Kunst am Bau - Wie eine Künstlerin ein Wandgemälde für eine Grundschule entwickelt

So 12.05.24 | 08:15 Uhr | Von Caroline Winkler
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Montage eines Wandgemäldes des „Kunst am Bau“ Projekts von Anna Ingerfurth in der Grundschule am Blockdammweg in Lichtenberg am 30.04.2024. (Quelle: rbb24/Caroline Winkler)
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Video: rbb24 | 11.05.2024 | Caroline Winkler | Bild: rbb24/Caroline Winkler

Anna Ingerfurth thematisiert in ihren Gemälden Spiele als zwischenmenschliche Interaktionen. Für eine Lichtenberger Grundschule hat sie sechs Motive als Wandgemälde entwickelt. Caroline Winkler hat den Entstehungsprozess dokumentiert.

Auf der Baustelle der Grundschule am Blockdammweg packen im zweiten Stock des Gebäudes zwei Personen eine in Luftpolsterfolie verpackte Alufigur aus. Sie tragen weiße Kunsthandschuhe. Es ist Ende April, die Künstlerin Anna Ingerfurth ist dabei, mit ihrem Team ihr Kunst-am-Bau-Projekt in der Schule zu montieren. Ihr Wandgemälde besteht aus sechs Motiven und wird in zwei Treppenhäusern zu sehen sein.

Stuttgarter Künstlerin gewann Wettbewerb

Im Rahmen der über zehn Jahre laufenden Schulbauoffensive [externer Link] werden in Berlin bis 2026 zahlreiche neue Schulen gebaut. Das umfangreiche Infrastruktur-Projekt startete 2016 und finanziert sowohl Sanierung und Umbau bestehender Gebäude als auch Neubauten. Für alle mit öffentlichen Mitteln errichteten Bauten, wie etwa Schulen, wird ein fester prozentualer Anteil der Bausumme für Kunst aufgewendet.

Die Kunst-am-Bau-Vorgabe ist in der Anweisung Bau des Landes Berlin (Abau) geregelt. Dafür wird ein nichtoffener anonymer Wettbewerb [externer Link] vom Bezirksamt, in diesem Falle Lichtenberg, mithilfe des Bundesverbands Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK Berlin) ausgelobt. Für die Schule in Karlshorst wurden zehn professionelle Künstler:innen ausgewählt und zum Wettbewerb eingeladen. Mit ihrer Arbeit "Einsteigen" entschied die Stuttgarter Künstlerin Anna Ingerfurth den Wettbewerb im Dezember 2022 für sich.

Fäden als Hula-Hoop-Reifen

"Die Idee für den Kunst am Bau war, dass ich gerne Spiele darstellen wollte, im weitesten Sinne. Im Sinne von Interaktionen zwischen Leuten, die vage an Spiele erinnern," erklärt Anna Ingerfurth. "Zum Beispiel an ein Fadenspiel. Aber eigentlich geht es darum, als Kind mit einzusteigen, das sich selber darin sieht oder weiterspinnt, was dargestellt ist."

Eines ihrer Motive zeigt eine Frau in blauem Kleid mit roter Strumpfhose, die ineinander verwickelte Fäden wie einen Hula-Hoop-Reifen trägt. Darum herum bilden sich weitere Fäden, die sich bis zu einer anderen Person schlängeln. Es ist eines von drei Motiven, die nach dem ersten Aufbautag in einem der beiden Treppenhäuser montiert sind. Vorsichtshalber wurden sie mit einer Staubschutzfolie abgeklebt. Auf der Baustelle herrscht Hochbetrieb.

"Die Idee war, dass ich gerne Spiele darstellen wollte"

Wandgemälde an Waschbetonwänden

Anna Ingerfurth musste in der Konzeption ihrer Arbeit bauliche Gegebenheiten beachten. "Man muss natürlich darauf achten, dass die Schüler in der Schule nicht daran hängen bleiben und sich verletzen können, oder dass es nicht verkratzt werden kann, durch Schulranzen, die daran entlang streifen."

