Wenn Rosalie gefragt wird, ob sie glücklich ist, fällt ihr die Sache mit den Joghurts ein. "Ein Kühlschrank mit abschließbaren Fächern wäre schön", sagt sie dann. Wenn man jeden Tag drei Stunden lang trainiert, kilometerweit läuft und Gewichte stemmt, bekommt Essen eine andere Bedeutung. Dann hört der Spaß schon mal auf, wenn eine andere sich an den eigenen Vorräten bedient.

Ein Gemeinschaftskühlschank kann also eine echte Herausforderung sein. Das war eine der ersten Lektionen, die Rosalie in ihrem neuen Leben gelernt hat. Glücklich sei sie natürlich trotzdem, beeilt sie sich hinterherzuschieben, weil, die Sache mit dem Joghurt sei doch inzwischen verjährt. Nun, so ganz kann das noch nicht stimmen.

Rosalie, 1,58 Meter groß, weißblondes, kinnlanges Haar, wohnt erst seit zehn Monaten in dem bunt bemalten Potsdamer Hochhaus, in dem Schmetterlinge und Fotos verschwitzter Körper an den Flurwänden kleben. Hier muss sie sich seitdem Kühlschrank, Dusche und Zimmer teilen. "Mit Annalena ist es okay", sagt Rosalie und schielt zu ihrer Mitbewohnerin hinüber. Dann lachen beide, Annalena und Rosi, zwei 13-Jährige, die sich bestens verstehen, obwohl sie unterschiedlicher kaum sein könnten.

Annalena ist eine ruhige Natur, pflichtbewusst und kontrolliert. Rosi ist eine Meisterin des Chaos, selbstsicher und impulsiv, ein bisschen vorlaut zuweilen. Was sie verbindet, ist der gemeinsame Traum: eines Tages als Profifußballerin auf dem Rasen zu stehen. Und in den vergangenen zehn Monaten sind die beiden der Verwirklichung dieses Traums ein ganzes Stück näher gekommen. 

Seitdem klingelt ihr Wecker um 6.55 Uhr und noch einmal um sieben, dann steht Annalena auf, macht sich fertig, treibt anschließend Rosalie an, von der meistens nur ein Fuß zu sehen ist. Einer mit Ringelsocke oder ein nackter, denn eine verliert sie immer im Lauf der Nacht. Der Rest von Rosi liegt begraben unter Kissen und Kuscheltieren, von denen es in den Regalen über ihrem Bett etliche gibt.

Daneben steht ein kleiner, überladener Schreibtisch, hängt eine Pinnwand voller Freundschaftsbekundungen: ein Kinderzimmer auf 14 Quadratmetern in der fünften von 14 Etagen, Nordseite. Doch spätestens beim Frühstück weicht alles Kindliche von Rosi: Dann beginnt für sie und Annalena ein mehr als zehnstündiger Arbeitstag. Training, Schule, noch mal Training, noch mal Schule – "damit kommen wir klar", sagen die Mädchen. Das tun sie, mit einer für ihr Alter ungewöhnlichen Selbstdisziplin und Eigenverantwortung. "Die braucht man hier auch", sagt der Schulleiter.