Kolumne „Nine to five“ :
Pecunia non olet

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Weltkulturerbe Porta Nigra - deren Innenleben möchte unser autoritär auftretender Chef-Tourist am liebsten umsonst erkunden.
Geld stinkt nicht, ganz im Gegenteil, findet der ehrgeizige Trier-Tourist. Der Geschäftsmann feilscht um Eintrittsgelder, aus gutem Grund, wie er seinen Nachwuchs im Geburtshaus von Karl Marx aufklärt.

Der Zenturio im Glanze seiner Paraderüstung macht gewaltig etwas her. Optisch und rhetorisch. Er ist zu Recht, so wirft sich die Touristeninformation Triers stolz in die Brust, der „Publikumsliebling der Erlebnisführungen“. Dargestellt von einem professionellen Schauspieler, der eine zahlende Gruppe in die Geheimnisse der Porta Nigra einweiht. War jeden Cent wert, loben die Touristen und geizen nicht mit Trinkgeld.

Ein Familienvater hat diese Tour nicht gebucht, scheucht seine Kinder aber dennoch vor den Mann im Römergewand. Cheese! Antike, die nächste! Ein knappes Nicken Richtung Römer, dann dirigiert er seine Familie zur Kasse. Dort diskutiert er umständlich, wie die vier möglichst preisgünstig Zutritt erhalten. Sein Argument, Dom und Kreuzgang seien doch auch umsonst gewesen, verfängt nicht. Mürrisch berappt der Mann seine Münzen. An den Kaiserthermen taucht das hochpreisig gewandete Quartett wieder auf. Am Einlass diskutiert der Mann erneut energisch. Seinen Seniorenpass habe er nicht dabei, das sei doch kein Problem? Wie bitte? Ungläubig blickt die Dame an der Kasse hoch. Der sportliche Kerl ist doch höchstens Anfang 50. Seine Frau schaut weg, so als ginge es sie nichts an, dass ihr Mann den autoritären Chef rauskehrt.

Die Sehenswürdigkeiten von Deutschlands ältester Stadt sind fußläufig erreichbar, so trifft man sich als Tourist wieder. Jetzt: im Geburtshaus von Karl Marx. Der Eintritt ist fair, was den Mann dennoch feilschen und plumpe Scherze über kapitalistische Tickets reißen lässt. Vor dem Londoner Sessel des Klassenkämpfers erklärt er den Kindern: „Merkt euch das. Jeder Preis lässt sich drücken. So mache ich das auch mit meinen Zulieferern, die haben immer Spielraum!“ Befremdlich nicht nur für die zwei Studenten, die in einer asiatischen Sprache miteinander tuscheln und schnell Abstand zu der lauten Familie nehmen. Am Ende des Touri-Tages geht der Vierertrupp über den Parkplatz des Amphitheaters und steigt in einen Tesla, Model X. Altehrwürdig gegen neureich: Von nichts kommt nichts. Pecunia non olet. Salute!

In der Kolumne „Nine to five“ schreiben wöchentlich wechselnde Autoren mit einem Augenzwinkern über Kuriositäten im Arbeitsleben.