Frankfurter Gesichter : Iso Herquist ist Botschafter der Ukulele
Wer wissen will, wer Iso Herquist ist und was er macht, der muss sich nur in seinem Büro umschauen. Wobei „Büro“ schon das völlig falsche Wort ist, worauf Herquist auch gleich hinweist, wie er überhaupt jemand ist, der bei aller Quirligkeit, allen lockeren Sprüchen, aller unkonventionellen Entertainermentalität ziemlich genau und bestimmt sein kann. Also: Nicht Büro, eher Atelier, vielleicht Labor, auch Werkstatt würde passen, zumal in dem Bornheimer Hinterhof früher eine Schreinerei beheimatet war.
Im ersten Stock liegt Herquists Reich – und es grünt darin grüner als in einem Gewächshaus. Ficus, Grünlilie, Monstera, Efeutute, Ufo-Pflanze wuchern, wo immer Platz ist. Und allzu viel Platz ist nicht, allein wegen der musikalischen Utensilien: Notenständer, Metronome, Lautsprecher, Mikros, ein Arsenal von technischen Geräten, um Sounds zu erzeugen, zu verändern, zu mischen und aufzunehmen. Dazwischen, im Schatten eines Kontrabass’ fast verschwindend und doch im Zentrum des Geschehens: ein Ständer mit Ukulelen.
Die Ukulele als kleine Gitarre zu beschreiben würde ihr nicht gerecht. Sie hat einen eigenen, unverwechselbaren Charakter, bringt federleichte Harmonien, aber auch sehr prägnante Rhythmen hervor, ihr Spektrum reicht weit über die Südsee-Exotik hinaus, die viele mit ihr verbinden. Nicht zufällig ist sie das Lieblingsinstrument des Multiinstrumentalisten Iso Herquist. Nicht nur weil er mit ihr überregional bekannt wurde. In Deutschland gibt es vermutlich kaum jemanden, der halbwegs ambitioniert Ukulele spielt oder hört und den Mann mit dem wilden Haarschopf, den Ringelpullis und den Seeräuber-Creolen nicht kennt.
Zurück ins Atelier: Die Wand über dem Streifensofa ist gepflastert mit kleinformatigen Bildern, einzeln gerahmt und jedes mit einer persönlichen Geschichte. Zum Beispiel eine rot-weiße, von seiner Freundin gemalte Dänenflagge, ein verblichenes Cover vom dänischen Donald Duck „Anders And“ und ein Porträt von Königin Margarethe – auf einer Insel in der Ostsee ist der Endvierziger aufgewachsen. Ein Foto zeigt das Schiff seines Vaters, von dem er die Segellust geerbt hat, ein Bild hat sein bald zehnjähriger Sohn gemalt, und eine Postkarte wendet sich an alle, die ein Instrument spielen: „Und jetzt . . . geh üben!“
Unmusikalität gebe es nicht, sagt Herquist, aufs Training komme es an. Er selbst hat mit der Blockflöte begonnen, dann Saxofon gelernt und sich selbst das Bassspielen beigebracht, sang Blues, Shanty und Rock’n’Roll, tingelte mit Jazz- Funk- und Punkbands durch die Klubs und fand als Smutje auf einem Segler zur Ukulele. Nach Frankfurt kam er Mitte der Neunziger, arbeitete als Fotolaborant, Reinzeichner und Texter, machte mit Multimedia weiter und setzte schließlich voll auf die Musik.
An den Ateliertüren hängen die Poster von Konzerten mit dem Hello Iso Orchestra und vom ersten Frankfurter Ukulele-Schoppe. 2019 war das, das Motiv zeigt eine Ukulele kopfüber im Apfelweinglas. Wie für viele Musiker war Corona auch für Herquist eine Zäsur, aber nicht nur im negativen Sinn. Kameras und Scheinwerfer halbrund um das Streifensofa zeugen davon, dass er seine Kurse inzwischen vor allem online gibt und damit weit mehr Schüler erreicht als früher.
Sein aktuelles Herzensprojekt nennt sich „Ekstra Bløde“, ein Album mit bluesigen Swing-Nummern, das er, als Sänger, auf Ukulele und Kontrabass allein einspielt. Der Titel ist ein mehrfaches Wortspiel: Bløde lässt sich so verstehen, wie es im Deutschen klingt, aber auch in den dänischen Bedeutungen als „Regenguss“, „bluten“ oder „weich“. Klangassoziationen, wie gemacht für die Ukulele.