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US-Wahl am Dienstag Astronaut, Pastor, Football-Coach: Diese Politiker kämpfen um einen Sitz im US-Senat

Die Demokraten Mark Kelly und Raphael Warnock sowie der von Trump unterstützte Tommy Tuberville (v.l.)
Die Demokraten Mark Kelly und Raphael Warnock sowie der von Trump unterstützte Tommy Tuberville (v.l.) haben alle gute Chancen in ihren jeweiligen Staaten
© Consolidated News Photos / Elijah Novelage / Kirk Irwin / AFP / Picture Alliance
Am Dienstag schaut die ganze Welt nach Amerika. Doch nicht nur der Präsident steht zur Wahl, auch 35 Sitze im Senat sollen neu besetzt werden. Die Demokraten müssten drei oder vier Sitze dazugewinnen, um den Republikanern die Kontrolle über den Senat abzuluchsen.

Donald Trump oder Joe Biden: Wer wird sich am Dienstag das Amt des angeblich mächtigsten Mannes der Welt sichern? Die Umfragen sehen den demokratischen Herausforderer etwas vorn. Doch ähnlich ging es auch Hillary Clinton vor vier Jahren. Das Wahlresultat fiel jedoch anders aus.

Der Ausgang bleibt also ungewiss. Was allerdings schon jetzt klar ist: Entscheidend für die (zumindest ersten zwei Jahre der) Präsidentschaft wird sein, ob sich die Partei des Siegers auch die Mehrheit im Senat sichert. Denn auch dort stehen am Dienstag 35 Sitze zur Wahl.

Die Kammer ist aktuell mit 53 von 100 Sitzen knapp unter republikanischer Kontrolle. Gewinnt Trump die Wahl, aber die Republikaner verlieren den Senat, dürfte er in seiner zweiten Amtszeit zur in der US-Politik berüchtigten "lame duck" werden, der handlungsbeschränkten "lahmen Ente". Auch Joe Biden dürfte Probleme mit der Umsetzung seiner Politik bekommen, wenn er gewinnt, aber der Senat republikanisch bleibt. Das Repräsentantenhaus ist bereits in Demokraten-Hand. Sollte Biden also gewinnen und seine Partei den Senat erobern, hätte er freie Bahn.

Die Demokraten halten aktuell 45 Sitze, zwei haben unabhängige Kandidaten inne, die allerdings mit den Demokraten eine Fraktion bilden und daher dazugezählt werden müssen. Es steht also 53 zu 47. Bei Gleichstand entscheidet der Vizepräsident. Für die Partei, die den Präsidenten stellt, reicht also ein Kräfteverhältnis von 50 zu 50, um die Kontrolle über den Senat zu erlangen. Lesen Sie, in welchen Staaten es besonders spannend wird.

Alabama favorisiert den Football-Coach

Im Südstaat Alabama steht der Sitz des demokratischen Senatoren Doug Jones zur Wahl. Er ist laut Umfragen der einzige Demokrat, der seinen Senatsposten zu verlieren droht. Dass er diesen überhaupt inne hatte, ist in dem tief konservativen Republikanerstaat eine Anomalie. Jones hatte sich 2017 in einer Sonderwahl überraschend durchgesetzt. Er war damals gegen den religiösen Fanatiker Roy Moore angetreten. Mehrere Frauen hatten diesen im Wahlkampf beschuldigt, er habe sie als Minderjährige belästigt oder missbraucht. Doch nun kandidiert der von Donald Trump unterstützte Tommy Tuberville, ein ehemaliger Universitäts-Footballcoach. Dieser führt in Umfragen mit rund zehn Prozentpunkten vor Jones. Das konservative Alabama wird also aller Voraussicht nach bald wieder zwei republikanische Senatoren nach Washington schicken.

Astronaut aus Arizona könnte Trumps Pläne durchkreuzen

Im Kupferstaat schickt sich ein sehr bekannter Astronaut und Waffenkontroll-Aktivist an, einen Senatssitz zu erobern: Mark Kelly flog mehrfach für die Nasa zur Internationalen Raumstation ISS und ist einer breiten Öffentlichkeit auch durch seine Ehefrau bekannt. Auf die demokratische Politikerin Gabby Giffords wurde 2011 ein Schusswaffenattentat verübt. Ein 22-Jähriger hatte ihr bei einer Bürgersprechstunde aus nächster Nähe in den Kopf geschossen und anschließend sechs Menschen getötet, darunter ein neunjähriges Mädchen. Giffords überlebte schwer verletzt. Ihr Mann Kelly setzt sich seitdem für strengere Waffengesetze ein.

In Arizona tritt er gegen Martha McSally an und führt in vielen Umfragen. Da der Sitz des verstorbenen Senators John McCain zur Wahl steht, könnte Kelly bei einem Sieg noch diesen Monat in den Senat einziehen und so die letzten Monate von Trumps erster Amtszeit durcheinanderbringen. Die Drei-Personen-Mehrheit der Republikaner ist anfällig, weil es bei Abstimmungen immer wieder Abweichler gibt.

