Verlagsspezial

Stiftungen :
Wenn das Vermögen Gutes bewirkt

Von Harald Czycholl
Lesezeit: 4 Min.
Spitzenreiter: Mit 94 Stiftungen auf 100 000 Einwohner ist Würzburg die inoffizielle Stiftungshauptstadt Deutschlands. In absoluten Zahlen liegt hingegen Hamburg vorn.
Immer mehr Vermögende stellen einen Teil ihres Geldes karitativen Zwecken zur Verfügung – und gründen eine Stiftung. Dabei gibt das Stiftungsrecht enge Rahmenbedingungen vor. Was Stifter beachten sollten.

Geld gegen Himmel: So lautete im Mittelalter der Grundgedanke bei der Gründung von Stiftungen. Die wohlhabenden Stifter wollten sich mit Hilfe von Abtretungen an die Kirche das Wohlgefallen Gottes sichern, auf diese Weise ihre Ausgangslage vor dem Fegefeuer verbessern – und den Weg in den Himmel ebnen. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich diese Tradition weiter. Und heute erfüllen Stiftungen viele gemeinnützige Zwecke. Neben kirchlichen Anliegen erstreckt sich die Bandbreite stifterischen Engagements mittlerweile von der Wissenschaftsförderung, über soziale Projekte oder Umweltschutz bis hin zur Kulturförderung.

Allein in Hamburg haben 1300 Stiftungen ihren Sitz

Bei Vermögenden liegt diese Form des Gebens im Trend: 22 274 gemeinnützige Stiftungen bürgerlichen Rechts gab es hierzulande laut Angaben des Bundesverbands Deutscher Stiftungen Ende vergangenen Jahres. „Stiften bleibt weiter eines der erfolgreichsten Modelle, sich nachhaltig für die Gesellschaft zu engagieren“, sagt der Stiftungsverbands-Vorsitzende Michael Göring. „So wie Wagniskapital in der Wirtschaft wirken Stiftungen an entscheidender Stelle im System.“

Inoffizielle Stiftungshauptstadt hierzulande ist Würzburg: In der fränkischen Stadt kommen auf 100 000 Einwohner 94 Stiftungen. Das niedersächsische Oldenburg liegt mit 81 Stiftungen je 100 000 Einwohnern auf dem zweiten Platz. In absoluten Zahlen liegt dagegen Hamburg vorn: Hier haben mehr als 1300 Stiftungen ihren Sitz. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen liegt mit über 4370 rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts an der Spitze des Bundesländer-Rankings, gefolgt von Bayern mit knapp 4000 Stiftungen. Einen schweren Stand haben Stiftungen traditionell in den neuen Bundesländern. Weniger als zehn Prozent der deutschen Stiftungen haben zwischen Stralsund und Plauen ihren Sitz.

Eine Stiftung ist laut Gesetz eine „mit juristischer Persönlichkeit ausgestattete Vermögensmasse zur Verwirklichung des vom Stifter bestimmten Zwecks“. Während bei Spenden das Geld direkt für den vom Spender angegebenen Zweck ausgegeben werden muss, sind gestiftete Werte ein sogenanntes Sondervermögen: Es soll in voller Höhe erhalten bleiben und durch eine geschickte Geldanlage möglichst hohe Erträge erwirtschaften. Die Erträge wiederum dienen dazu, den Stiftungszweck zu erfüllen.

Für für kleinere Stiftungen wird das Wirtschaften schwieriger

Die Vermögensbewirtschaftung bereitet den Stiftungen allerdings zunehmend Probleme: Wie alle anderen privaten und institutionellen Anleger leiden auch sie unter dem aktuell sehr niedrigen Zinsniveau. „Das Stiftungsmodell wird an seine Grenzen geführt“, sagt Ann-Kristin Achleitner, Wirtschaftsprofessorin an der Technischen Universität München. „Stiftungen sind vom Gesetzgeber angehalten, ihr Stiftungskapital zu erhalten und gleichzeitig mit den erwirtschafteten Erträgen ihren Stiftungszweck zu verfolgen. Beiden Zielen nachzukommen wird insbesondere für kleinere Stiftungen immer schwieriger.“