"Ich male auf Aluelemente, die ausgelasert sind. Die werden grob geschliffen, dreimal grundiert, mit Acrylfarbe bemalt und zum Schluss lackiert", erläutert die Künstlerin. Die drei Millimeter starken Aluelemente werden direkt auf die Waschbetonwände der Treppenhäuser aufgeklebt. Die ausgepackte Figur wird zu Ingerfurth, die auf einem Gerüst steht, hinaufgereicht. Mithilfe von zwei weiteren Personen, ebenso mit weißen Handschuhen auf dem Gerüst stehend, wird sie an die Wand gehalten und die genaue Position markiert. Die Figur wird wieder hinuntergereicht, mit Montagekleber bestrichen und dann wieder hinaufgereicht, an der Wand positioniert und festgedrückt.

Platzhalter für Schüler und Schülerinnen

Element für Element bildet sich an diesem Vormittag ein Stammbaum aus abstrakten, farbigen, in die Höhe wachsenden Ästen und Zweigen, die zwei lebensgroße Figuren tragen. Eine Person hat die Beine zu einer Kerze in die Luft geschwungen. "Ich will nicht einen Herrn Müller oder eine Frau Meier darstellen. Sondern das sind Platzhalter, in denen sich jeder drin sehen könnte, wenn er wollte. Das soll nicht explizit eine Person darstellen, sondern für viele ein Einsteig sein, um sich oder auch den Freund oder die Freundin darin sehen zu können."

Auf einem zweiten Motiv blickt eine Frau, von einem mehrfarbigen Fenster oder Bilderrahmen umgeben, in die Ferne. Farbige Taue wachsen aus dem Fenster, die ein Mann in den Händen hält und über der Schulter trägt. Drei Personen ihres Aufbauteams tragen die Fernseherin vorsichtig an ihre Position am Treppenabsatz. Da das große Aluelement über Betonfugen liegt, müssen diese mit Aluelementen gefüllt werden. Zum Ende des zweiten Aufbautages ist auch der Taue tragende Mann an seinem Platz.

"Einsteigen"

In den Treppenhäusern wird bald Leben einziehen. Sobald die letzten Bauarbeiten vollendet sind und die Übergabe an die Schule erfolgt ist, können Lehrer- und Schüler:innen von ihrem Provisorium in ihre neue Schule umziehen. "Wenn ein Kind einsteigen kann in das Thema, welches ich bearbeite oder in ein Treppenhaus, um von einem Klassenzimmer zum anderen zu kommen oder von einem Unterricht in den nächsten, das fand ich sehr schön als Bild. Deshalb habe ich der Arbeit den Titel "Einsteigen" gegeben."

 

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Beitrag von Caroline Winkler

16 Kommentare

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  1. 16.

    Wow, was für eine tolle Arbeit und was für eine schöne Idee, eine Schule mit Kunst zu verschönern. Sowas bräuchten wir in Bayern auch...

  2. 15.

    @"Jana": Das ist keine Meinung, sondern hingerotztes Irgendwas und sagt sehr viel mehr über Sie aus, als über Inhalte des Berichts.

    Ich empfinde es als wohltuend diesen Bericht zu lesen. Das Werk ist streitbar. Und das ist gut so.





  3. 14.

    Steckte man den Kunst-am-Bau-Betrag in schulische Kunstprojekte, könnten die Kinder über x Jahre die Schule mit eigenen Werken ausgestalten und sie so zu ihrer Schule machen. Statt dessen geben Erwachsene viel Geld aus, um den Lebensraum der Kinder nach Erwachsenengeschmack gestalten zu lassen. Und das in schreienden Farben, die kein selbst gemaltes Bild neben sich dulden.
    Identifizierungsfaktor: null.
    Schade, viel Geld für nichts.

  4. 13.

    Das Bändermotiv ein modisches Detail durchzieht seit Jahren die moderne Malerei ,also auch kein eigener neuartiger Einfall.Wer war bloß wieder für die Auswahl in der Jury zuständig?Die blassen toten Figuren, auch so ein retro Gedanke an alte Kinderbuchfiguren.Etwas wirklich zeitloses in Farb und Formsprache und klarer Einfachheit hätte ich erwartet.Auch mit dem Beton kann man anders umgehen.Nicht die beste Auswahl,aber vielleicht gab es keine andere Auswahl der Kandidatinnen ?

  5. 12.

