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Mysteriöse 6,7-Millionen Euro Darum geht es im Sommermärchen-Prozess gegen DFB-Funktionäre – und was Uli Hoeneß damit zu tun hat

Uli Hoeneß: "Ich glaube, ich bin der falsche Mann, Ihnen das zu erklären"
Uli Hoeneß: "Ich glaube, ich bin der falsche Mann, Ihnen das zu erklären"
© Ulrich Gamel / DPA
Der Prozess gegen den DFB wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der dubiosen 6,7-Millionen-Euro-Zahlung vor der Fußball-WM 2006 wird neu aufgerollt. Eine Frage bleibt außen vor: Welchem Zweck diente das Geld? Alles Wichtige zum Verfahren.

Inhaltsverzeichnis

Im Sommermärchen-Prozess müssen sich drei ehemalige Spitzenfunktionäre des Deutschen Fußball-Bundes ab diesem Montag (10.00 Uhr) vor dem Landgericht Frankfurt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verantworten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu dem Prozess.

Wer sind die Beschuldigten beim DFB?

Angeklagt sind die ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger (2004 bis 2012) und Wolfgang Niersbach (2012 bis 2015) sowie der frühere Generalsekretär Horst R. Schmidt. Das Trio gehörte wie der unlängst gestorbene Franz Beckenbauer zum Organisationskomitee der Fußball-WM 2006 in Deutschland. 

Wie lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft?

In einer Mitteilung des Landgerichts heißt es: "Die Angeklagten sollen im Rahmen ihrer damaligen Verantwortlichkeiten die Einreichung inhaltlich unrichtiger Steuererklärungen veranlasst und hierdurch Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuern sowie Solidaritätszuschlag für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB verkürzt haben. Dabei soll eine im Frühjahr 2005 geleistete Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro im Jahresabschluss des DFB als Betriebsausgabe für eine WM-Gala geltend gemacht worden sein, obwohl ihr tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde gelegen und die Zahlung daher nicht steuermindernd habe verbucht werden dürfen."

Der "andere Zweck" liegt bis heute im Dunklen. Was man weiß: WM-Cheforganisator Franz Beckenbauer lieh sich das Geld vom früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Das Geld landete am Ende auf dem Konto von Fifa-Funktionär Mohamed bin Hammam. Zweieinhalb Jahre später wird das Darlehen vom DFB via Fifa an Louis-Dreyfus zurückgezahlt.

Was sagen die Angeklagten?

Niersbach, Zwanziger und Schmidt haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen. So sagte Zwanziger vor dem Prozess-Auftakt: "Ich freue mich, dass in einer öffentlichen Hauptverhandlung dieser Fall für jedermann sichtbar aufgeklärt wird. Dann kommt endlich die Wahrheit auf den Tisch, und die muss ich nicht fürchten." Niersbachs Anwälte teilten mit: "Die Hauptverhandlung wird ergeben, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in der Sache unzutreffend sowie rechtlich haltlos sind. Am Ende dieses mehr als acht Jahre andauernden Strafverfahrens kann daher nur ein Freispruch unseres Mandanten stehen."

Was weiß Uli Hoeneß? 

Interessanterweise hat sich Uli Hoeneß zweimal zu dem 6,7-Millionen-Euro-Darlehen in Andeutungen geäußert, wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt. Im September 2020 sagte Hoeneß in der Fußball-Talkshow "Doppelpass": "Ich weiß sehr sicher, dass das Geld nicht zum Stimmenkauf verwendet wurde." Und weiter auf Nachfrage: "Ich glaube, ich bin der falsche Mann, Ihnen das zu erklären."

Ein Jahr später äußerte er ähnliches im Podcast "11 Leben" von Max-Jacob Ost: "Ich bin bis zu seinem Tod sehr eng mit Robert Louis-Dreyfus befreundet gewesen, und ich weiß ziemlich genau, was damals los war, und es war keine Bestechlichkeit!" 

Dreyfus hatte 2001 den Einstieg von Adidas mit zehn Prozent bei der FC Bayern AG verhandelt. Aus dieser Zeit stammt der Kredit an Beckenbauer. Später lieh Dreyfus Hoeneß das Geld, mit dem der an der Börse spekulierte. Weil Hoeneß die Gewinne nicht versteuerte, landete er später im Gefängnis.

Welche Rolle spielen Hoeneß' Aussagen?

Bislang keine. Offenbar interressiert sich die Staatsanwaltschaft nicht für die Angaben von Uli Hoeneß, weil es im Prozess allein um die Frage geht, ob die Summe vom DFB in der Steuererklärung falsch verbucht worden ist. Eine Aufklärung der Affäre wird es wohl nicht geben, zumal die wichtigsten Zeugen wie Beckenbauer und Dreyfus mittlerweile tot sind. Es sei denn, Hoeneß plaudert sein Wissen aus.

Hat das Urteil in dem Prozess Auswirkungen auf den DFB?

Ja, denn dem Verband wurde 2017 von den Finanzbehörden im Zuge der Affäre rückwirkend die Gemeinnützigkeit für das Jahr 2006 aberkannt. Der DFB musste deshalb rund 22,5 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Eine Klage des Verbandes gegen diesen Bescheid ist beim Finanzgericht in Kassel bis zum Abschluss des Sommermärchen-Prozesses ausgesetzt – und dürfte nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn Zwanziger, Niersbach und Schmidt freigesprochen werden.

tis mit DPA

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