Menschenrechtler empört :
Saudi-Arabien führt UN-Kommission für Frauenrechte

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Frauen im Dezember 2023 in Dschiddah
Riad übernimmt den Vorsitz der UN-Kommission zur Rechtsstellung der Frau. Menschenrechtler weisen auf die „katastrophale“ Lage im Blick auf Frauenrechte in dem Land hin.

Ein Vertreter Saudi-Arabiens soll künftig im Namen der Vereinten Nationen für Frauenrechte eintreten. Am Mittwoch wurde der saudische UN-Botschafter Abdulaziz Alwasil zum Vorsitzenden der UN-Kommission zur Rechtsstellung der Frau (UNCSW) gewählt. Die Wahl in New York erfolgte per Akklamation und rief scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen aufgrund der „katastrophalen“ Lage der Frauenrechte in dem Land hervor.

Seit einiger Zeit stand fest, dass Alwasil den Posten übernehmen sollte. Eigentlich wird der Vorsitz für zwei Jahre vergeben, doch die Philippinen wurden von einer Gruppe asiatischer Staaten unter Druck gesetzt, den Vorsitz schon nach einem Jahr abzugeben. Als Nachfolger war ein Vertreter Bangladeschs vorgesehen. Saudi-Arabien warb jedoch mit einer Kampagne für sich. So wurde Riad am Mittwoch unterstützt von einer Gruppe asiatischer Staaten. Als der scheidende Vorsitzende nach Widerspruch zur Wahl Saudi-Arabiens fragte, regte sich keiner der Anwesenden – dem Gremium gehören unter anderem die Schweiz, die Niederlande, Japan und Portugal an. Deutschland ist dort nicht vertreten.

Amnesty: „Katastrophal“

Menschenrechtsgruppen hatten schon im Vorfeld auf die Lage der Frauen in dem sunnitischen Königreich verwiesen. Zwar hat sich seit dem Antritt des De-facto-Herrschers, Kronprinz Muhammad Bin Salman, diese leicht verbessert – so können unter anderem Frauen seit 2018 einen Führerschein machen. Die Organisation Amnesty International bezeichnete die Lage der Frauen in Saudi-Arabien in einer Stellungnahme jedoch als „katastrophal“. Sie verwies darauf, dass Riad nun die Vorbereitungen für das 30. Jubiläum der Unterzeichnung der Deklaration von Peking maßgeblich prägen werde. Die Deklaration gilt als Blaupause dafür, wie Frauenrechte global verbreitet werden sollen.

Die Wahl Saudi-Arabiens zeige eine „schockierende Missachtung der Frauenrechte überall“, hieß es in einer Stellungnahme von Human Rights Watch. „Ein Land, in dem Frauen eingesperrt werden, nur weil sie öffentlich für ihre Rechte eintreten, hat keine Berechtigung, das wichtigste Forum der UN für Frauenrechte und Geschlechtergleichheit zu repräsentieren“, hieß es weiter. Das Land solle die Chance nutzen und sofort alle Frauen aus Gefängnissen entlassen, die nur für ihre Rechte eingetreten seien.

Die Übernahme des Vorsitzes gilt als Versuch des saudischen Königshauses, sein internationales Ansehen hinsichtlich der Frauenrechte zu verbessern. Aus Riad wird unter anderem auf ein 2022 verabschiedetes Gesetz verwiesen, das die Stellung der Frauen stärke. Doch es gibt immer noch Regeln, die Frauen den Männern unterstellen. So brauchen diese die Genehmigung eines Mannes, wenn sie heiraten wollen. Die Frau habe sich ihrem Mann in einer „angemessenen Weise“ unterzuordnen, und dessen finanzielle Unterstützung seiner Frau beruht auf deren „Gehorsamkeit“. Auch die Weigerung, Geschlechtsverkehr zu haben, kann zum Entzug der finanziellen Unterstützung führen. Saudi-Arabien hat im Global Gender Gap Index, den das Weltwirtschaftsforum im vergangenen Jahr veröffentlichte, den 131. Rang von 146 Staaten inne.

Die Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau hat die Aufgabe, die Geschlechtergerechtigkeit und die Förderung von Frauen voranzubringen. Ihr gehören 45 Staaten an, 13 aus Afrika, elf aus Asien, neun aus Lateinamerika, acht aus Westeuropa und vier aus Osteuropa. Die Mitglieder werden jeweils für vier Jahre gewählt. Nichtregierungsorganisationen können an den Sitzungen beratend teilnehmen. Einfluss nimmt die Kommission vor allem dadurch, dass sie Konventionen und Erklärungen erarbeitet, die dann von der Vollversammlung verabschiedet werden. Die UNCSW ist eine sogenannte Funktionskommission des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen (ECOSOC), eines der sechs Hauptorgane der UN.