Medikament weiterhin per Telemedizin verschrieben und per Post verschickt werden darf. Seitdem 14 Bundesstaaten Abtreibungen verboten und sieben weitere sie eingeschränkt haben, sind medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche in den Vereinigten Staaten häufiger denn je.

Das Medikament wurde 2000 für einen Schwangerschaftsabbruch bis zur siebten Woche und 2016 bis zur zehnten Woche zugelassen, erst nur für den Gebrauch unter Aufsicht, während der Pandemie dann im Jahr 2021 auch für zu Hause nach Beratung per Telemedizin.