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Greenwashing-Vorwürfe "Praktiziert, was ihr predigt": Yoga-Fans protestieren gegen Mode-Label Lululemon

Ein Lululemon-Laden in New York bei Nacht
Lululemon-Gründer Chip Wilson witterte Ende der 90er-Jahre eine steigende Begeisterung für Yoga. Sein Label konzentrierte sich erst auf Yoga-Bekleidung, vertreibt inzwischen aber auch Ausrüstung und Kleidung für viele andere Sportarten. 
© Photoshot / Picture Alliance
Fast jeder Yoga-Fan dürfte mindestens ein Kleidungsstück von Lululemon besitzen. Die beliebte Marke ist aber jüngst in die Kritik geraten, nachdem öffentlich wurde, dass ein Großteil der Energie für die Produktion aus Kohle stammt.

Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Frieden. Mit diesen Schlagworten wirbt das Yoga-Modelabel Lululemon auf seiner Webseite. Das kanadische Unternehmen galt lange Jahre als Marke, die das Lebensgefühl und die Werte des Yoga verkörpert – ein Image, das dem Konzern zu gigantischem Erfolg verhalf. Der Jahresumsatz liegt inzwischen bei 6,3 Milliarden Euro. Gefühlt gibt es kaum einen Yoga-Fan, der nicht mindestens eine Lululemon-Leggins im Kleiderschrank hat. In vielen Yoga-Studios ist das rot-weiße, kreisförmige Logo der Marke omnipräsent. Ein Symbol für qualitativ hochwertige und – scheinbar – ethisch korrekt hergestellte Bekleidung.

Energie für Lululemon-Klamotten kommt aus Kohle

Doch seit einigen Wochen protestiert ausgerechnet die ureigene Zielgruppe gegen den Mulitmilliarden-Dollar-Konzern. Grund dafür ist ein Report der australischen Umweltschutzorganisation Action Speaks Louder, der aufzeigt, dass fast die Hälfe der Energie für die Herstellung der Lululemon-Produkte aus Kohle stammt. Ein fossiler Brennstoff, der den Klimawandel  anheizt und Luftverschmutzung verursacht.

Den Großteil seiner Sportartikel lässt das Unternehmen in Vietnam, Kambodscha, China, Sri Lanka und Bangladesch herstellen. Nach Angaben der Aktivisten machen fossile Brennstoffe 73 Prozent der Energie aus. 49 Prozent davon seien Kohle, während der Anteil erneuerbarer Energien gerade einmal bei vier Prozent liegt.

Protest-Aktion und offener Brief

Eine Tatsache, die nicht mit dem ethischen Branding des Labels zu vereinen sei, meint die Umweltschutzorganisation. Dem stimmten Yogalehrer und -Schüler auf der ganzen Welt zu. Dem Aufruf zum "größten Yoga-Protest" Mitte September folgten Dutzende Yoga-Fans und Klimaaktivisten. Sie versammelten sich vor dem Hauptsitz des Unternehmens in Vancouver und schmierten zum Teil ihre Lululemon-Klamotten mit schwarzer Farbe ein. So, als seien sie mit Kohle verschmutzt. Der Sportartikelhersteller "zeichnet sich wirklich durch eine große Diskrepanz zwischen dem aus, was er sagt, und dem, was er tut", zitiert der "Guardian" Laura Kelly, Leiterin der Kampagne bei Action Speaks Louder.

Ein Lululemon-Store in Düsseldorf
Auch in Deutschland gibt es mehrere Lululemon-Läden, unter anderem in Düsseldorf
© Michael Gstettenbauer

Einen offenen Brief an den Mode-Giganten haben bisher mehr als 4500 Yogalehrer aus über 30 Ländern unterzeichnet, die zugehörige Petition zählt 39.000 Unterschriften. "Praktiziert, was ihr predigt", fordern die Yoga-Anhänger. Sie verlangen, dass das Label auf erneuerbare Energien umsteigt: Der Marktführer müsse ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz werden. Die Nutzung von Kohle sei nicht vertretbar mit dem Markenauftritt des Unternehmens. Ein Unternehmen mit dem Slogan "Be Human, be Well, be Planet". Ein Unternehmen, das auf seiner eigenen Nachhaltigkeits-Webseite schreibt: "Unsere Produkte und unser Handeln vermeiden Umweltbeeinträchtigungen und tragen zur Wiederherstellung eines gesunden Planeten bei."

