Expeditionen ins Artenreich

Von BARBARA LIEPERT und JULIA ZIMMERMANN (Fotos)

19. März 2024 · Es ist höchste Zeit für ein bisschen Frieden, ein bisschen Sonne – und nachhaltigen Urlaub. All das gibt es an der Stadtgrenze Berlins, in der Döberitzer Heide – und ein paar wirklich exotische Lebewesen, die 200 Millionen Jahre überstanden haben.

Wenn man die Schilder liest, die hier stehen, dann klingt es nicht so, als ob das ein klassisches Naherholungsgebiet wäre. „Von der Fläche können erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit ausgehen! Das Betreten des Gebiets ist verboten!“ steht auf den Schildern, hinter denen laut Warnhinweis ein „Wildnisgebiet und ehemaliges militärisches Übungsgelände“ liegt. Ein doppelter Zaun mit 6000 Volt lässt alles Mögliche zwischen Area 51 und Jurassic Park vermuten, aber nicht eines der beeindruckendsten Artenschutzgebiete Deutschlands.

Schmetterling im Glas: Ein Admiral, kurz zu Gast in einer Becherlupe
Schmetterling im Glas: Ein Admiral, kurz zu Gast in einer Becherlupe
Aber genau das befindet sich hier, in dieser 1860 Hektar großen sogenannten Kernzone der Döberitzer Heide, einem ehemaligen Truppenübungsplatz westlich von Berlin, walten ungezähmte Kräfte weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit und schaffen eine Artenvielfalt, die ihresgleichen sucht: 6383 Tier- und Pflanzenarten sind bisher gezählt worden, darunter viele vom Aussterben bedrohte – über 1700 Käferarten, mehr als 1200 Schmetterlingsarten und 52 Säugetierarten. Die Stars unter den Vierbeinern sind zweifelsohne Wisent und Wildpferd, Wolf und Rothirsch, aber auch in der Luft gibt es sensationelle Raritäten zu entdecken: Steinschmätzer, Wiedehopf und Pirol haben sich in der offenen Heidelandschaft angesiedelt und locken nun ihrerseits Zweibeiner mit Ferngläsern an. Am Zaun entlang führt ein 22 Kilometer langer Rundweg. Und manchmal donnert auch ein alter Panzer durch die Heide – im Dienst des Artenschutzes. Willkommen in einer der unbekanntesten Sensationen der Hauptstadt und ihres Umlands.

Man muss kein Biologe mit Faible für Panzer wie Anton Hofreiter sein, um früher oder später für die Döberitzer Heide zu entflammen. Man muss nur Zeit mitbringen, ein Fahrrad mit breiten Reifen – und ausreichend Wasser. Denn es gibt weder Softdrinks noch Eis noch Currywurstbuden auf den sandigen Pisten, 55 Kilometer insgesamt wurden für Besucher angelegt. Die letzte Versorgungsstation ist „Karls Erlebnisdorf“ an der Bundesstraße 5, eine Ausfahrt vor dem Outlet-Center, in Elstal. Das kennen ungleich mehr Berliner und Brandenburger als das Naturschutzgebiet dahinter.

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