Solarindustrie :
Meyer Burger macht seine Fabrik in Sachsen dicht

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Eine Mitarbeiterin begutachtet in der Endkontrolle für Solarmodule im Werk der Meyer Burger Technology AG in Freiberg ein Solarmodul.
Die Kündigungen sind verschickt. 400 Mitarbeiter sind betroffen. In Freiberg gehen die Lichter aus. China verzerrt die Märkte, Amerika macht dicht, Europa bleibt weiterhin offen.

Das Aus ist besiegelt, die Kündigungen sind verschickt. Das krisengeschüttelte Schweizer Solarunternehmen Meyer Burger macht sein Werk im sächsischen Freiberg dicht. Das Unternehmen hat kurz vor Ostern angekündigt, rund 400 Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, die dortige Fabrik zu schließen und die Fertigung ins Ausland zu verlagern. Dank satter Staatsbeihilfen Washingtons werden die Schweizer sich künftig auf den Aufbau neuer Fabriken in den Vereinigten Staaten konzentrieren.

Dabei ist Meyer Burger einer der wenigen verbliebenen Hersteller von Solarzellen in Europa. Das Unternehmen fertigt darüber hinaus weltweit führende Hochleistungs-Solarmodule. Die allerdings haben auch ihren Preis, den aber sind viele potentielle Kunden angesichts billiger Angebote aus China nicht mehr gewillt zu zahlen. Und nicht nur das: Die Schweizer waren auch technologischer Vorreiter der gesamten Branche.

Weit mehr als die Hälfte aller in der Welt hergestellten Solarmodule gehen auf ihre entwickelten Technologien zurück. Das allerdings ist Meyer Burger, die in den fünfziger Jahren noch Maschinen für die Uhrenindustrie hergestellt hatten und in den neunziger Jahren dann in die Solarbranche eingestiegen waren, im harten globalen Wettbewerb zum Verhängnis geworden.

Denn vor allem chinesische Hersteller greifen nach der sogenannten Heterojunction/SmartWire-Technologie. Sie fertigen dank massiver Subventionen Pekings aber deutlich preiswerter als der Rest der Welt. Die Schweizer mussten darauf reagieren und ihre Kosten runterschrauben. Nachdem sie im vergangenen Jahr bereits den Ausbau ihrer Produktion im sachsen-anhaltischen Bitterfeld-Wolfen gestoppt und die Verlagerung des Neubauprojekts nach Amerika angekündigt hatten, wickeln sie nun den Standort Freiberg ab.

Freiberger Produktionslinie für Solarmodule der Meyer Burger Technology AG
Freiberger Produktionslinie für Solarmodule der Meyer Burger Technology AGdpa

Dort steht die Fertigung seit Mitte März bereits still. Denn Meyer Burger kann sich die verlustreiche Produktion in Sachsen schlichtweg nicht mehr leisten. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen abermals hohe Verluste eingefahren. Es wies bei einem Nettoumsatz von 135 Millionen Schweizer Franken einen Fehlbetrag von sage und schreibe 292 Millionen Franken aus. Über die zurückliegenden vier Geschäftsjahre liefen Verluste von nun alles in allem 525 Millionen Franken auf.

Vor diesem Hintergrund hatte Meyer Burger die mögliche Schließung des Standorts Freiberg bereits Mitte Januar in den öffentlichen Raum gestellt. Die endgültige Entscheidung aber hatte der Vorstand unter den Vorbehalt möglicher Beihilfen aus Berlin gestellt. Der Grund: Die gesamte Branche ist von massiven Verzerrungen und chinesischen Unternehmen geprägt. Chinas große Solar-Konzerne profitieren seit anderthalb Jahrzehnten von milliardenhohen Beihilfen des Staates. So konnten sie mit ihren Produkten die westlichen Märkte geradezu schwemmen und sich marktdominante Positionen auf allen Kontinenten erarbeiten.

Dem schob Amerika vor zwei Jahren einen Riegel vor. Dagegen lässt Europa seinen Markt für Chinas Solarunternehmen weiterhin offen. Während die Amerikaner auf dem weltweit rund 100 Milliarden Euro großen Markt für Solarzellen nun vor allem den wenigen verbliebenen europäischen Herstellern den Hof machen und ihnen riesige Steuererleichterungen und lokale Starthilfen garantieren, geht Europa bislang den Weg des freien Handels - und allenfalls mahnender Worte in Richtung China.

Gunter Erfurt, Geschäftsführer von Meyer Burger
Gunter Erfurt, Geschäftsführer von Meyer Burgerdpa

Im Chor der sich dagegen erhebenden Stimmen ist Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt bislang eine der eindringlichsten Stimmen gewesen. Erfurt hatte einst in Freiberg studiert, war an der Sächsische Akademie der Wissenschaften tätig und ging dann in die Industrie. Er kennt die Solar-Branche seit mehr als zwei Jahrzehnten. Seit 2015 arbeitet er für Meyer Burger, seit 2020 steht Erfurt dem Unternehmen auch vor. Er galt als einer der großen Fürsprecher für das Engagement der Schweizer am Standort Freiberg.

Berlin hatte ihm Anfang der Woche allerdings klar gemacht, dass er für sein angeschlagenes Unternehmen keine Hilfen der öffentlichen Hand in Deutschland mehr erwarten kann. Daher verschickte Meyer Burger Anfang der Woche die Kündigungen für 400 Mitarbeiter; den verbliebenen 100 Beschäftigten aus Sachsen sollen Angebote an anderen Standorten und in anderen Bereichen gemacht werden. Für die Produktion in Freiberg ist der Weggang der Schweizer binnen weniger Jahre der zweite schwere Schlag ins Kontor.

Bereits 2018 war Deutschlands damals größter Solarmodulhersteller Solarworld in die Insolvenz gerutscht. Das ging damals mit dem Verlust von 600 Arbeitsplätze in Freiberg einher. Neue Hoffnung waren aufgekeimt, als Meyer Burger 2021 vor Ort in die Herstellung von Modulen einstieg und 2022 in den einstigen Hallen von Solarworld mit seiner Produktion begann. Drei Jahre später hat sich diese Hoffnung nun zerschlagen.