Stiftungsexperten raten daher dazu, stärker in nachhaltige Wirtschaft zu investieren – und bei der Geldanlage auch den Stiftungszweck zu berücksichtigen. So ist es mit dem Letzterem nur schwer vereinbar, wenn etwa eine Stiftung, die sich dem Schutz des Regenwaldes verschrieben hat, ihr Vermögen zugleich in Palmöl-Plantagen investiert, genau wie eine Stiftung, die für Frieden kämpft und zugleich Aktien von Rüstungskonzernen kauft. Eine dem Stiftungszweck entsprechende Geldanlage lässt sich beispielsweise durch Investitionen in nachhaltige Fonds realisieren, aber auch durch entsprechende Direktanlagen. Weil neben dem Spagat zwischen Vermögenserhalt und nachhaltiger Geldanlage auch das Stiftungsrecht enge Rahmenbedingungen vorgibt, greifen die meisten Stifter auf die Unterstützung von Vermögensexperten zurück. Das treibt zwar die Verwaltungskosten in die Höhe – macht sich langfristig aber meistens bezahlt.

Damit nach Abzug der Kosten noch Geld übrig bleibt, um den Stiftungszweck zu erfüllen, gibt es auch was das Stiftungsvermögen betrifft gesetzliche Vorgaben: Ab einer Summe von 50 000 Euro ist in den meisten Bundesländern die Gründung einer selbständigen Stiftung möglich. Für Stiftungsexperten ist aber auch das noch zu niedrig: Gerade wenn eine Stiftung einen aufwendigeren Stiftungszweck erfüllen soll, sollten mindestens eine Million Euro zur Verfügung stehen.

Zu 96 Prozent verfolgen deutsche Stiftungen gemeinnützige Zwecke, wobei die Gemeinnützigkeit in regelmäßigen Abständen von den Finanz- und Stiftungsbehörden geprüft wird. Neben gemeinnützigen Stiftungen existieren auch noch zwei weitere Formen: Familienstiftungen sollen das Familienvermögen langfristig zusammenhalten und dienen dem Interesse der Familie, indem sie beispielsweise die Ausbildungskosten von Kindern und Enkeln tragen. Unternehmensstiftungen können sowohl gemein- als auch privatnützige Zwecke verfolgen. Ihr Stiftungsvermögen besteht vor allem aus Unternehmensanteilen.

Steuerliche Erwägungen sollten nicht den Ausschlag geben

Privatnützige Stiftungen sind normal steuerpflichtig, gemeinnützige hingegen genießen Privilegien. Die meisten Ertragsteuern, die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie die Grunderwerbsteuer bei der Übertragung von Immobilien auf die Stiftung entfallen. Nur bei wirtschaftlicher Tätigkeit fallen Steuern an, etwa auf die Einnahmen aus Studiengebühren bei der Trägerstiftung einer privaten Hochschule. Man sollte aber auf keinen Fall nur aus steuerlichen Erwägungen eine Stiftung gründen, sagt der Stiftungsexperte Clemens Engelhardt, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei trustberg LLP in München. „Das Steuerrecht kann sich ändern, eine Stiftung aber nicht so einfach. Steuerkonstruk­tionen werden immer wieder durch die Rechtsprechung der Finanzgerichte und letztlich den Gesetzgeber obsolet gemacht.“

Die Gründung einer Stiftung ist ohne entsprechende Beratung kaum möglich – denn es fällt einiges an juristischem Aufwand an: So muss beispielsweise ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechender Stiftungszweck festgelegt, das Stiftungsvermögen bestimmt, eine Satzung erstellt und die Zusammenarbeit mit der jeweiligen Stiftungsaufsicht koordiniert werden. Den Zweck sollten Stifter dabei möglichst breit fassen – so erhalten sie sich Spielräume.

Denn sobald eine Stiftung einmal gegründet ist, sind Änderungen an Satzung und Zweck nur mit relativ hohem Aufwand möglich. Auch an das gestiftete Vermögen kommen die Stifter nicht mehr so leicht heran. Grundsätzlich gilt: „Was man in eine Stiftung einlegt, bleibt in der Regel auch im Stiftungsvermögen“, sagt Experte Engelhardt. „Eine Stiftung gehört nur sich selbst. Der Stifter hat kaum noch Einflussnahmerechte, wenn dies nicht in der Stiftungssatzung verankert wird.“

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