    Natürlich ist die Auswahl der Künstler anonym.Aber muss es wieder eine Stuttgarter Künstlerin sein?Es gibt viele gute Künstler in Berlin und Umgebung,welche an solche Ausschreibungen nicht ran kommen.Es gab früher im Osten eine große Tradition mit Kunst am Bau wie jeder weiß.Was gab es da für schöne sehr farbige und phantasievolle Wandbilder!Auch Lichtenberg ist voll davon,nichts von sozialistischem Realismus wie einige denken.Das Thema Spiele oder Bäume nichts Neues.

  6. 11.

    Mein erster Gedanke war auch: Warum so viel „Bleichgesichter“ und warum so emotionslose Erwachsene?
    Kunst am Bau finde ich als Idee super, den Bezug zu Grundschulkindern finde ich bei den gewählten Motiven nicht. Passt eher in eine Berliner Behörde.
    Kindgerecht heißt ja nicht infantil, aber ein paar mehr abgebildete Kinder wären für die Zielgruppe sicher ansprechender.

  7. 10.

    mmh, die Figuren sind alle weißhäutig, wirken ordentlich bis streng, erwachsen, glatt, mit Geld, Frau, Mann - wäre ich ein Kind würde ich mich fragen, was die Frau, der Mann da machen. Ich würde die Figuren nicht als Einladung für mich als Kind verstehen, (gedanklich) mitzuspielen. Auch, weil sie stereotyp aussehen/wirken, leblos, homogen und austauschbar. Richtig treudeutsch. Schade. Ein paar berlinbunte Kinder hätten besser gepasst.
    Trotzdem, auch ich finde es sehr gut, dass Farbe und Bewegung ins TreppenhausGrau kommt. Und sehr gut, dass die Künstlerin den Auftrag bekommen hat und hoffentlich vernünftiges Geld mit ihrer Arbeit verdient hat.

  8. 9.

    Tatsächlich Waschbeton oder doch Sichtbeton?

  9. 8.

    Waschbeton, die armen Kinder. Ich finde die Bilder zwar nicht schön, aber wenigstens etwas Farbe. Sonst würde die Schule aussehen wie ein Knast.

  10. 7.

    Vielleicht liegt es daran, dass schwarz-weiß Fotos wieder voll im Trend sind und viele Menschen ihr Leben nur noch mit 'nem Bleistift skizzieren, statt es bunt auszumalen. Es ist bunt, wenn man will, sieht man's sogar!

  11. 6.

    Das ist eine Grundschule und es sollen ja Kinder hingehen also was soll das mit infantil ?
    Und wie toll das das einheitsgrau an Häusern , Steingärten und in vielen Köpfen und Seelen wenigstens im Schulalltag mit farbenfrohen Elementen aufgepeppt wird was Gute Laune verbreitet und nicht wie der erste Kommentar erstmal schlechte Stimmung macht!

  12. 5.

    ......die Idee mit dem Graffiti Projekt an Ihrer Schule finde ich übrigens wirklich super, Glückwunsch für so eine tolle Idee.

  13. 4.

    ......woher wollen Sie eigentlich wissen, dass sich die Schüler darin nicht wiederfinden? Das ist Ihre Meinung aber vielleicht sehen es ja die Schülerinnen und Schüler dieser Schule vollkommen anders.

  14. 3.

    .....habe ich befürchtet, dass so etwas ähnliches als erstes hier stehen würde? Ich würde gerne von Ihnen wissen: was meinen Sie mit "infantil"? Die Wandgemälde sind für eine Grundschule und nicht für die Akademie der Künste.

  15. 2.

    An unserer Schule gibt's jährlich ein Graffiti Projekt. Die Kinder haben unter Anleitung von Profis eigene Ideen gesammelt, aufgezeichnet und dann ans Schulgebäude gesprayt. Sieht voll cool aus, die Kinder hatten Spaß und das Geld hierfür wurde vom Förderverein gegeben.
    Ich schließe mich #1 an, Steuergelder für das o.g. sind definitiv zu schade....

  16. 1.

    Was kostet den Steuerzahler dieser infantile Unfug, indem sich die „Künstlerin“, aber sicher kein Schüler wiederfinden mag?

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