Streit in den USA :
Der Verkauf von Tiktok ist zwingend

Michael Hanfeld
Ein Kommentar von Michael Hanfeld
Lesezeit: 2 Min.
Bald Tiktok-Eigner in den Vereinigten Staaten? Steven Mnuchin, ehemaliger Finanzminister der USA
China ist entsetzt, doch dass der Investor Steven Mnuchin Tiktok kaufen will, ist eine gute Nachricht. Der Videodienst ist nämlich nur vordergründig ein nettes Unterhaltungsportal.

„Make your day“, sagt uns Tiktok und verspricht: „Hier beginnen Trends.“ Schon geht es los mit den Belanglosigkeiten von Selbstdarstellern, die keine 15 Minuten brauchen, um Ruhm zu erlangen, im Zweifel reichen 30 Sekunden. Hüpfen, singen, springen, ein Schaulaufen der Eiertänzer.

Als erfolgreicher Tiktoker kann man – angeblich – leicht Geld verdienen. Doch möchten wir in Anlehnung an Karl Lagerfeld sagen: Wer damit seinen Tag verbringt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Tiktok ist ein Candy Crush, ein Suchtmittel vor allem für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch ein Propagandawerkzeug, an dem Terroristen, Extremisten, Rassisten und – vor allem – Antisemiten Gefallen finden. Hier ist die AfD ganz groß und sammelt junge Wähler ein, weshalb die demokratischen Parteien sich jetzt auch aufschalten, um der Rechtsaußenpartei nicht das Feld zu überlassen. Sogar Karl Lauterbach ist jetzt bei Tiktok.

Die Chinesen schmeißen die Party

Das Dumme ist nur: Die Party schmeißen die Chinesen. Genauer gesagt die Firma Bytedance. An der halten westliche Investoren die Mehrheit, sie ist auf den Cayman-Inseln angemeldet, doch die Zentrale steht in Peking, und die Verbindungen zur herrschenden Kommunistischen Partei sind eng.

Während in China fast alle westlichen Sozialnetzwerke verboten sind, expandiert Tiktok in die ganze Welt, allein in den USA verfügt der Konzern über 170 Millionen Nutzer. Die hat Tiktok selbstverständlich angestachelt, gegen das mögliche Verbot des Videodienstes aufzubegehren. Das Repräsentantenhaus hat ein Gesetz beschlossen, das vorsieht, Tiktok müsse binnen eines halben Jahres verkauft oder in den USA abgeschaltet werden. Der Senat wird das Gesetz jetzt beraten.

Als möglicher Käufer bringt sich der frühere Finanzminister und Investor Steven Mnuchin ins Spiel. Und er hat das Richtige im Sinn: Tiktok sei rasend beliebt, es solle nicht abgeschaltet und auch nicht von anderen großen Playern geschluckt werden, sagt er.

China verbittet sich selbstverständlich solche Einmischungen in seine „legitimen Rechte“, aber das zeigt nur an, worum es hier geht: den Kampf der Systeme. In dem steht die freie, demokratisch verfasste Welt gegen die Diktatur, die ihre Machenschaften hinter Blingbling verbirgt und den Nutzern, deren Daten sie abzapft und sammelt, eintrichtert, nur durch und mit Tiktok (in chinesischen Händen) seien sie frei. An nützlichen Idioten, die diesen Köder fressen oder bei Bytedance mitverdienen wollen, mangelt es nicht.

Noch haben die USA die Möglichkeit, den Einfluss der chinesischen KP zu drosseln, bevor die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampf beginnt. Auf die politischen Botschaften von Tiktok in den nächsten Tagen darf man gespannt sein. „Make your day“, sagt Tiktok. „Go ahead, make my day“ sagte Clint Eastwood in „Dirty Harry“. Er meinte das nicht freundlich.