Der Sonnengruß ist die bekannteste Abfolge von Yoga-Posen und fester Bestandteil vieler Yoga-Stile. Häufig wird der Sonnengruß als Warm-up zu Beginn einer Yoga-Einheit geübt. Denn die Sequenz bringt den Körper in Bewegung und aktiviert den Kreislauf sowie alle wichtigen Muskelgruppen. Die Kombination aus verschiedenen Asanas, ein Mix aus Vorbeugen, Rückbeugen und Umkehrhaltungen, gilt deshalb als optimale Vorbereitung auf die Yoga-Praxis.
Tradition des Sonnengruß mehrere Jahrtausende alt
"Surya Namaskar", wie die Bewegungsfolge auf Sanskrit heißt, bedeutet wörtlich übersetzt "Gruß an die Sonne" oder "Sonnengebet", was auf den spirituellen Hintergrund der Bewegungsabfolge hinweist. Die Tradition des Sonnengrußes reicht viele Jahrtausende zurück und wurzelt in der rituellen Sonnenanbetung, die einst in vielen antiken Kulturen verbreitet war. Der moderne Sonnengruß, wie er heute im Yoga geübt wird, stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert. Die ersten Aufzeichnungen zu der bekannten Sequenz finden sich in einem Kommentar zu Hatha Yoga Pradipika, einer der grundlegenden Schriften des Yoga.
Der Sonnengruß soll einerseits Dankbarkeit für die Sonne symbolisieren, da diese das Leben auf der Erde ermöglicht. Andererseits steht der Sonnengruß auch für die Hinwendung an "das spirituelle Licht in uns selbst", wie das "Yoga Journal" berichtet. "Du grüßt die äußerliche Sonne für ihre lebensspendende Kraft und deine innere Sonne, weil sie Bewusstsein schafft", zitiert das Magazin den Yogalehrer und Buchautor Richard Rosen. Es gehe darum, eine bewusste Verbindung sowohl zu sich selbst als auch zur Außenwelt zu kultivieren.
Mentale und körperliche Vorbereitung auf den Tag
Traditionell wird der Sonnengruß – als mentale und körperliche Vorbereitung auf den Tag – zum Sonnenaufgang geübt. Denn die Bewegungen wecken den Körper auf, mobilisieren die Gelenke und die Wirbelsäule. Daneben bietet die Sequenz noch eine ganze Reihe weitere, körperliche Vorteile. Bei regelmäßiger Ausführung stärkt der Sonnengruß den gesamten Körper, insbesondere die Muskeln in Armen und Beinen. Zudem fördert die Bewegungsfolge Flexibilität und Ausdauer. Der Sonnengruß trainiert auch das Atmungssystem, sodass sich die Atemräume und das Atemvolumen auf lange Sicht erweitern können. Auf den Geist soll die Abfolge von Yoga-Posen erweckend und aktivierend wirken. Die Asanas können die Konzentration und die mentale Ausdauer erhöhen, da die Aufmerksamkeit stets auf einen Punkt gelenkt werden soll: die nahtlose Ausführung der Bewegungen. Indem diese mit dem Atem verbunden werden, sollen außerdem Körper und Geist in Einklang kommen.
In der Regel führt man zu jedem Atemzug eine Asana aus. Daraus ergibt sich eine zügige und dynamische Sequenz, die das Herz-Kreislauf-System in Schwung bringt. Gerade für Anfänger ist es jedoch empfehlenswert, mehrere Atemzüge in einer Pose zu verharren. So wird der Sonnengruß langsam und eher meditativ. Der Fokus liegt hierbei auf Dehnung und innerer Ruhe statt auf Kraft und Ausdauer. Mit diesen beiden Varianten lässt sich der Sonnengruß bei jeder Yoga-Einheit auf die aktuelle Tagesform anpassen. Der Sonnengruß kann dank seiner ausgewogenen Bewegungsabfolge aber auch als eigenständige Yoga-Einheit absolviert werden. Besonders dann, wenn nur wenig Zeit für die Yoga-Praxis bleibt. Wer nur zehn oder 15 Minuten zur Verfügung hat, kann schlicht mehrere Sonnengrüße hintereinander durchführen.
Jelena Lieberberg, zertifizierte Yogalehrerin, Heilpraktikerin und Osteopathin aus Berlin, zeigt den klassischen Sonnengruß, bestehend aus zwölf Asanas und einigen Übergangshaltungen. Integriert man die Bewegungsabfolge in eine regelmäßige Yoga-Praxis, kommt schnell Routine in den Ablauf, sodass man den Sonnengruß bald als geschmeidige Bewegungsabfolge ausführen kann.
Quellen: Lotuscraft, "Yoga Journal (I)", "Yoga Journal (II)"