16 Angeklagte! Mega-Prozess in Turnhalle: Automaten-Bomber übten in eigener Sprengschule

Gefesselt wird Mesut K. in die Turnhalle geführt. Er soll Mitglied der Automatenbomber-Gang sein

Gefesselt wird Mesut K. in die Turnhalle geführt. Er soll Mitglied der Automatenbomber-Gang sein

Foto: Joerg Voelkerling

Bamberg (Bayern) – Der eine grinste frech, der andere reckte siegessicher den Daumen in die Kamera, der nächste zog sich die Not­ebook-Tasche seines Anwalts über den Kopf, um nicht erkannt zu werden. Tag 1 im größten Prozess gegen Bankautomaten-Sprenger, den es in Deutschland je gab. Aus Platz­gründen wurde das Verfahren in eine Sporthalle der Bundespolizei verlegt.

Gleich 16 Mitglieder der marokka­nisch-niederländischen „Mocro“-Bande stehen seit Donnerstag vor dem Landgericht Bamberg (Bayern). Die Männer, zwischen 23 und 42 Jahre alt, sollen seit 2022 mindestens 3,3 Mio. Euro Beute gemacht und dabei 5,5 Mio. Euro Schaden in den zerstörten Bankfilialen in ganz Deutschland angerichtet haben.

Zakari C. kam mit einer Notebook-Tasche über dem Kopf ins Gericht, um sich vor den Kameras zu verstecken

Zakari C. kam mit einer Notebook-Tasche über dem Kopf ins Gericht, um sich vor den Kameras zu verstecken

Foto: Joerg Voelkerling

Im Prozess wurde auch klar, wie die Automatensprenger arbeiten.

Demnach kamen die Gangster sehr früh am Morgen und im Schutz der Dunkelheit aus den Niederlanden, suchten autobahnnahe Bank-Filialen. Dann schoben sie den Plastiksprengstoff „Semtex“ mit einem Pizzaschieber ins Geld­ausgabe-Fach, sprengten den Automaten auf, holten die Geldkassette heraus und rasten im hochmotorisierten Audi RS6 mit geklauten Kennzeichen davon. „Das dauerte höchstens zwei bis vier Minuten“, sagte ein Er­mittler einmal fast bewun­dernd.

Offenbar siegessicher streckt der angeklagte Nabil S. beide Daumen nach oben

Offenbar siegessicher streckt der angeklagte Nabil S. beide Daumen nach oben

Foto: Joerg Voelkerling

Doch am 30. Januar 2023 lie­ßen Ermittler der Landes­kriminalämter in München und Stuttgart die Spreng-Bande hochgehen. Der sogenannte „Action Day“ war ein sensationeller Erfolg: Gleich 16 der nun Angeklagten wurden zeitgleich festgenommen.

Die Hintermänner: Unbekannt! Geständnisse? Nicht zu erwarten.

An ausrangierten Automaten trainierten sie das Sprengen

Vor Gericht gaben die Männer mit niederländischer, marokkanischer und afghanischer Staatsangehörigkeit lediglich ihre Berufe an: Kfz-Mechaniker, Fußballspieler, Logistiker. Tatsächlich sollen sie in den Problemvierteln von Utrecht, der Hauptstadt der „Plofkraker“ („Knallknacker“), für schnelles Geld angeworben wurden sein. In einer eigenes eingerichteten „Sprengschule“ hätten sie dann an ausrangierten Automaten geübt – für den Einsatz in Deutschland.

Im Hintergrund hängen die Sprossenwände: Aus Platzgründen wurde der Prozess in eine Sporthalle verlegt

Im Hintergrund hängen die Sprossenwände: Aus Platzgründen wurde der Prozess in eine Sporthalle verlegt

Foto: Joerg Voelkerling

Nach 461 Sprengungen im vergangenen Jahr legten die deutschen Ermittler der Bande schließlich das Handwerk. Stundenlang sichteten sie Überwachungskamera-Auf­nahmen aus den Banken, werteten Funkzellen aus. Im Podcast „Spur der Tä­ter“ erklärte Kri­minaloberrat Jürgen Harle vom LKA in Bayern: „Ein star­ker Hinweis war zu Beginn die Kleidung, weil wir die dem holländi­schen Markt zuordnen konn­ten.“ Dazu kamen Auffällig­keiten der meist zu dritt auf­tretenden Männer bei Statur und Gang.

Den 16 Automaten-Bombern drohen nun we­gen schweren Bandendieb­stahls, Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Zerstören eines Bauwerks bis zu zehn Jahre Knast. Das Ur­teil in dem Mammutprozess will Richter Markus Reznik frühestens am 20. Dezember verkünden.

Bomber-Bande hat noch 500 Mitglieder

Tatsächlich sind die jetzt Angeklagten aber nur ein kleiner Teil der „Mocro“-Bande, die etwa 500 Mitglieder haben soll. Und die lassen sich von der Fest­nahme ihrer Komplizen nicht abschrecken: Allein in dieser Woche knallte es er­neut in Verden, Berlin, Gerlin­gen und zweimal in einer Nacht in Unterfranken.

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