Wanderschuhe Agate von Tecnica : Agate auf Speed
Ob wir einmal einen Wanderschuh ausprobieren möchten, der speziell für den weiblichen Fuß entwickelt wurde, fragt der Kollege. Ja klar, gern. Kurze Zeit später steht der Agate S Mid GTX des italienischen Herstellers Tecnica in unserem Büro. Er sei konzipiert für Speedhiking, lesen wir. Diese Sportart besetzt die Nische zwischen Bergwandern und Trailrunning. Sie zeichnet sich durch ein höheres Tempo als beim Wandern aus, erreicht aber kein Lauftempo. Allgemein versteht man darunter zügiges Gehen mit Unterstützung von Stöcken im alpinen Gelände.
Das hatten wir uns so nicht vorgestellt, und dann kamen erschwerend noch zwei liebenswerte und gutmütige Huskies dazu, die naturgemäß einen Großteil ihres Tages mit der Verfolgung ihrer eigenen Interessen verbringen. Beide Burschen waren beim Speedhiking mit dabei, und sie akzeptieren während einer Outdooraktivität zwar gewisse Regeln, folgen aber nur höchst widerwillig dem Kommando „Fuß“.
Speedhiking ohne Stöcke
Der Schlittenhund möchte ziehen, und zwar egal, ob Schlitten oder Frauchen. Verbunden über einen Hüftgurt und elastische Leinen sowie spezielle Geschirre für die Hunde überließen wir uns beim morgendlichen Ausflug in den Wald oder beim ausgedehnten Wanderabenteuer am Wochenende bereitwillig dem, was in der Natur und in den Genen des Huskies liegt. So sah dann unser Speedhiking ohne Stöcke aus.
Bei der Entwicklung des Schuhs haben sich die Designer von Tecnica genauer mit der Anatomie des Frauenfußes befasst und versucht, Details hinsichtlich Form, Fußgewölbe, Spann, Auftritts- beziehungsweise Aufprallverhalten sowie Fußabdruck auf die Beschaffenheit des weiblichen Fußes abzustimmen. Herausgekommen ist laut Tecnica ein Schuh, dessen Konstruktion zum einen der weiblichen Fußform Rechnung trägt. Zum anderen kann eine weichere Dämpfung zum Einsatz kommen, da Frauen in der Regel leichter sind und mit geringeren Kräften auf den Untergrund auftreten. Um der speziellen Anatomie des Fußgewölbes zu entsprechen, bietet der Schuh mehr Halt unter dem Fuß, als dies bei vergleichbaren Männermodellen der Fall ist. So die Theorie.
Unser erster Eindruck überrascht. Die Farbkombination Beige-Violett ist Geschmacksache. Auch fürchten wir, dass das helle Material schon nach der ersten Matschpartie unansehnlich wird. Aber dank wasserabweisendem Polyamidgewebe erweist sich diese Sorge als unbegründet. Einmal sind wir auf einer gefrorenen Pfütze eingebrochen und im Pferdematsch gelandet. Wir haben das Malheur mit Wasser abgespült, und schon strahlte Agate in altem Glanz.
Die Sohle macht einen voluminösen Eindruck, vermittelt Robustheit und Grip. Die Außensohle ist eine bewährte Vibram-Megagrip-Gummisohle. Die Zwischensohle besteht aus EVA, ein Schaum aus Ethylen-Vinylacetat, und in die Sohle ist ein spezifisch geformter Einsatz aus Pebax-Schaumstoff eingelassen. Durch diese Schichtung soll eine besondere Dämpfung bei gleichzeitiger Rückfederung erreicht werden, was die Vorwärtsbewegung unterstütze. Die Innensohle ist mit einer zusätzlichen Gewölbestütze versehen, die für einen besseren Halt des Fußgewölbes sorgen soll.
Mit einem Gewicht von 420 Gramm je Schuh in Größe UK 7 liegt Agate leichter in der Hand, als wir angenommen haben. Mehrere Stellen wie Zehenbox und Fersenbereich sind mit TPU-Schichten verstärkt, die Abkürzung steht für Thermoplastische Polyurethane. Eine zusätzliche Goretex-Membran hält Nässe draußen. Die asymmetrisch angebrachte Schlaufe an der Rückseite des Schafts erleichtert das Hineinschlüpfen ebenso wie die flexible Hakenschnürung im oberen Bereich. Die Füße sinken satt in die weiche Polsterung, die auch die Knöchel umfasst. Nichts drückt, beengt oder reibt. Die Schnürung sorgt für festen Halt. Zunächst können wir keine spezifischen Besonderheiten feststellen, außer dass sich der Fuß gut anschmiegt.
Frau fühlt sich pudel- oder eher huskywohl
Für unsere Ausflüge in die Natur zeigt sich Agate nach anfänglicher Unaufgeregtheit als Bereicherung. Egal, ob über Asphalt, breite Waldwege, ausgetretene Pfade mit und ohne Geröll, bergauf und ebenso flott bergab, sind unsere Füße gut aufgehoben und beschützt. Der Schuh gibt sicheren Halt, ist dennoch leicht und kaum spürbar. Die Entwicklungsabteilung von Tecnica scheint ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Von den fünf Paar Schuhen, die für die morgendlichen Runden zur Auswahl bereitstehen, greifen wir ohne Zögern jedes Mal zu Agate, selbst wenn für die geplante Strecke leichte Schuhe ausreichen.
Frau fühlt sich pudel- oder eher huskywohl. Brechen wir zum Trailrunning auf, bleibt der Schuh indes im Regal. In erster Linie weil er um einiges schwerer als ein Trailrunning-Schuh ist. Schnell bergauf und bergab gehen unterstützt er sehr gut. Sobald jedoch der Schritt ins Lauftempo wechselt, beispielsweise wenn die Huskies in der Ferne den Lieblingskumpel entdecken und jede Sekunde auf dem Weg zur stürmischen Begrüßung eine zuviel wäre, ist der Spaß mit Agate vorbei. Bei einem Ausflug in die winterliche Bergwelt hingegen leistet er gute Dienste. Egal, ob lockerer Schnee, festgetretene Schneedecke oder Matsch: Das Profil der Sohle greift zuverlässig und vermittelt Sicherheit und Souveränität. Dank des hohen Schafts kommen wir sogar aus größeren Schneebergen trockenen Fußes davon.
Agate ist in zwei Varianten erhältlich. Neben dem von uns getragenen knöchelhohen Agate S Mid GTX gibt es eine flache Version Agate S GTX. Beide sind in vier Farben erhältlich. Der Preis liegt für unser Modell bei 220 Euro, das flache kostet 200 Euro. Anzumerken bleibt, dass Agate vermutlich auch ohne Hundebegleitung Spaß bereitet. Ausprobiert haben wir das allerdings nicht.