USA und Israel :
Biden könnte Waffenhilfe an Konditionen knüpfen

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Joe Biden am Montag in New Hampshire
Sollte Israel Rafah angreifen, könnte es Probleme mit Waffenlieferungen aus Amerika geben, heißt es aus Washington. Die Hinweise von Regierungsvertretern sollen Netanjahu warnen.

Nahezu täglich senden die Vereinigten Staaten inzwischen Warnungen an Israel. Manche direkt, manche indirekt. Manchmal muss man zwischen den Zeilen lesen. In einem Fernsehinterview wurde Joe Biden am Wochenende gefragt, ob ein Einmarsch in Rafah eine „rote Linie“ für ihn wäre. Der amerikanische Präsident erwiderte: Es wäre eine „rote Linie”. Aber: „Ich werde Israel nie im Stich lassen“. Die Verteidigung des Staates sei von entscheidender Bedeutung. Es gebe also keine „rote Linie“, bei der er „alle Waffenlieferungen“ beende, etwa für den „Iron Dome“, das Raketenabwehrsystem, mit dem sich das Land verteidige. Jedoch müsse Israel das Leben unschuldiger Zivilisten im Gazastreifen besser schützen. Es gebe andere Wege, mit der Hamas umzugehen.

Biden schloss also aus, „alle Waffenlieferungen“ zu beenden. Kurz nach dem Interview mit dem Sender MSNBC berichtete das Portal „Politico“ mit Bezug auf Regierungsvertreter in Washington, Biden erwäge, Waffenlieferungen an Israel an Bedingungen zu knüpfen, wenn der Militäreinsatz in Gaza weiterhin das Leben unschuldiger Zivilisten gefährde. Noch habe Biden aber keine Entscheidung getroffen. Eine gezielte Durchstecherei – gleichsam zur Übersetzung des Biden-Interviews?

Der Präsident ist acht Monate vor der Wahl innenpolitisch wegen der Unterstützung Israels nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober vergangenen Jahres enorm unter Druck geraten. Ein Teil der Wählerschaft, nicht nur jener arabischer Herkunft, sondern auch Jungwähler und Afroamerikaner, droht damit, Biden im November die Stimme zu verweigern.

Am Montag forderte eine Gruppe demokratischer Senatoren den Präsidenten auf, Israel keine Offensivwaffen mehr zur Verfügung zu stellen, bis es alle Beschränkungen für die Lieferung humanitärer Hilfe für die Palästinenser aufhebe. Die acht Senatoren, zu denen auch der Sozialist Bernie Sanders zählt, verwiesen in einem Schreiben darauf, dass die Waffenlieferungen einen Verstoß gegen den „Foreign Assistance Act“ darstellten, der Militärhilfe für Länder verbietet, welche die Lieferung humanitärer Hilfe beschränkten.

Sanders sagte, er hoffe, der Präsident verstehe, eine wachsende Zahl an Kongressmitgliedern und das amerikanische Volk hätten es gründlich satt, „die Vernichtung der Menschen in Gaza“ mit anzusehen. Eine Mehrheit für einen härteren Kurs gegenüber Israel gibt es im Kongress freilich nicht. Und Biden würde sich im Fall einer Konditionierung der Militärhilfe nicht nur mit den Republikanern, sondern auch mit Teilen seiner Partei anlegen.

Netanjahu wirbt um Einigkeit

Hatte der Präsident anfangs die Strategie verfolgt, Netanjahu gleichsam durch Umarmung zu mäßigen, so war es in den vergangenen Wochen zu offenen Spannungen gekommen. Zuletzt hatte Biden sich deutlich gegen Netanjahu gewandt, als er sagte, der Ministerpräsident schade Israel mehr als er seinem Land helfe. Netanjahu reagierte verstimmt auf die Kritik. In einem Interview am Wochenende sagte er, er verstehe Bidens Äußerungen nicht genau. Falls der Präsident meine, „dass ich meine eigene Politik gegen die Mehrheit, gegen den Wunsch der Mehrheit der Israelis betreibe und dass dies den Interessen Israels schade, dann liegt er in beiden Punkten falsch“, sagte Netanjahu „Politico“.

Die Mehrheit der Israelis stehe hinter ihm, wenn es um die Zerschlagung der restlichen Truppen der Hamas gehe. Im selben Atemzug bekräftigte Netanjahu, dass er eine Beteiligung der Palästinensischen Autonomiebehörde an der Verwaltung des Gazastreifens nach dem Krieg sowie die internationale Anerkennung eines Staates Palästina ablehne – Positionen, welche die Regierung in Washington vertritt oder in Erwägung zieht.

Am Montag legte Netanjahu nach: In einem Interview mit „Fox News“ sagte er, wenn die Hamas Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen in Jerusalem und Washington wahrnehme, dann würde das Israels Kriegsanstrengungen schaden. Einigkeit würde im Gegensatz dazu auch die Bemühungen befördern, die Geiseln freizubekommen. Mit Blick auf Bidens Äußerung, ein Einmarsch in Rafah stelle eine „rote Linie“ dar, erwiderte Netanjahu, es wäre eine „rote Linie“, die Truppen der Hamas dort in Ruhe zu lassen. Sodann: „Wir nehmen den Fuß nicht vom Gaspedal.“