16 Angeklagte! Mega-Prozess in Turnhalle: Automaten-Bomber übten in eigener Sprengschule
Bamberg (Bayern) – Der eine grinste frech, der andere reckte siegessicher den Daumen in die Kamera, der nächste zog sich die Notebook-Tasche seines Anwalts über den Kopf, um nicht erkannt zu werden. Tag 1 im größten Prozess gegen Bankautomaten-Sprenger, den es in Deutschland je gab. Aus Platzgründen wurde das Verfahren in eine Sporthalle der Bundespolizei verlegt.
Gleich 16 Mitglieder der marokkanisch-niederländischen „Mocro“-Bande stehen seit Donnerstag vor dem Landgericht Bamberg (Bayern). Die Männer, zwischen 23 und 42 Jahre alt, sollen seit 2022 mindestens 3,3 Mio. Euro Beute gemacht und dabei 5,5 Mio. Euro Schaden in den zerstörten Bankfilialen in ganz Deutschland angerichtet haben.
Im Prozess wurde auch klar, wie die Automatensprenger arbeiten.
Demnach kamen die Gangster sehr früh am Morgen und im Schutz der Dunkelheit aus den Niederlanden, suchten autobahnnahe Bank-Filialen. Dann schoben sie den Plastiksprengstoff „Semtex“ mit einem Pizzaschieber ins Geldausgabe-Fach, sprengten den Automaten auf, holten die Geldkassette heraus und rasten im hochmotorisierten Audi RS6 mit geklauten Kennzeichen davon. „Das dauerte höchstens zwei bis vier Minuten“, sagte ein Ermittler einmal fast bewundernd.
Doch am 30. Januar 2023 ließen Ermittler der Landeskriminalämter in München und Stuttgart die Spreng-Bande hochgehen. Der sogenannte „Action Day“ war ein sensationeller Erfolg: Gleich 16 der nun Angeklagten wurden zeitgleich festgenommen.
Die Hintermänner: Unbekannt! Geständnisse? Nicht zu erwarten.
An ausrangierten Automaten trainierten sie das Sprengen
Vor Gericht gaben die Männer mit niederländischer, marokkanischer und afghanischer Staatsangehörigkeit lediglich ihre Berufe an: Kfz-Mechaniker, Fußballspieler, Logistiker. Tatsächlich sollen sie in den Problemvierteln von Utrecht, der Hauptstadt der „Plofkraker“ („Knallknacker“), für schnelles Geld angeworben wurden sein. In einer eigenes eingerichteten „Sprengschule“ hätten sie dann an ausrangierten Automaten geübt – für den Einsatz in Deutschland.
Nach 461 Sprengungen im vergangenen Jahr legten die deutschen Ermittler der Bande schließlich das Handwerk. Stundenlang sichteten sie Überwachungskamera-Aufnahmen aus den Banken, werteten Funkzellen aus. Im Podcast „Spur der Täter“ erklärte Kriminaloberrat Jürgen Harle vom LKA in Bayern: „Ein starker Hinweis war zu Beginn die Kleidung, weil wir die dem holländischen Markt zuordnen konnten.“ Dazu kamen Auffälligkeiten der meist zu dritt auftretenden Männer bei Statur und Gang.
Den 16 Automaten-Bombern drohen nun wegen schweren Bandendiebstahls, Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Zerstören eines Bauwerks bis zu zehn Jahre Knast. Das Urteil in dem Mammutprozess will Richter Markus Reznik frühestens am 20. Dezember verkünden.
Bomber-Bande hat noch 500 Mitglieder
Tatsächlich sind die jetzt Angeklagten aber nur ein kleiner Teil der „Mocro“-Bande, die etwa 500 Mitglieder haben soll. Und die lassen sich von der Festnahme ihrer Komplizen nicht abschrecken: Allein in dieser Woche knallte es erneut in Verden, Berlin, Gerlingen und zweimal in einer Nacht in Unterfranken.