Republikaner-Schwergewicht kämpft in South Carolina

Lindsey Graham ist eines der bekanntesten Gesichter seiner Partei. Zunächst hatte er sich als starker Trump-Kritiker hervorgetan. Doch der gewann 2016 South Carolina sehr klar und seitdem gehört Graham zu Trumps lautesten Unterstützern. Genau diese Kehrtwende soll ihn Beobachtern zufolge jedoch einige Wählerstimmen gekostet haben. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Jaime Harrison heraus. Dem Demokraten waren anfangs kaum Chancen gegeben worden. Dann gelang es ihm jedoch, innerhalb eines Vierteljahres mehr als 50 Millionen Dollar an Wahlkampfspenden einzusammeln – Graham trieb in der selben Zeit nicht einmal die Hälfte auf. Sollte Harrison gewinnen, würde South Carolina erstmals von zwei schwarzen Senatoren repräsentiert werden. Der Sieg wäre zudem ein Signal für eine größere demokratische Welle, die einen Sieg Bidens prognostizieren könnte.

North Carolina und ein Oldschool-Skandal

Der Republikaner Thom Tillis lag in vielen Umfragen hinter seinem Herausforderer Cal Cunningham. Doch der Demokrat geriet zuletzt wegen ehelicher Untreue in die Schlagzeilen. Nun wird sich zeigen, ob im Zeitalter von Donald Trum private Skandale immer noch einen Effekt auf die Wählerschaft haben. So oder so: Viele Experten sehen den Staat als Schlüssel. Wer hier gewinnt, wird vermutlich aus der Partei stammen, die künftig den Senat kontrolliert.

Iowa schien klar, doch wurde zuletzt immer knapper

Es ist der Swing State der USA, in dem traditionell die ersten Vorwahlen abgehalten werden. Aktuell schickt Iowa zwei Republikaner in den Senat und lange sah es so aus, als würde sich 2020/21 nichts daran ändern. Doch Favorit Joni Ernst hat zuletzt in den Umfragen Einbußen hinnehmen müssen und liefert sich nun ein knappes Rennen mit der Demokratin Theresa Greenfield. Wie so oft in Iowa gilt am Wahltag: Keine klare Prognose möglich.

Ex-Präsidentschaftsbewerber liegt in Colorado vorn

Ginge es nach John Hickenlooper, so würde er am Dienstag gegen Donald Trump antreten. Doch wegen schlechter Umfragewerte schied der Demokrat nach rund einem halben Jahr aus dem Kandidatenrennen seiner Partei aus. Zuvor hatte er zwar verkündet, kein Interesse am Senatssitz zu haben, änderte diese Ansicht jedoch als seine präsidialen Ambitionen versandeten. Er tritt gegen den Sitzinhaber Cory Gardener an, der genauso wie Trump in dem mehrheitlich demokratischen Staat keine guten Umfragewerte hat. Beobachter sagen Hickenlooper einen Sieg voraus.

Baptisten-Pastor hat gute Chancen in Georgia

Wegen einer Sonderwahl stehen hier zwei Sitze zur Wahl, beide werden von Republikanern gehalten, aber beide sind bedroht. Trump-Anhänger David Perdue wird von Demokrat Jon Ossof und dem parteilosen Shane Hazel herausgefordert. Sollte keiner die Hälfte der Stimmen bekommen, droht eine Stichwahl im Januar. Dieses Szenario gilt als wahrscheinlich. Genauso ist es auch beim zweiten Sitz, den Republikanerin Kelly Loeffler innehat. Die Unternehmerin übernahm den Posten, weil ihr Vorgänger aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste – deswegen nun die Sonderwahl. Sie muss sich gegen ihren Parteikollegen Doug Collins wehren und gegen den demokratischen Favoriten Raphael Warnock. Der ist Pastor einer Eben-Ezer-Baptistenkirche in Atlanta, die durch Martin Luther King jr. bekannt wurde. Ihm werden gute Chancen ausgerechnet. Sollten sich die Kräfteverhältnisse aus Georgia ändern, wird man das allerdings vermutlich erst im Januar sicher wissen.

Moderate Republikanerin in Maine unter Druck

Donald Trump polarisiert wie vermutlich kein zweiter US-Präsident vor ihm. Darunter leiden besonders moderate Republikaner wie Susan Collins. Die einst sehr beliebte Senatorin des nicht gerade Trump-freundlichen Staates Maine verliert seit 2018 kontinuierlich an Zustimmung. Damals hatte sie sich hinter Trumps hochumstrittene Wahl für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, gestellt – und von dem Wirbel darum nie wieder richtig erholt. Die Demokratin Sara Gideon will davon profitieren und führt in den Umfragen. Die 67-jährige Collins kennt ihren Staat jedoch gut und ist die deutlich erfahrenere Wahlkämpferin als ihre knapp 20 Jahre jüngere Herausforderin. Es bleibt also spannend bis zum Schluss.

Fazit

Die Republikaner werden in Alabama vermutlich einen Senatssitz erobern, die Demokraten haben dafür jedoch in Arizona, North Carolina, Colorado, Maine und auch Georgia recht gute Chancen, ihrerseits rote Sitze zu ergattern. Mit Iowa und South Carolina wackeln zwei weitere Republikaner-Senatoren bedenklich. Sie Vorzeichen stehen für die Demokraten also nicht schlecht, die Kontrolle im Senat zurückzuerlangen. Dann bliebe nur noch die Frage, ob sie damit einen wiedergewählten Trump behindern, oder einem Präsident Biden das Regieren erleichtern wollen.

Quellen:National Public Radio / BBC / Vox.com / Montgomery Advertiser

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