Amerikanische Studie :
Warum Großraumbüros ein Gesprächskiller sind

Von Bastian Benrath
Lesezeit: 2 Min.
Ein bisschen wie Legehennen: Großraumbüro der Firma Foster & Partners, einem internationalen Architekturbüro, in London.
Großraumbüros gelten als Sinnbild des modernen Arbeitens: Statt in kleinen Büros zu sitzen, sollen Mitarbeiter aufeinander zugehen und miteinander reden. Nur: Das klappt nicht.

Unternehmen wollen, dass ihre Mitarbeiter miteinander reden. Wer sich austauscht, weiß Bescheid, was der andere macht, arbeitet kreativer und häufiger mit anderen zusammen. Um die Mitarbeiter zum Reden zu bringen, haben Arbeitgeber die Wände zwischen den traditionellen Einzelbüros immer mehr eingerissen. Weniger Hindernisse, weniger Türen – alles sollte offen sein: Das Großraumbüro war geboren. Das Problem dabei: Wie eine Studie nun zeigt, führen Großraumbüros offenbar nicht zu mehr Kommunikation – sondern scheinen vielmehr einen Abwehrreflex der Mitarbeiter auszulösen.

Die Studie „Der Einfluss des 'offenen' Arbeitsplatzes auf die menschliche Zusammenarbeit“ der amerikanischen Wissenschaftler Ethan Bernstein und Stephen Turban untersucht als eine der ersten empirisch, wie sich durch den architektonischen Wechsel hin zum Großraumbüro menschliche Interaktionsmuster verändern. In zwei Feldstudien untersuchten die Wissenschaftler, wie sich das Verhalten der Mitarbeiter in zwei Zentralen großer Unternehmen veränderte, als sie zu einem offenen Bürokonzept wechselten.

Im Großraumbüro wird <em>weniger </em>miteinander gesprochen

Mit Daten von tragbaren Minicomputern, aus E-Mail und Instant Messaging erforschten sie, auf welchen Kanälen die Mitarbeiter kommunizierten. Und fanden heraus, dass gegen die verbreitete Annahme die Angestellten eben nicht mehr miteinander sprachen, sondern (deutlich) weniger. In beiden untersuchten Fällen reduzierten sich die direkten Gespräche mit dem Wechsel ins Großraumbüro um rund 70 Prozent. Analog nahm die Kommunikation über elektronische Kanäle zu.

Eines der Unternehmen entfernte alle Wände aus einem seiner Stockwerke. Die Wissenschaftler überwachten die Mitarbeiter 15 Tage lang vor dem Wechsel ins Großraumbüro und 15 Tage danach. Vorher, in ihren kleineren Büros, verbrachten die Mitarbeiter durchschnittlich 5,8 Stunden am Tag damit, direkt miteinander zu sprechen. Im Großraumbüro schrumpfte diese Zeit auf nur noch 1,7 Stunden. Gleichzeitig verschickten die Angestellten 56 Prozent mehr E-Mails und 67 Prozent mehr elektronische Sofortnachrichten, die auch noch 75 Prozent länger wurden.

Besonders interessant: Die räumliche Distanz zwischen Kollegen hatte in der Studie keinen signifikanten Einfluss darauf, wie die Mitarbeiter miteinander interagierten. Die Folgerung von Bernstein und Turban: Räumliche Nähe wird als Kommunikationsverbesserer überschätzt.

Stattdessen tendierten Großraumbüros dazu, „überstimulierend“ zu sein. Zu viel Informationen, zu viel Ablenkung, zu viele Menschen, die herumliefen – all das „führt anscheinend zu dem verdrehten Ergebnis, dass produktive Interaktion eher reduziert denn gesteigert wird“, schreiben die Forscher in ihrem Fazit. Sie folgern daraus, dass Großraumbüros anstatt des angestrebten Austauschs eher einen Abwehrreflex auslösen. Dieser bringe die Mitarbeiter dazu, sich von ihren Nachbarn zurückzuziehen und lieber elektronisch zu kommunizieren.