Flüchtlinge Ruanda :
Unterhaus lehnt alle Änderungen des Oberhauses ab

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Das britische Unterhaus hat die vom Oberhaus vorgeschlagenen Änderungen am Ruanda-Abschiebegesetz abgewiesen (Symbolbild).
Der britische Premierminister erhält im Unterhaus einhellige Unterstützung für die Abschiebepläne nach Ruanda. Aber das Oberhaus bleibt bei seinem Widerspruch.

Die britische Regierung hat mit ihrer Fraktionsmehrheit im Unterhaus alle Änderungen und Relativierungen des Ruanda-Abschiebegesetzes abgewiesen, die dem Entwurf zuvor in wochenlangen Beratungen von einer Mehrheit im House of Lords hinzugefügt worden waren. Die Zusätze wollten unter anderem Gerichten die Möglichkeit geben, auch künftig zu überprüfen, ob Ruanda den Status eines sicheren Drittlands erfüllt. Dies wird in dem Gesetz als Faktum festgestellt.

Außerdem sollte einzelnen Flüchtlingen auch künftig der Klageweg gegen Abschiebungen nach Ruanda gewährt werden; einzelne Flüchtlingsgruppen sollten überdies generell von solchen Abschiebungen ausgenommen werden.

Im Unterhaus unterstützten nur einzelne Mitglieder der konservativen Regierungspartei die Änderungswünsche des Oberhauses. Der frühere Justizminister Robert Buckland verlangte, es müssten mindestens jene afghanischen Migranten von der drohenden Abschiebung ausgenommen bleiben, die früher den britischen Truppen und Behörden in Afghanistan als Dolmetscher und Helfer zu Diensten waren.

Labour lobt das Oberhaus

Die oppositionelle Labour-Partei lobte im Unterhaus, die Mehrheit des Oberhauses sei ihrer „patriotischen Pflicht“ gefolgt, indem sie die Abschiebepläne relativiert habe. Der Abgeordnete Stephen Kinnock sprach von einer „absurden Novelle“, welche „unsere Institutionen in eine Lachnummer verwandelt“.

Andere Labour-Abgeordnete argumentierten, nach amtlichen Berechnungen werde die Abschiebung der ersten 300 Migranten fast zwei Millionen Pfund (rund 2,3 Millionen Euro) kosten. Für diese Summe habe kürzlich ein privates Raumfahrtunternehmen sechs Menschen ins Weltall geflogen.

Nach der Ablehnung aller Änderungen durch die konservative Unterhausmehrheit geht der Gesetzentwurf jetzt ins Oberhaus zurück. Dort haben Peers, die sich zur Fraktion von Labour zählen, schon wissen lassen, dass sie einige der abgelehnten Ergänzungen abermals zur Abstimmung stellen wollten. Weder Labour noch die Konservativen verfügen über eine Mehrheit im House of Lords; viele der Peers dort sind als unabhängige „Crossbencher“ registriert. Falls eine Mehrheit einige Änderungen abermals in Kraft setzt, muss der Entwurf anschließend erneut im Unterhaus abgestimmt werden, wo die Änderungen aufs Neue gestrichen werden könnten.

Durch dieses „ping-pong“ genannte Verfahren verzögert sich die Absicht der Regierung Sunak, möglichst bald mit ersten Abschiebungen nach Ruanda zu beginnen, um den Wählern einige Monate vor der bevorstehenden Unterhauswahl einen politischen Erfolg präsentieren zu können. Nach Zeitungsmeldungen hat das Innenministerium zwar schon 300 illegal eingereiste Migranten zur Abschiebung bestimmt, doch es gilt als wahrscheinlich, dass ein erster Charterflug nach Ruanda nicht vor Ende Mai stattfinden wird. Die ruandische Regierung hatte gegenüber London die Bitte geäußert, die Abschiebungen zunächst in geringer Zahl stattfinden zu lassen, um Unterbringung und Asylverfahren vor Ort zu testen.