Auktion in Berlin :
Eine Meisterin kommt selten allein

Von Felicitas Rhan
Lesezeit: 2 Min.
Geschätzt auf 80.000 bis 100.000 Euro: Barbara Rosina Lisiewska-de Gascs „Allegorie des Hörsinns“, Öl auf Leinwand, 96 mal 134 Zentimeter
Frauen als Künstlerinnen? Das war im Rokoko bei der Berliner Familie Lisiewski schon Normalität. In Berlin wird bald ein Werk von Barbara Rosina Lisiewska-de Gasc versteigert, der Schwester Anna Dorothea Therbuschs.

Das Kölner Auktionshaus Lempertz eröffnet die Saison wieder in Berlin: Statt „Preußen-Auktion“ heißt die 2006 erstmals in der Hauptstadt abgehaltene Veranstaltung von nun an jedoch „Berlin-Auktion“. Der Grund für die Namensänderung ist, so ein Sprecher des Hauses auf Nachfrage, eine zunehmende Vereinnahmung des Preußen-Begriffs von bestimmten politischen Akteuren.

342 Lose kommen am 20. April zum Aufruf, darunter ein auf 80.000 bis 100.000 Euro geschätztes Doppelbildnis der 1713 in Berlin geborenen Porträtmalerin Barbara Rosina Lisiewska-de Gasc. Das 96 mal 134 Zentimeter messende Gemälde entstand wohl nach 1730 und ist als „Allegorie des Hörsinns“ ausgewiesen. Darauf dargestellt ist eine Dame, die eine Theorbe – eine barocke Schalenhalslaute – spielt, während ein Junge neben ihr in direktem Blickkontakt und durch einen Fingerzeig in Richtung Ohr den Betrachter zum Zuhören anregt.

Die „fliegende Göttin“ saß Modell

Das blaue Seidenkleid mit applizierten Blüten sowie die feinen Gesichtszüge der Musikerin legen die Vermutung nahe, dass es sich bei der Frau um die Berliner Ballerina Barbara Campanini, genannt Barberina, handelt. Lisiewska-de Gasc hatte die „fliegende Göttin“, die damals zu den größten Bühnenstars Europas gehörte, bereits auf ihrem Gruppenporträt „Galante Gesellschaft“ neben sich selbst und zwei Adeligen auftreten lassen.

Die Motivwelt der gefragten Malerin, die erst bei ihrem Vater, dem aus Polen stammenden Porträtisten Georg Lisiewski, später beim preußischen Hofmaler Antoine Pesne lernte, bevölkern vornehmlich adlige und andere bedeutende Persönlichkeiten der königlichen Residenzstadt Berlin. Im Jahr 1741 heiratete Barbara Rosina Lisiewska den preußischen Hofmaler David Matthieu. Er war der Witwer ihrer Schwester Dorothea Elisabeth Lisiewska und brachte einen Sohn mit in die Ehe. Von Matthieu bekam sie zwei weitere Kinder und bildete auch diese, wie ihren Stiefsohn und Neffen, in der Malerei aus. Nach dem Tod Matthieus ehelichte die Witwe den Gerichtsassessor Ludwig de Gasc, einen Freund Gotthold Ephraim Lessings, mit dem sie als Einundfünfzigjährige 1764 nach Braunschweig ging und Hofmalerin wurde. Anschließend lebte die Künstlerin mit ihrem jüngsten Sohn Leopold in Den Haag, wo sie sich der Historienmalerei widmete.

Beim Vater in die Lehre gegangen

Barbara Rosina Lisiewska-de Gasc entstammte einer Künstlerfamilie. Auch ihre beiden älteren Geschwister hatte der Vater unterrichtet: Anna Dorothea Therbusch und Christoph Friedrich Reinhold Lisiewski. Letzterer war von 1752 bis 1772 Hofmaler der Fürsten von Anhalt-Dessau, bevor er mit seiner Schwester Anna Dorothea sieben Jahre lang ein Atelier in Berlin führte. Therbusch war zuvor nach Stationen in Stuttgart und Mannheim 1765 nach Paris gegangen und dort mit einer ihrer Genreszenen in die Académie Royale aufgenommen worden. Im selben Jahr stellte sie als einzige Frau im Pariser Salon aus. Als die Malerin 1769 nach Berlin zurückkehrte, erfuhr sie höchste Anerkennung. Aufträge wie das Porträt von König Friedrich II. oder die lebensgroßen Ganzkörperpor­träts der preußischen Königsfamilie, die Zarin Katharina II. in Auftrag gab und sich heute in der Eremitage in Sankt Petersburg befinden, zeugen von ihrem Ansehen und Können.

Der Karriereweg der jüngeren Schwester verlief weniger spektakulär, ihr künstlerisches Wirken bleibt gleichwohl bemerkenswert. 1769 würdigte sie die Dresdner Kunstakademie mit einer Ehrenmitgliedschaft.