icon icon-welt-goWELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr AssistentJournalismus neu erleben und produktiver werden
Schleswig-Holstein

Die Einsamkeit der Spitzenkandidaten

Autorenprofilbild von Ulrich Exner
Von Ulrich ExnerKorrespondent
Veröffentlicht am 12.03.2016Lesedauer: 4 Minuten
Hat in der Nord-CDU keinen leichten Stand: Spitzenkandidat Ingbert Liebing
Hat in der Nord-CDU keinen leichten Stand: Spitzenkandidat Ingbert LiebingQuelle: dpa

Nicht nur in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz, auch im Norden bereiten sich die Parteien auf Landtagswahlen vor. Besonders die CDU fremdelt mit ihrem Frontmann.

Anzeige

Super-Wahlsonntag; nicht nur im Süden und im Osten schaut man an diesem Wochenende auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Auch in Schleswig-Holstein, wo sich die Kandidaten gerade warmlaufen für den Mai 2017, wird genau hingeschaut, wer hat, und wer nicht. Ein Trend zeichnet sich ab: Persönlichkeit, ein überzeugend auftretender Spitzenkandidat hilft sehr. Aber gerade daran mangelt es im Norden.

Bei der CDU zum Beispiel haben sie in den vergangenen Wochen versucht, doch noch einmal das Zugpferd zu wechseln. In diversen Gesprächen haben sich diverse Christdemokraten bemüht, den einsamen Parteivorsitzenden Ingbert Liebing dazu zu bewegen, auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2017 zu verzichten.

Anzeige

Liebing, so der vertraulich vorgetragene Ratschlag ehemaliger wie aktiver Parteigrößen, würde sich und der Union einen Gefallen tun, wenn er 2017 nicht für den Landtag, sondern erneut für den Bundestag kandidieren würde. Auch im Berliner Adenauer-Haus hätte man einen stillen Kandidatenwechsel in Richtung des Fraktionsvorsitzenden im Kieler Landtag, Daniel Günther, bevorzugt.

Stiller Rückzug – ausgeschlossen

Liebing ist seit Herbst 2014 CDU-Vorsitzender im Norden. Seine Kritiker werfen ihm mangelnde Kommunikations- und Führungsfähigkeit vor. Liebing ist es nicht gelungen, der seit dem Rückzug von Peter Harry Carstensen aus der aktiven Politik kriselnden Partei Profil und Selbstvertrauen zurückzugeben.

Anzeige

Der 52-Jährige will sich an diesem Sonnabend dennoch in seinem nordfriesischen Heimatkreis für den Landtag nominieren lassen. Damit schließt sich das Fenster für einen stillen Rückzug. Liebings Nominierung als Spitzenkandidat soll auf einer Landesvertreterversammlung am 11. Juni erfolgen.

Die aktuellen Bauchschmerz-Werte der Sozialdemokraten mit ihrem designierten Spitzenkandidaten, dem amtierenden Ministerpräsidenten Torsten Albig, sind nicht ganz so hoch. Zwar hat die bisherige Performance des Regierungschefs nicht jeden Genossen überzeugt, aber auf die Ideen, Albig einen Amtsverzicht nahe zu legen, käme derzeit niemand in der SPD. Der 52-Jährige, auch eher Einzelkämpfer als Netzwerker, wird, wenn nichts Unerwartetes passiert, am 7. Mai 2017 als amtierender Ministerpräsident in die Wahl ziehen.

Torsten Albig outet sich als Merkel-Fan

Die SPD demontiert sich selbst: Mitglied Torsten Albig hat verkündet, dass sein Parteichef Sigmar Gabriel bei der nächsten Bundestagswahl kaum eine Chance gegen Kanzlerin Angela Merkel hätte.

Bei diversen Regionalversammlungen wurde in dieser Woche schon mal ein passender Wahlkampf-Slogan probiert. Auf das „Lieblingsland“, mit dem Albig 2012 warb, könnte „Der beste Norden“ folgen. Die Stimmung an der roten Basis ist besser als in den meisten anderen Landesverbänden. Auch, weil eine von der SPD selbst in Auftrag gegebene, bisher unveröffentlichte, Meinungsumfrage nicht ganz so desaströs ausfiel wie die absehbar schlechten Wahlergebnisse für die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.

Nicht ganz so klar wie die Antwort auf die Frage nach dem Spitzenkandidaten ist die Frage nach der Zukunft des SPD-Landesvorsitzenden. Ralf Stegner will am 13. April bekannt geben, ob er 2017 für den Landtag oder doch für den Bundestag kandidieren will. Der starke Mann in der schleswig-holsteinischen SPD wird er in jedem Fall bleiben.

Das kann man in dieser Deutlichkeit von Robert Habeck, vor vier Jahren unumschränkter Liebling des grünen Landtagswahlkampfs, nicht sagen. Der Energiewendeminister hat bereits vor einem Jahr hinterlegt, dass er künftig lieber im Bund als im Land Politik machen möchte. Wobei unklar ist, ob die Parteibasis im Bund diesem Wunsch Anfang 2017 Rechnung tragen wird.

Alles deutet auf ein Duell Habeck gegen von Notz hin

Entsprechend offen und vom Landesvorstand der Grünen in der Schwebe gelassen, ist die Frage, was Habecks Drang nach Berlin für die Nord-Grünen bedeutet. Deren bisheriger Statthalter in Berlin, Konstantin von Notz, macht keinerlei Anstalten seinen Platz auf der Landesliste zugunsten Habecks zu räumen. Im Gegenteil. Die Vielzahl von Auftritten und Pressemitteilungen des Bundestagsabgeordneten deutet eher auf eine gewisse Kampfeslust hin. Gut möglich, dass das Duell Habeck gegen von Notz schon auf der Landes-Delegiertenversammlung Ende April ausgetragen wird. Der Ausgang wäre ebenso ungewiss wie die Antwort auf die Frage nach der farblichen Zusammensetzung der nächsten Landesregierung.

Vorausgesetzt, die im Norden komplett zerstrittene AfD surft auf der Welle allgemeiner Unzufriedenheit auch in den Kieler Landtag, die Linke gleich dazu, sind diverse Dreier- und Viererbündnisse denkbar. Womöglich gibt dann das Wort des unumstrittensten aller Spitzenkandidaten den Ausschlag. Wolfgang Kubicki, 64, wird die Nord-FDP sowohl in den Landtags- auch in den Bundestagswahlkampf führen. Da die Reihenfolge der Wahlgänge passt, könnte er im Erfolgsfall zunächst in Kiel eine Regierung mit, zum Beispiel, der SPD und den Grüne bilden; vier Monate später im Bundestag dann eine mit der CDU und den Grünen. Flexibilität, keine Frage, könnte auch von Nutzensein im kommenden Wahlkampfjahr.