Als Vitoria Bueno fünf Jahre alt ist, möchte sie unbedingt in die Tanzschule gehen. Ihre Mutter verbietet es. Sie hat zu viel Angst, dass ihre kleine Tochter ausgelacht wird. Aber Vitoria besteht darauf: Sie will tanzen lernen. Auch wenn ihr etwas fehlt, das man vermeintlich dafür braucht: Arme.

Heute, viele Jahre später, hat Vitoria Bueno ihre Auszeichnung zur Profi-Tänzerin an der Royal Academy of Dance in London bestanden, war in zahlreichen Talentshows zu Gast und hat über eine halbe Million Follower auf Instagram. „Ich möchte Menschen Mut machen. Äußerliche Bedingungen müssen einen nicht definieren“, sagt Vitoria Bueno.

Ein Babystrampler mit leeren Ärmeln

Als Baby Vitoria in dem kleinen brasilianischen Dorf Santa Rita do Sapucai – 400 Kilometer von Rio de Janeiro entfernt – zur Welt kommt, ist sie eine lokale Sensation. Die Menschen stehen Schlange, um zu sehen, ob unter den Ärmelchen ihres Strampelanzugs wirklich nichts ist.

Doch als Vitoria älter wird, verschwindet die Sensationslust. Andere Kinder spielen ihr gemeine Streiche, hänseln sie. „Die Worte und das Lachen der anderen tat mir sehr weh, aber ich versuchte, es ihnen nicht zu zeigen, um ihnen keine Befriedigung zu geben“, erinnert sie sich in der italienischen Zeitung „Corriere della Serra“.

Sie hat keine Arme, die sie im Tanzkurs grazil schwingen kann. Aber Vitoria lernt schnell: „Die Arme sind nur ein Detail. Wenn ich tanze, folge ich ihnen mit meinen Augen, als ob sie da wären.“ Die Füße sind beim Tanzen viel wichtiger. Und so wird ihr Nachteil zum Vorteil, denn ihre Fußmuskulatur ist besonders stark und elastisch. Essen, telefonieren, schminken – sie macht alles mit ihren Füßen. „Nur Haare bürsten ist manchmal schwierig. Dann frage ich meine Mutter“, sagt sie.

Bueno wohnt wieder bei Familie

Obwohl ihre Tanzauftritte sie schon um die halbe Welt gebracht haben und sie in London ihre Ausbildung zur Profi-Tänzerin absolviert hat, wohnt sie heute wieder bei ihrer Familie in dem kleinen brasilianischen Dorf.

Heute lacht keiner mehr über Vitoria Bueno. Neugierig geschaut wird aber immer noch. Ein Zustand, an den sie sich gewöhnt hat: „Ich weiß, wie viel ich wert bin und was ich alles schaffen kann“, sagt sie.

Wenn sie während ihrer Auftritte mal hinfällt, steht sie sofort wieder auf und hält ihren Kopf hoch. Genauso wie im echten Leben.