Streit im Europarat :
Deutliche Mehrheit für Beitritt des Kosovos

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Erfolg: Albin Kurti, der kosovarische Ministerpräsident, ist von seiner Außenpolitik überzeugt.
Die parlamentarische Versammlung des Europarats spricht sich für eine Aufnahme des Kosovos aus. Serbiens Regierung spricht von einer „Schande“.

Die parlamentarische Versammlung des Europarats hat sich mit großer Mehrheit für eine Aufnahme des Kosovos ausgesprochen. Nach einer gut dreistündigen Debatte mit mehr als 60 Redebeiträgen stimmten am Dienstagabend 131 Abgeordnete für und 29 gegen den Antrag des Kosovos auf Mitgliedschaft im Europarat. Elf Abgeordnete enthielten sich. Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme kann jedoch erst das Ministerkomitee des Europarats treffen.

Das aus den Außenministern der Mitgliedsländer bestehende Gremium kommt im Mai zu seiner jährlichen Sitzung zusammen. Anders als in der Europäischen Union oder den Vereinten Nationen gibt es im Europarat kein Vetorecht. Eine Mehrheit von zwei Dritteln im Ministerrat würde dem Kosovo für eine Aufnahme reichen. Sofern alle Mitgliedsländer, die das Kosovo als Staat anerkannt haben, für dessen Aufnahme stimmen, wäre diese Mehrheit gegeben.

Auffällig ist, dass das Kosovo auch aus Staaten, von denen es nicht anerkannt ist, zuletzt Unterstützung für den Wunsch nach Mitgliedschaft erhalten hat. Eine treibende Kraft der Debatte am Dienstag war die frühere griechische Außenministerin Dora Bakogiannis. Die Schwester von Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat sich als Kosovo-Berichterstatterin des Europarats in die Materie eingearbeitet und am Ende aufgrund jüngst erfolgter Fortschritte empfohlen, dem kosovarischen Beitrittsgesuch stattzugeben. Das ist bemerkenswert, da Griechenland neben Zypern, Spanien, Rumänien und der Slowakei zu den fünf EU-Staaten gehört, die die kosovarische Unabhängigkeitserklärung vom Februar 2008 nicht anerkannt haben.

Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die parlamentarische Versammlung kam im Zuge ihrer Debatte mit großer Mehrheit zu dem Schluss, dass eine Aufnahme des Kosovos in den Europarat die Menschenrechtslage in der Region nicht zuletzt durch den Umstand verbessern werde, dass dadurch alle kosovarischen Bürger Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg erhalten würden. Dies werde insbesondere der serbischen Minderheit im Kosovo zugutekommen, so die Erwartung.

Die Parlamentarier drückten zugleich die Erwartung aus, dass das Kosovo auch nach seiner Aufnahme in den Europarat weiter an den offenen Fragen des Minderheitenschutzes arbeiten werde, nicht zuletzt bei der Bildung eines Verbunds serbischer Enklaven und Gemeinden im Kosovo.

Ein Stimmungswandel zugunsten des Kosovos hatte sich angedeutet, nachdem die kosovarische Regierung vor einigen Wochen in einem seit Jahren währenden Streit um Landrechte für das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende serbische Kloster Visoki Dečani eingelenkt hatte. Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti hatte das zuständige Katasteramt angewiesen, 24 Hektar Wald und Ackerland, die dem Kloster laut einer Entscheidung des kosovarischen Verfassungsgerichts zustehen, offiziell zu überschreiben. Dies wurde von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats als „wichtiger Durchbruch“ gewürdigt.

Während die Entscheidung im Kosovo als historischer Erfolg gefeiert wurde, kam aus Serbien starke Kritik. Der Kosovo-Beauftragte der serbischen Regierung, Petar Petković, sprach laut serbischen Medienberichten vom Mittwoch von der „größten Schande in der Geschichte des Europarats.“ Das Kosovo sei kein Staat, sondern ein „separatistisches Regime“.

Kurti sah die Entscheidung dagegen als Bestätigung des außenpolitischen Kurses seines Landes und drückte die Erwartung aus, dass die europäischen Außenminister im Mai der Empfehlung ihrer Abgeordneten folgen werden. Seit 1951 hätten sich die Minister stets der Haltung der parlamentarischen Versammlung angeschlossen, so Kurti. „Wir glauben, dass die nächste Phase ebenfalls erfolgreich abgeschlossen werden wird“, sagte der kosovarische Regierungschef nach der Abstimmung in Straßburg.