Eine ganze Reihe Skandale

"Lululemon ist im Bereich Energie vermutlich ähnlich schlecht oder gut wie die meisten restlichen Modehersteller", sagt Ingela Tietze, Expertin für nachhaltige Energiewirtschaft an der Hochschule Pforzheim, der "Zeit". Generell sei die Energieinfrastruktur in den Produktionsländern oft nur bedingt ausgebaut, Erdgas zum Beispiel sei nicht überall verfügbar. Trotzdem stört es die Yoga-Community, dass ihr Lieblings-Modelabel offenbar doch nicht so sehr an den Werten festhält, die es seit seiner Gründung 1998 propagiert. Bereits damals habe der Konzern laut dem Artikel der "Zeit" mit recyceltem Polyester geworben, vor chemischen Waschmitteln gewarnt und sich für "eine gesündere, blühende Zukunft" eingesetzt.

Negativ aufgefallen ist das Unternehmen bereits vor den aktuellen Erkenntnissen. Schuld daran waren unter anderem fragwürdige Aussagen des Lululemon-Gründers Chip Wilson, der beispielsweise Verständnis für Kinderarbeit äußerte oder meinte, dass die Oberschenkel mancher Menschen zu dick für seine Hosen seien. Außerdem geriet der Konzern aufgrund falscher Angaben zum Material seiner Bekleidung und schlechter Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern in die Kritik. Dennoch schaffte es das Unternehmen, zu einem der Marktführer bei Sportartikeln zu avancieren: Lululemon übertrifft die Wachstumsprognosen von Finanzexperten seit neun Quartalen in Folge.

Den Erfolg verdankt Lululemon zahlreichen Yogalehrern, die zu Markenbotschaftern des Labels wurden. Gründer Wilson schenkte ihnen Bekleidung und lud sie ein, in den Läden Yoga-Stunden zu geben. Dutzende Yogalehrer ließen sich in den Lululemon-Outfits fotografieren und warben damit gleichermaßen für sich selbst und für die Marke. Wie die "Zeit" berichtet, schuf sich das Label damit ein Netz aus 15.000 Micro-Influencern auf der ganzen Welt. Doch die wenden sich nun gegen den Konzern.

Lululemon bezieht Stellung 

"Kohle zu verbrennen, um Hoodies und Leggins herzustellen, ist inakzeptabel", "Die Umweltverschmutzung durch die Produktion von Lululemons Kleidung ist eine Bedrohung sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für den Klimawandel" und "Lululemon muss bei der Reaktion auf die Klimakrise führend sein und den Schaden reduzieren, den seine Produkte anrichten", schreiben Yogalehrer in dem offenen Brief. Der Mulitmilliarden-Dollar-Konzern hat die Greenwashing-Vorwürfe nicht unkommentiert gelassen.

"This is Yoga"-Schriftzug auf einem Lululemon-Laden
"This is Yoga" prangt auf dem Schaufenster eines Lululemon-Ladens. Dem würden zahlreiche Kunden nicht mehr zustimmen. "Das Erste, was man lernt, wenn man mit Yoga anfängt, ist: Man sollte niemand anderem Schaden zufügen – auch nicht der Umwelt", kritisiert ein Berliner Yogalehrer.
© Steven Senne / Picture Alliance

Man sei "Mitglied von Arbeitsgruppen, die sich bei ausgewählten Lieferanten für den Ausstieg aus der direkten Nutzung von Kohle engagieren", zitiert die "Zeit" aus einer Erklärung des Unternehmens. Man arbeite mit Partnern aus der Branche zusammen, um kollektive Klimaschutzmaßnahmen zu beschleunigen, heißt es weiter. Wie der "Guardian" berichtet, teilte das Unternehmen mit, dass die meisten seiner Lieferanten in Fabriken in Taiwan und China ansässig seien, "wo Strom und Energie teuer ist und überwiegend auf fossilen Brennstoffen basiert". Es bestehe jedoch die Möglichkeiten, dass die Lieferanten von Kohle auf Erdgas oder erneuerbare Energien umsteigen. 

In Sachen Klimaschutz "vom Weg abgekommen"

Im Jahresbericht über die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihrer Produktion gibt die Mode-Marke zu, dass man in Sachen Klimaschutz "vom Weg abgekommen" sei: Seit 2018 seien die Emissionen in der Produktion um vier Prozent pro Dollar gestiegen. Allein von 2020 auf 2021 ist der gesamte CO2-Ausstoß des Labels um 55 Prozent gestiegen. Des Problems sei man sich bewusst. Um die Emissionen einzudämmen, habe man sich verpflichtet, "weiterhin Innovationen in der gesamten Lieferkette voranzutreiben".

Der Konzern wolle eine nachhaltige Bekleidungsindustrie schaffen. Dieses Ziel kann jeder Yoga-Fan auf der Webseite von Lululemon nachlesen: "Wir arbeiten auf eine CO2-neutrale Zukunft hin und beginnen damit, unsere eigenen Emissionen zu reduzieren", steht dort. Gleich neben den Grundsätzen Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Frieden.  

Quellen: "Die Zeit", Lululemon, Lululemon 2021 Impact Report, MarketScreener, "New York Post", "The Guardian"

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